Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wohin du auch fliehst - Thriller

Wohin du auch fliehst - Thriller

Titel: Wohin du auch fliehst - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haynes Elizabeth
Vom Netzwerk:
ich brauchte. »Wenn du mit ihm sprichst – und ich weiß, dass er im Moment nicht da ist –, sag ihm, dass ich keine Angst mehr vor ihm habe.«
    Ich legte auf. Wieder einmal war ich verraten worden.
    Mittwoch, 9. April 2008
    In letzter Zeit tat es gut, übertrieben früh aufzuwachen. Ich wachte gern in der Morgendämmerung auf, betrachtete den rot gefärbten Himmel, der voller Versprechungen hing, und hörte den Vögeln zu, die sich die Seele aus dem Leib zwitscherten.
    Stuart schlief in seinem Bett, in seiner Wohnung, neben mir.
    Er sah so gut aus. Sein Gesicht wirkte friedlich, die Haut war blass im frühen Morgenlicht und seine wunderschönen Augen waren geschlossen. Ich fragte mich, was er wohl gesagt hätte, wenn ich ihn weckte, nur damit er die Augen öffnete und mich ansah. Seine Hand lag dort, wo ich gerade noch gelegen hatte. Diese kräftige Hand mit den geschmeidigen, feinfühligen Fingern, die genau wussten, wie sie mich erregen konnten.
    Gestern Abend war er in seine Wohnung gekommen, hatte sich gewundert, dass ich schon da war, und meine Hand genommen und mich ins Schlafzimmer geführt, bevor ich irgendetwas sagen oder tun konnte. Er hatte mich ausgezogen und mir jedes Mal den Mund mit einem Kuss verschlossen, wenn ich etwas sagen wollte. Dabei war mir klar geworden, wie sehr ich mich nach ihm gesehnt hatte.
    Danach hatten wir uns gemeinsam in die Daunendecke gekuschelt, hatten den lauen Wind, der durch das offene Fenster hereindrang, auf unserer Haut gespürt und Gänsehaut bekommen.
    »Was ist dir heute zugestoßen?«, hatte er einfach nur gefragt.
    Ich fragte mich, woher er das wusste.
    Zuerst antwortete ich nicht und überlegte, wie ich es ihm sagen sollte, damit er mir glaubte.
    »Ich habe dir doch das mit Sylvia erzählt, weißt du noch?«
    »Die, die du im Bus gesehen hast? Ich kann mich daran erinnern.«
    Ich stand auf und zog mir Stuarts Hemd über, das im Flur vor der Schlafzimmertür auf dem Boden lag. Es roch nach ihm, nach seiner Arbeit, seinem Aftershave und seinem Schweiß. Ich holte eine Flasche Weißwein aus dem Kühlschrank. Zum Glück hatte sie einen Schraubverschluss – ich wusste nicht, wo ich einen Korkenzieher hätte finden können. Im Schlafzimmer zog ich das Schiebefenster herunter. Es war kühl geworden.
    Er saß aufrecht und mit müden Augen im Bett. Als er die Flasche sah, lächelte er. »Du warst Abstinenzlerin, bis du mir begegnet bist«, sagte er.
    »Ich weiß, ist das nicht ein toller Fortschritt?«
    Wir tranken abwechselnd aus der Flasche. Der Wein war eiskalt.
    Er hatte mit schier unendlicher Geduld gewartet, bis ich die richtigen Worte fand, obwohl er viele Stunden Arbeit hinter sich hatte und nur noch schlafen wollte.
    »Sie hat bei der Polizei ausgesagt. Sie hat gesagt, ich stünde kurz davor, den Verstand zu verlieren. Ich sei von Lee besessen und verdächtige ihn, Affären mit anderen Frauen zu haben. Sie hat der Polizei erzählt, ich sei immer wieder ausgerastet, wenn er spät von der Arbeit kam. Sie hat ausgesagt, dass ich mich mit Rasierklingen selbst verletze.«
    Er hatte mich angesehen und gewartet.
    »Ich habe mich nie selbst verletzt. Auch wenn ich mich nach allem, was passiert war, hasste. So etwas habe ich nie getan. Weder vorher noch nachher. Das wäre wie eine Niederlage gewesen. So als hätte ich aufgegeben.«
    »Ich verstehe nicht ganz. Warum hätte sie so etwas tun sollen?« Er nahm einen tiefen Schluck aus der Flasche und gab sie dann mir.
    Ich spürte, wie mir vom Alkohol warm wurde.
    Stuart nahm mir die Flasche aus der Hand und stellte sie vorsichtig auf das Nachtkästchen. »Du hast mir nie erzählt, wie es für dich war, vor Gericht zu ziehen«, sagte er.
    »Nein. Es war in vielerlei Hinsicht schlimmer als der eigentliche Übergriff.«
    »Das dachte ich mir.«
    »Es gelang mir nicht, dem ganzen Prozess beizuwohnen. Am dritten Tag habe ich es nicht mehr in den Gerichtssaal geschafft; und am Tag darauf wurde ich in die geschlossene Abteilung der Psychiatrie eingewiesen. Aber nach dem, was man mir hinterher erzählt hat, wurde wohl eine interne Untersuchung eingeleitet, woraufhin man beschloss, ihn wegen schwerer Körperverletzung anzuklagen. Und wegen Meineids, weil man ihm nachweisen konnte, dass er beim ersten Verhör gelogen hatte.«
    »Er hat doch versucht dich umzubringen? Warum hat man ihn nicht wegen versuchten Mordes angeklagt?«
    »Lee war Polizeibeamter. Er hatte vier Jahre lang verdeckt ermittelt. Davor war er beim Informationsdienst

Weitere Kostenlose Bücher