Wohin die Liebe führt
»Hallo, Mister Gor-don.«
»Hallo, Dani.«
Der Richter räusperte sich. »Es handelt sich hier um eine ganz unformelle Verhandlung. Nur damit ich weiß, wer Sie sind, nennen Sie mir bitte Ihre Namen.«
»Darf ich es tun, Euer Ehren?« fragte Gordon.
Der Richter nickte. »Ja, bitte, Mister Gordon.«
»links von mir Nora Hayden, die Mutter des Mädchens. Rechts von mir Frau Cecilia Hayden, die Großmutter mütterlicherseits. Neben ihr Colonel Luke Carey, der Vater Danielles.«
»Und Sie treten als Anwalt des Kindes auf?«
»Ja, Euer Ehren«, sagte Gordon, »und zugleich als Rechtsberater der Familie.«
»Gut. Ich nehme an, Sie sind alle bereits mit Miss Marian Spicer bekannt - sie ist die Bewährungshelferin, der dieser Fall zugeteilt ist.«
»Jawohl, Euer Ehren.«
»Dann können wir, glaube ich, anfangen.« Er nahm wieder das Papier zur Hand. »Am letzten Freitagabend nahm die Polizei entsprechend Paragraph 602 des Kalifornischen Jugendgerichtsgesetzes die Jugendliche Danielle Cecilia Carey in Gewahrsam und übergab sie der Bewährungshelferin in Verwahrungshaft. Grund dazu war die Tatsache, daß besagte Jugendliche einen Rechtsbruch im Staat Kalifornien begangen hat, einen Totschlag. Seitdem befindet sich die Jugendliche - mit Ausnahme
der ersten Nacht, in der sie der Obhut des Anwalts Harris Gordon übergeben wurde, weil der Arzt dies im Interesse der Gesundheit und des Wohlergehens der Jugendlichen für nötig hielt
- im Jugendgewahrsam in Haft, wie dies dem Gesetz entspricht.
Wir sind hier, um einen Antrag zu behandeln, den uns die Bewährungsabteilung unterbreitet hat; die Bewährungsbehörde wünscht die Jugendliche in Gewahrsam zu behalten, bis sie alle Umstände richtig überprüft hat, die dazu geführt haben, daß die Jugendliche vor Gericht gestellt werden mußte.«
Der Richter legte das Papier nieder und sah Dani an. Seine Stimme war sanft und freundlich. »Obwohl das alles sehr juristisch klingt, Danielle, ist dies keine Schwurgerichtsverhandlung, und du hast kein Strafverfahren gegen dich zu gewärtigen. Du bist hier, weil du ein Unrecht, ein sehr großes Unrecht begangen hast, aber wir sind nicht hier, um dich zu bestrafen. Wir wollen dir helfen, so gut wir können, daß du niemals mehr etwas Schlechtes tust. Verstehst du das, Danielle?«
Danis Augen in dem weißen Gesicht waren groß und angstvoll. »Ich glaube, ja«, sagte sie zögernd.
»Das freut mich, Danielle. Es ist wichtig für dich, daß du folgendes begreifst: Wenn du auch nicht als Verbrecherin bestraft wirst für das, was du getan hast, so kannst du doch gewissen Konsequenzen nicht entgehen, die sich aus deinem Unrecht ergeben. Ich bin gesetzlich verpflichtet, dich über diese möglichen Konsequenzen zu unterrichten und dir zu sagen, welche Rechte du vor diesem Gericht hier hast. Kannst du mir folgen?«
»Ja, Sir.«
»Das Gericht kann dich von deiner Familie trennen und dich in einem staatlichen Jugendheim oder einem Erziehungsheim unterbringen, bis du großjährig bist. Oder dich in eine Klinik zur Beobachtung schicken. Es kann dich auch zu Pflegeeltern geben, wenn es nach dem Ermessen des Gerichts für dich nachteilig wäre, dich zu deinen nächsten Angehörigen oder einem an-deren Verwandten zurückzuschicken. Es kann dich jederzeit, solange du unter der Gerichtsbarkeit des Jugendgerichts stehst, unter Bewährungsaufsicht nehmen, so daß du, gleichviel, bei wem du lebst, in Verbindung mit deiner dir zugeteilten Bewährungshelferin stehen mußt, bis dich das Gericht davon befreit oder du großjährig bist. Aber ich möchte, daß du das eine nicht vergißt: Was dieses Gericht auch entscheidet, soll keinerlei Strafe sein, sondern nur eine Maßnahme in deinem eigensten Interesse. Verstehst du das, Danielle?« Dani nickte. Sie blickte vor sich hin auf die Tischplatte. Ich sah, wie ihre Hände nervös zuckten.
»Während der Verhandlung vor diesem Gericht«, fuhr der Richter fort, »hast du natürlich volles Anrecht auf einen Rechtsberater. Du hast das Recht, Zeugen für dich zu benennen, und das Recht, jeden Zeugen ins Kreuzverhör nehmen zu lassen, den du für voreingenommen und gegen deine Interessen eingestellt hältst. Verstehst du das, Danielle?«
»Ja, Sir.«
»Ich bin ferner verpflichtet, dir zu sagen, daß deine Eltern das gleiche Recht auf einen Anwalt, auf Zeugen und Kreuzverhör haben.«
Er machte eine kurze Pause.
»Und jetzt wollen wir den Antrag der Bewährungsbehörde besprechen. Miss Spicer, wollen Sie
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