Wohin die Liebe führt
gesuchteste Architekt in der ganzen Stadt. Jeder, der an der Küste etwas darstellte, wollte sein Haus von mir umbauen lassen. Ich hätte Aufträge haben können wie Sand am Meer.
Ein Augenblickserfolg. Ich glaube, ich hätte damit zufrieden sein sollen, aber ich wurde gereizt. Wahrscheinlich ließ ich’s mir anmerken, denn als ich zum erstenmal eine Klientin abwies, kam George Hayden selbst in mein Büro.
»Nun, wie läuft die Sache, Luke?«
»Okay, George«, sagte ich, erstaunt aufsehend. George war ein großer Mann, schwer gebaut, mit frischem Gesicht, sehr solide und zuverlässig. Es war das erstemal, daß er selbst kam, statt mich zu sich zu rufen. Ich drehte das Licht über meinem Zeichenbrett aus und fragte:
»Bitte, was kann ich für dich tun?«
»Ich wollte gern einiges mit dir besprechen.«
»Gern.« Ich deutete auf einen Sessel.
Er setzte sich. »Ich habe gerade den Monatsbericht durchgelesen«, sagte er. »Ich habe das Gefühl, daß du überlastet bist.«
»Das schadet nichts«, sagte ich leichthin. »Eine angenehme Abwechslung vom Nichtstun.«
Er nickte. »Ich glaube, es ist Zeit, daß wir dir eine Abteilung geben. Du verstehst - ein paar Jungens, die die vorbereitenden Arbeiten zu erledigen haben, so daß du die Möglichkeit hast, die wesentlichen Dinge im Auge zu behalten.«
Das war eine Sprache, die ich verstand. So sprach man in der Army auch. Ich spielte den Unwissenden. »Was für wesentliche, George? Ich mache eigentlich doch nur kleinen Kram.«
»Aber gerade bei den Sachen, die du machst, ist die Verdienstspanne besonders hoch. Viel mehr als bei den großen Sachen. Deshalb bin ich sehr dagegen, einen Auftrag abzulehnen, bloß weil du zu beschäftigt bist. Wenn sich jemand zum Bauen entschlossen hat und der eine Architekt lehnt es ab, so findet er eben einen anderen, der es annimmt.«
»Du meinst Mrs. Robinson, die grade gegangen ist?«
»Ich meine nicht nur Mrs. Robinson. Es gibt auch andere. Sie kommen deiner Ideen wegen zu dir. Wer den Plan tatsächlich zeichnet, ist ihnen gleichgültig.«
»Komm, George, wir wollen uns doch nichts vormachen! Sie kommen nämlich nicht wegen meiner Ideen. Die meisten dieser Idioten wissen überhaupt nicht, was eine architektonische Idee ist, und wenn sie ihnen ins Gesicht springt! Sie kommen zu mir, weil ich plötzlich Mode geworden bin.«
»Nun und, Luke?« Er sah mich listig an. »Die Hauptsache ist, daß sie auch weiterhin kommen.«
»Und wie lange wird das dauern? Was meinst du? Nur bis sie gemerkt haben, daß ihre Häuser nicht in den Zeitschriften erscheinen, wie es bei meinem gewesen ist. Dann werden sie hinter jemand anderem herlaufen, George.«
»So muß es aber nicht sein. Wir können die Dinge im Fluß halten. Dazu haben wir unseren Public-Relations-Mann.«
»Hör auf, George«, sagte ich angewidert. »Wir wissen doch beide, daß es Noras Haus ist.«
Er blickte einen Augenblick schweigend auf seine Hände, weiße, weiche, gutmanikürte Hände. Dann sah er mich fest an. »Du und ich, wir wissen beide ebenfalls, daß ich als Architekt nicht halb das Format habe, das Frank Canadiers hatte. Aber es ist mir gelungen, die Firma auf ihrer Höhe zu halten und unsern guten Ruf zu bewahren.«
»Aber das Robinsonhaus liegt mir nicht. Ich habe mir alles genau angesehen. Das Grundstück auch. Es ist nichts Besonderes. Ganz egal, was man damit anfängt, es bleibt bloß ein Durchschnittshaus.«
»Es ist kein Durchschnittshaus. Sie wollen gern ein paar hunderttausend daranwenden. Das heißt, mindestens zehntausend an Honoraren und Kommissionen für etwas, das kaum ein paar Wochen Arbeit kostet.«
»Aber es ist kein Haus, an dem ich bauen möchte«, sagte ich eigensinnig.
»Und genau deshalb möchte ich dir eine Abteilung geben. Dann bist du in der Lage, dich auf das zu konzentrieren, was du gern tun möchtest. Und trotzdem wird der Klient glücklich und zufrieden sein, wenn er nur weiß, daß du dabei bist.«
Ich griff nach einer Zigarette. Seine Idee hatte manches für sich. Vielleicht könnte es gehen. Denn es gab etwas, das ich gern versucht hätte. Etwas, das mehr auf meiner Linie lag. »Was möchtest du also?« fragte ich. »Was soll ich tun?«
»Zuerst einmal sollst du Mrs. Robinson anrufen und sie wissen lassen, daß du in deinem Terminplan doch noch eine Lücke gefunden hast und für sie arbeiten kannst.« Er stand auf, denn er hatte erreicht, was er wollte. »Und dann verabrede mit meiner Sekretärin, wann du und ich uns zum Lunch
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