Wohin die Liebe führt
herrschte tiefes Schweigen im Raum. Keiner von uns wagte den andern anzusehen.
Die Stimme des Richters unterbrach das Schweigen. »Haben Sie irgendwelche Fragen betreffs der Vorschläge im Antrag der Bewährungsabteilung?«
Harris Gordon stand auf. »Es gibt - wie das Gericht ohne weiteres verstehen wird - eine ganze Anzahl von Einwänden, die ich unter normalen Umständen zu einem Bericht dieser Art vorzubringen hätte. Aber da das Gericht sie sicherlich ebenso klar erkennt wie ich, lassen wir sie fallen.«
Der Richter nickte. »Gut, lassen wir sie fallen.«
»Ich danke Euer Ehren«, sagte Gordon höflich. »Wir glauben, daß unser eigener Antrag sowohl unsere Lage wie alle Fragen darlegt, die wir hinsichtlich des Antrags der Bewährungsabtei-lung haben. Wir glauben, daß die Nachforschungen der Bewährungsabteilung in vieler Beziehung oberflächlich und voreingenommen waren. Unter manchen Umständen würde dies, so meine ich, keinen großen Unterschied machen, aber das Gericht muß anerkennen, daß die Möglichkeiten der Familie, in richtiger Weise für das Wohl des Kindes zu sorgen, durchaus vorhanden sind, sowohl in gegenständlicher wie in finanzieller Beziehung -vielleicht besser für das Wohl des Kindes zu sorgen, als der Staat dazu in der Lage sein dürfte.«
»Das Gericht hat Ihren Antrag gelesen, Mister Gordon. Wir sind bereit, ihn nunmehr in Erwägung zu ziehen. Würden Sie bitte fortfahren?«
Gordon nickte. Er blieb stehen. »Darf ich Euer Ehren darauf hinweisen - es dürfte bei diesem Antrag dienlich sein -, daß die Antragstellerin in diesem Fall Mrs. Marguerite Cecilia Hayden ist, die Großmutter des Kindes mütterlicherseits.«
»Das Gericht hat es zur Kenntnis genommen.«
»Ich danke Euer Ehren. Ohne damit eine Ansicht über das Kind irgendwie vorwegnehmen zu wollen, möchte ich sagen, daß die Antragstellerin viele der in diesem Fall eine Rolle spielenden Faktoren, von denen im Antrag der Bewährungsbehörde die Rede ist, durchaus anerkennt. Dennoch behauptet die Antragstellerin, daß die genannte Behörde infolge ihrer nun einmal begrenzten Möglichkeiten ’ und der Staat wegen der vielen Lasten, die er ohnehin zu tragen hat, dem Kind nicht die Fürsorge angedeihen lassen können, die zu seiner völligen Wiederherstellung so notwendig ist. Die Antragstellerin jedoch ist dazu durchaus in der Lage. Im Gegensatz zu den etwas unklaren Verallgemeinerungen über Aufsicht und Behandlung im Antrag der Bewährungsabteilung haben wir einen sorgfältig im Detail ausgearbeiteten Plan für die Fürsorge und Behandlung des Kindes erstellt und sind bereit, ihn dem Gericht zu unterbreiten.
Wir haben bereits mit der Abingdonschule für Mädchen verabredet, daß das Kind sofort dort aufgenommen wird. Ich brauche den guten Ruf, den die Abingdonschule genießt, nicht zu betonen. Ich bin überzeugt, er ist dem Gericht wohlbekannt. Die Schule verzeichnet die besten Erfolge mit den sogenannten schwierigen Kindern, bessere als jede andere Schule in diesem Land. Man sagt, einer der Gründe für diesen Erfolg sei es gerade, daß die Kinder nicht ganz von jedem Kontakt mit einem normalen häuslichen Leben abgeschnitten sind. Jedes Kind wird in einer völlig normalen Umgebung erzogen und kehrt wie in einer normalen Schule jeden Abend nach Hause zurück.
Ich habe Herrn Dr. Isidor Weidman gebeten, bei dieser Verhandlung anwesend zu sein. Dr. Weidman ist ein bekannter Kinderpsychiater und arbeitet eng mit der Abingdonschule zusammen. Er würde die psychologische und psychiatrische Betreuung des Kindes selbst übernehmen. Er hat sich zur Verfügung gestellt, falls irgendwelche Fragen hinsichtlich seiner speziellen Pläne für dieses Kind gestellt werden sollten.« Gordon sah den Richter fragend an.
»Dr. Weidman ist dem Gericht bekannt«, sagte der Richter. »Es hegt große Achtung vor seinen Fähigkeiten und seinen Ansichten. Jedoch im Augenblick liegt kein Grund vor, Dr. Weid-man zu befragen.«
Gordon nickte. »Mrs. Hayden hat ferner Vorsorge getroffen, daß sich ihre Enkelin der Gemeinde der St.-Thomas-Kirche anschließt zur Unterweisung in der Führung eines echten Christenlebens. Der Pfarrer, Reverend J. J. Williston von der St-Thomas-Kirche, der leider zu dieser Verhandlung heute morgen nicht kommen konnte, ist gern bereit, falls von ihm eine Auskunft gewünscht wird, etwas später am Tage, wann es dem Gericht beliebt, hier zu erscheinen.«
»Das Gericht nimmt es zur Kenntnis, Mister Gordon.«
»Mrs. Hayden
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