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Wohin die Liebe führt

Titel: Wohin die Liebe führt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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uns bitte die Gründe darlegen, warum Sie das Gericht ersuchen, diese Jugendliche in Gewahrsam zu behalten?«
    Die Bewährungshelferin erhob sich. Sie sprach mit ruhiger, klarer Stimme. »Wir haben zwei Gründe für unseren Antrag, Euer Ehren. Der erste: Die Art der Handlung, die das Kind begangen hat, deutet auf eine emotionale Störung hin, die viel tiefer liegt, als dies eine vorläufige psychologische und psychiatrische Untersuchung aufdecken konnte. Im Interesse des Wohlergehens und des seelischen Gleichgewichts benötigen wir eine zusätzliche Zeitspanne, um diese Untersuchungen sehr viel gründlicher vornehmen zu können. Der zweite Grund: Wir brauchen Zeit, um uns über die Umgebung und das Familienleben des Kindes zu informieren, wenn wir einen angemessenen Rat für seine zukünftige Behandlung und Betreuung geben sollen.«
    Sie setzte sich.
    Der Richter wandte sich an uns. »Haben Sie Einwendungen gegen diesen Antrag?«
    Harris Gordon erhob sich. »Nein, Euer Ehren. Wir haben das größte Vertrauen zu der Erfahrung und Urteilskraft der Bewährungsabteilung und ebenso zu deren Fähigkeit, alle Faktoren dieses Falles richtig abzuwägen und die entsprechende Entscheidung zu treffen.« Die Stimme des Richters klang ein wenig belustigt. Er wußte natürlich, daß Gordon gar nichts anderes sagen konnte und keinerlei Wahl hatte. Solche Anträge wurden immer angenommen. »Wir danken Ihnen für Ihr Vertrauen, Mister Gordon, und hoffen, uns dessen würdig zu erweisen.«
    Er sah einen Augenblick zu Boden, dann fuhr er fort: »Das Gericht hat entschieden, daß der Antrag der Bewährungsabteilung in Sachen der Jugendlichen Danielle Nora Carey angenommen wird; ferner, daß sie zum zeitweiligen Mündel dieses Gerichts erklärt wird, bis endgültige Entscheidungen getroffen werden. Ich setze den Termin für eine vollständige Verhandlung des Falles auf heute in einer Woche an. Ich erwarte, daß alle Anwesenden zu diesem Termin hier wieder erscheinen, und wünsche, daß mir dann sämtliche Beweise und die Ergebnisse der Ermittlungen, soweit sie zur Sache gehören, vorgelegt werden. Ich erwarte ebenso, daß mir alle Vorschläge für eine Vormundschaft des Kindes und sein künftiges Wohlergehen schriftlich mindestens vierundzwanzig Stunden vor der angesetzten Verhandlung unterbreitet werden.« Er schwieg und klopfte mit seinem Hammer abschließend auf sein Pult.
    Dann blickte er auf Dani, und seine Stimme war sanft und freundlich, ganz anders als bei seinen offiziellen Worten. »Das bedeutet, daß du wieder in den Jugendgewahrsam zurückkehrst, Danielle, solange dein Fall nachgeprüft wird. Sei ein gutes Mädchen und gib dir Mühe, Miss Spicer und allen dort zu helfen, dann ist es viel leichter und besser für uns alle. Verstehst du das, Danielle?«
    Dani nickte.
    Er sah die Bewährungshelferin an. »Führen Sie Danielle und ihre Eltern in mein Zimmer, ehe Sie sie wieder in den Gewahrsam bringen, Miss Spicer.«
    Sie nickte und stand auf. Auch wir erhoben uns. »Vielen Dank, Euer Ehren«, sagte Gordon.
    Der Richter nickte. Wir folgten Miss Spicer durch die Tür hinter dem Podium.
    Die Amtsräume des Richters bestanden aus zwei kleinen Zimmern, das kleinere war das seines Schreibers, das größere gehörte ihm selbst. Miss Spicer brachte uns in das größere Zimmer. Die eine Wand war mit Bücherregalen bedeckt, an den anderen hingen Fotografien und gerahmte Diplome. Ein hübscher Schreibtisch und ein paar Stühle vervollständigten die Einrichtung.
    »Bitte, nehmen Sie doch Platz«, sagte Miss Spicer taktvoll. »Ich muß auf einige Minuten in mein Büro. Ich komme bald wieder.«
    Als sich die Tür hinter ihr schloß, wandte sich Nora an Dani. »Du siehst schmal aus. Und warum trägst du nicht das hübsche Kleid, das ich dir geschickt habe? Was meinst du, was das auf den Richter für einen Eindruck macht! Er muß denken, uns liegt so wenig an dir, daß du dich nicht einmal anständig anziehen kannst! Wo hast du denn dieses scheußliche Zeug her? Ich habe es noch nie an dir gesehen.«
    Ich beobachtete Dani. Ein merkwürdig duldsamer Zug kam in ihr Gesicht. Sie wartete, bis Nora ihre Vorwürfe beendet hatte, dann sagte sie mit leicht sarkastischem Tonfall: »Ich bin hier nicht in Miss Randolphs Schule, Mutter. Ich muß tragen, was alle Mädchen tragen. Wir bekommen diese Kleider dort.«
    Nora sah sie groß an. »Ich bin überzeugt, wenn du darum gebeten hättest, dürftest du deine eigenen Kleider tragen! Denn wahrscheinlich geben

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