Wohin die Liebe führt
Miss Hayden.«
Nora sah Gordon an. »Ich weiß nicht.« Sie zögerte. »Ich bin nicht sehr entzückt von der Idee, meine Angelegenheiten mit den Dienstboten zu besprechen. Mir scheint, sie haben bereits Grund genug zum Klatschen. Und von ihnen können Sie auch nicht viel erfahren.« »Es ist meine Aufgabe, soviel wie möglich über Ihre Tochter zu erfahren, Miss Hayden. Sie können meiner vollsten Diskretion versichert sein.«
Nora sah wieder fragend auf Gordon. Er nickte. Sie wandte sich zu der Bewährungshelferin: »Könnten Sie nicht morgen vormittag kommen?«
»Nachmittag wäre besser. Am Vormittag habe ich eine Rücksprache in Miss Randolphs Schule.«
»Also gut, Mittwoch nachmittag«, sagte Nora mürrisch. »Um zwei Uhr.«
»Zwei Uhr - das paßt gut.« Miss Spicer sah Noras Mutter an. »Wäre Ihnen Mittwoch recht?«
Die alte Dame nickte.
»Ist morgens neun Uhr zu früh?«
»Ich bin eine Frühaufsteherin«, antwortete Mrs. Hayden.
Miss Spicer wandte sich zu mir. »Und wann würde es Ihnen passen, Colonel?« - »Jederzeit. Sie brauchen nur zu bestimmen.«
»Ich kenne Ihre Pläne nicht, Colonel Carey«, sagte sie. »Ihre Frau erwartet ein Kind. Ich wußte nicht, ob Sie nach Chicago zurückkehren und erst wieder zur Verhandlung herkommen wollten. Ich kann mich ganz danach richten, wie es Ihnen am besten paßt.«
Ich hatte absichtlich gewartet, bis die Verhandlung vorüber war, in der Hoffnung, mein Bleiben würde sich als unnötig erweisen. Aber es hatte keinen Sinn, noch länger zu warten. Ich wußte nun, daß ich hierzubleiben hatte. Ich mußte nachmittags Elizabeth anrufen und ihr sagen, daß ich nicht wie verabredet zurückkommen könne.
»Ich werde hier sein, Miss Spicer«, sagte ich. »Sie brauchen mir nur. die Zeit zu nennen.«
»Ich danke Ihnen, Colonel Carey. Freitag nachmittag um vier Uhr in Ihrem Motel?«
»Gut.«
»Dann können wir jetzt gehen?« fragte Nora.
»Nur noch eins, Miss Hayden.«
»Ja?«
»Der Richter hat mich beauftragt, Ihre Erlaubnis einzuholen: Wir brauchen Einsicht in die Akten des Scheidungsprozesses zwischen Ihnen und Colonel Carey.«
Nora explodierte. »Das ist einfach lächerlich!« rief sie. »Ich sehe keinen Grund zu dieser Herumschnüffelei in meiner Vergangenheit. Ich bitte Sie - Dani war noch ein Baby, als die Scheidung erfolgte!«
»Das Gericht ist berechtigt, sich jede Information zu beschaffen, die für das Wohl Ihrer Tochter von Wichtigkeit ist. Ich glaube, Sie sollten uns Ihre Zustimmung geben. Sie müssen wissen, daß wir die Einsicht unter Strafandrohung erzwingen können. Wäre es nicht einfacher, wenn Sie uns helfen?«
»Drohen Sie mir, meine Tochter so lange zu behalten, bis Sie diese Akten bekommen?« fragte Nora schneidend.
Miss Spicer war nicht im mindesten eingeschüchtert. Sie sah Nora ruhig an. »Ich drohe überhaupt nicht, Miss Hayden«, sagte sie gelassen. »Ich erinnere Sie nur an die Macht des Gerichts. Wenn Ihnen das Wohl Ihrer Tochter auch nur im mindesten am Herzen liegt, werden Sie alles tun, um mitzuhelfen. Drücke ich mich korrekt aus, Mister Gordon?«
»Jawohl, Miss Spicer.« Gordon wandte sich zu Nora. »Dani ist zeitweiliges Mündel des Gerichts. Das bedeutet, das Jugendgericht hat absolute Macht über sie. Ich würde Ihnen raten, Ihre Einwilligung zu geben.«
»Ich dachte, Sie wären mein Anwalt«, sagte Nora zornig. »Aber Sie haben bisher nichts anderes getan, als dem Richter zugestimmt. Und nun geben Sie dieser. dieser Frau recht! Muß ich hier stehen und mich derartig demütigen lassen? Müssen wir in diesem idiotischen Gericht bleiben? Was verstehen die hier davon, wie man mit Menschen unseresgleichen umgeht, nachdem sie nur an die Sorte gewöhnt sind, die sie sonst hier haben? Können wir nicht an eine höhere Instanz appellieren oder dergleichen?«
»Dani ist minderjährig. Es gibt nur ein einziges Gericht, vor dem sie nach dem Gesetz erscheinen darf - dieses Jugendgericht hier.«
Nora sah ihn an, ihre Augen blitzten vor Zorn. »Wenn es so ist, wozu, zum Teufel, brauchen wir Sie dann?«
»Ich habe mich Ihnen nicht angeboten, Miss Hayden«, sagte Gordon ruhig. »Sie haben mich gerufen. Ich werde Ihre Vertretung jederzeit niederlegen, wenn Sie es wünschen.«
Nora sah ihn einen Augenblick an, dann wandte sie sich ab. »Ach, zum Teufel mit alledem! Tun Sie, was Sie wollen. Ich schere mich einen Dreck darum!«
Sie stürmte hinaus und knallte die Tür hinter sich zu.
Gordon wandte sich an die Bewährungshelferin.
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