Wolf Shadow 01 - Wilks, E: Wolf Shadow 01
tatsächlich bei ihr und bei ihm verändert hatte.
Und es hatte sich einiges verändert. „Hallo!“, rief Lily ihm zu und lief in seine Arme.
Er umarmte sie vorsichtig, ohne ihre Schulter zu berühren. „Bist du so weit?“
Sie nickte.
Zeremonien waren bei den Lupi in der Regel weniger formell als die meisten menschlichen Rituale. Die Leute begrüßten und beglückwünschten Rule – manche von ihnen auch Lily –, als sie Hand in Hand in die Platzmitte gingen, wo der Rho auf einem großen, flachen Stein saß.
Normalerweise hätte er bei der Zeremonie gestanden, hatte man ihr erklärt. Dazu ging es ihm jedoch noch nicht gut genug. Er hatte aber darauf bestanden, die Feier trotzdem abzuhalten. Lily hatte noch nicht begriffen, warum, aber für die Lupi war eine Auserwählte – jede Auserwählte – ein Geschenk und ein Grund für ein großes Fest. Es hatte offenbar mit ihrer religiösen Überzeugung zu tun.
Doch wo auch immer die Verehrung für Auserwählte herrührte, sie war auf jeden Fall tief im Inneren eines jeden Lupus verwurzelt. So tief, dass sogar Mick einen Augenblick lang aus seinem durch Helen bewirkten Zustand herausgerissen worden war und ihnen zu der Chance verholfen hatte, die sie so dringend gebraucht hatten.
In der Mitte des Platzes wartete noch jemand. Ein schlanker Mann mit zimtfarbenem Haar und einem unfassbar vollkommenen Gesicht – von dem jedoch ein Teil hinter einer dunklen Brille verborgen war. Cullens Augen waren noch nicht vollständig nachgewachsen. Er war splitternackt.
Lily war nicht die Einzige, die sich an diesem Tag den Nokolai anschloss.
Als sie noch im Krankenhaus gewesen war, hatte der Rho Cullen zu sich gerufen. Niemand wusste genau, was die beiden miteinander besprochen hatten, obwohl Cullen Lily einen kleinen Teil davon anvertraut hatte. Nicht einmal Benedict war bei diesem Treffen dabei gewesen. Doch Cullen war benommen und wie im Taumel wieder herausgekommen – und hatte das Angebot des Rho angenommen. Der Clanlose würde fortan kein Außenseiter mehr sein.
Rule und Lily blieben ein Stück hinter Cullen stehen, damit er allein vor den Rho treten konnte. „Cullen Seabourne“, sagte Isen mit seiner tiefen, sonoren Stimme. „Du bist aufgerufen, dich durch Blut, Erde und Feuer an die Nokolai zu binden. Wie lautet deine Antwort?“
Cullen kniete anmutig vor dem Rho nieder und senkte den Kopf. „Ich unterwerfe mich und gehe die Verbindung durch Blut, Erde und Feuer ein.“
„Hebe deinen Kopf und deinen Arm.“
Cullen tat, wie ihm geheißen, und streckte den rechten Arm vor.
Der Rho hob ebenfalls den Arm. Dann zog er mit der anderen Hand ein Messer aus der Tasche – und schnitt Cullen in den Arm. Blut quoll aus der Wunde hervor und tropfte auf den Boden.
Als Nächstes schnitt der Rho sich selbst in den Arm, hielt ihn über die kleine Lache, die Cullens Blut auf dem Boden gebildet hatte, und ließ sein Blut dazutropfen. „Unser Blut ist vereint“, verkündete er. „Nun besiegeln wir die Verbindung mit Feuer.“
Eine Frau, die Lily noch nicht kannte, trat vor. Sie hatte kurzes weißes Haar und eine Brille mit Goldrand, trug ein weites grünes Kleid und hatte einen Zauberstab in der Hand.
Sie blieb einen Meter vor den beiden Männern stehen, schwang den Stab, und schon sprang Feuer von seiner Spitze auf Cullens Schnittwunde über, dann auf die des Rho. Keiner von beiden zuckte auch nur mit der Wimper.
Lily erschauderte unwillkürlich. Das tat bestimmt weh! Rule …
Pssst! Keine Sorge! Das wird von dir nicht verlangt.
Okay. Gut.
„Gebunden durch Blut, Erde und Feuer“, gab der Rho mit dröhnender Stimme bekannt, „bist du nun ein Nokolai!“
Es gab ein paar Hurrarufe, und einige riefen dem neuen Clanmitglied ein herzliches „Willkommen!“ zu. Cullen erhob sich und trat zurück. Als ihm jemand eine abgeschnittene Jeans zuwarf, grinste er und drehte sich zu Rule um.
Rule erwiderte sein Grinsen und machte das Daumen-hoch-Zeichen.
Dann waren sie an der Reihe. Lily ging mit Rule auf seinen Vater zu und kniete sich vor ihn hin – weitaus weniger anmutig als Cullen, befürchtete sie. Rule sank neben ihr auf die Knie.
„Den Nokolai wurde eine Auserwählte beschert“, sagte der Rho, dessen Stimme nun noch tiefer klang, beinahe wie fernes Donnergrollen. „Die Dame hat uns gesegnet. Und wenn wir ihren Ruf hören, folgen wir ihr dann?“
„Ja!“, ertönte es aus über hundert Kehlen.
„Aber die Auserwählte ist nicht nur auserwählt, sie darf auch
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