Wolf Shadow 01 - Wilks, E: Wolf Shadow 01
Gemeinschaft, die keine Außenstehenden auf ihr Gelände ließ. Nach der Entscheidung des Obersten Bundesgerichts hatte sich der Clan zwar geoutet, war Fremden gegenüber aber immer noch sehr abweisend – und das Clangut lag eben außerhalb der Stadtgrenzen. Ohne Durchsuchungsbefehl hatte ein städtischer Cop so gut wie keine Chance, auch nur einen Fuß in ihr Revier zu setzen.
„Dann sprechen wir beim Abendessen darüber.“
„Einverstanden. Aber ich arbeite lange. Ist halb neun okay?“
„Dum alius hora, delicia.“
„Was soll das denn heißen?“
Er kicherte. „Warum so misstrauisch? Halb neun passt mir gut.“
„Im Bishop’s“, rief sie ihm in Erinnerung.
„Im Bishop’s. Bleiben Sie sauber!“, sagte er und beendete das Gespräch.
Bleiben Sie sauber? Lily sah stirnrunzelnd ihr Handy an. Einer ihrer Lehrer an der Polizeischule hatte jede Stunde mit diesem Satz beendet, aber aus dem Mund eines Zivilisten hatte sie ihn noch nie gehört. Es gab auch eine Krimiserie, in der er öfter fiel … Wie hieß sie noch? Vielleicht war Turner ja ein Fan davon.
Bei der Vorstellung, dass ein Lupusprinz begeistert eine Krimiserie im Fernsehen verfolgte, musste sie grinsen. Das reicht!, ermahnte sie sich, als sie zu ihrem Auto ging. Sie musste sich jetzt mit einem anderen Mann beschäftigen: mit Carlos Fuentes. Er war kurz nach 21:49 Uhr am Spielplatz eingetroffen. Aber was hatte er da gewollt? Mit wem hatte er sich getroffen? Und was hatte er wirklich von der Affäre seiner Frau gehalten?
Einer der Letzten, die mit Fuentes vor seinem Tod gesprochen hatten, war der Most Reverend Patrick Harlowe. Also fuhr Lily als Nächstes zur Kirche der Glaubenstreuen. Sie nahm sich vor, unterwegs eine Kleinigkeit zu sich zu nehmen.
„Was soll das heißen, er kann nicht mit mir sprechen?“
Der rundliche kleine Mann war bestürzt. „Das habe ich so nicht gesagt. Nein, nein, der Hochwürdigste wird ganz gewiss mit Ihnen reden, Detective, aber er ist gerade nicht da. Er musste zu unserem Mutterhaus in Los Angeles, aber morgen müsste er eigentlich wieder zurück sein.“ Er lächelte Lily hoffnungsvoll an.
„Morgen.“ Lily runzelte die Stirn. Wann würde Turner sie auf das Clangut mitnehmen? Ihr Gefühl sagte ihr, dass sie dort vielleicht ein paar Antworten auf ihre Fragen fand. Die ganze Sache sah für sie allmählich nach einer Lupi-gegen-Lupi-Intrige aus, auch wenn das Opfer ein Mensch war. „Um wie viel Uhr?“
„Gegen Abend, denke ich. Pater Hidalgo wird den Morgengottesdienst abhalten.“
„Sie haben zwei Pater?“
„Zwei Geistliche“, berichtigte er sie. „Wir haben Pater in unserer Kirche, Reverends, den Most Reverend und Seine Heiligkeit, der gewissermaßen unser Papst ist.“ Er strahlte Lily an. „Er ist normalerweise in England, aber zurzeit besucht er unser neues Mutterhaus. Deshalb musste der Hochwürdigste auch nach L. A.“
„Für eine neue Religionsgemeinschaft verfügen Sie schon über eine stattliche Hierarchie.“ Und waren etwa alle Geistlichen männlich? Bei einer Religion, in deren Mittelpunkt eine weibliche Gottheit stand, mutete das reichlich seltsam an.
„Nein, nein, so neu ist unsere Kirche gar nicht. Nun ja, in Amerika schon, aber die Glaubensrichtung gibt es schon lange, sehr lange. Sie nahm ihren Anfang in Ägypten, im Jahr … Oje, ich habe ein schlechtes Zahlengedächtnis. War es in der Zweiten Dynastie? Im Mittelalter wurden wir erbarmungslos verfolgt.“ Er schüttelte den Kopf. „Wir mussten im Verborgenen leben. Deshalb hat man lange nichts von uns gehört, aber unsere Riten gingen nicht verloren. Nicht vollständig. Viele kann man Tausende Jahre zurückverfolgen.“
Je bekloppter eine Sekte war, dachte Lily, desto mehr pochte sie auf ihre vermeintlich alten Wurzeln. Und um einer Glaubensrichtung zu einem gewissen Ansehen zu verhelfen, gab es nichts Besseres als eine hübsche kleine Verfolgung – vorzugsweise in grauer Vorzeit. „Sie kennen sich ja ziemlich gut aus. Vielleicht können Sie mir ein paar Fragen beantworten.“
Sein Lächeln schwand. „Ich wüsste nicht, was ich Ihnen sagen könnte. Ich kannte Carlos zwar, aber nicht besonders gut.“
„Sie haben Donnerstagabend mit ihm gesprochen.“
„Aber nur kurz“, entgegnete er widerstrebend. „Das habe ich Ihrem Kollegen schon gesagt.“
„Es gibt nur ein paar Dinge, die ich mir noch mal bestätigen lassen möchte, und ich brauche mehr Hintergrundinformationen.“ Sie schenkte ihm ein um Verständnis
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