Wolf Shadow 01 - Wilks, E: Wolf Shadow 01
bittendes Lächeln. „Sie wissen doch, wie das ist. Ich muss in der Lage sein, meinem Vorgesetzten sämtliche Fragen zu beantworten, die ihm in den Sinn kommen.“
Er nickte zögernd. „Ich denke, wir können uns ins Sekretariat zurückziehen.“
Der Raum, in dem sie standen, war offenbar das Kirchenschiff, auch wenn er immer noch wie die Schalterhalle einer Bank aussah, nur mit Sitzbänken. „Sie haben kein eigenes Büro?“
„Oh nein!“ Er schüttelte den Kopf und ging lächelnd auf die rückwärtige Tür des Raumes zu. „Ich bin nur ein Laienbruder. Ich bin Zimmermann … das war ich jedenfalls. Ich bin jetzt in Rente, wissen Sie, also helfe ich hier aus, aber ich habe kein offizielles Amt inne.“
„Haben Sie bei den Umbauarbeiten geholfen?“
„Oh ja, das habe ich.“ Er strahlte.
„Das war mal eine Bank, nicht wahr?“
„Das ist richtig.“ Er sah sich mit Besitzerstolz um. „Das Gebäude wurde 1932 gebaut, stand aber jahrelang leer. Wir sind sehr stolz auf unser Werk. Der Bau war in einem furchtbaren Zustand; wahrhaftig, in einem furchtbaren Zustand.“
„Mmm.“ Es kostete eine Menge Geld, ein altes Gebäude instand zu setzen. Dieses war zwar nicht besonders groß für eine Bank, aber trotz allem ein seltsamer Ort für eine Kirche. An Geldmangel litt die Kirche der Glaubenstreuen jedenfalls ganz offensichtlich nicht.
Wie sich herausstellte, konnte ihr der rundliche Laienbruder und pensionierte Zimmermann tatsächlich nicht viel sagen. Er bestätigte, dass Fuentes – er hatte ihn kommen sehen – Donnerstagabend in der Kirche gewesen war, jedoch nicht wegen der Chorprobe. Er hatte den Hochwürdigsten um ein vertrauliches Gespräch gebeten.
Morgen, nahm Lily sich vor, als sie ihr Auto aufschloss, würde sie mit dem Most Reverend Patrick Harlowe sprechen. Aber heute Abend … ihre Mundwinkel gingen nach oben. Heute Abend war sie mit Rule Turner zum Abendessen verabredet. Sie freute sich schon darauf, sein Gesicht zu sehen, wenn er ins Bishop’s kam.
9
Rule war noch keine zehn Sekunden in dem Lokal, da wusste er bereits, dass Lily ihm einen Streich gespielt hatte.
Das Bishop’s war eher eine Bar als ein Restaurant und hatte den Charme eines Umkleideraums. Fotos in billigen Plastikrahmen hingen an den im Stil der Siebzigerjahre verkleideten Wänden. Die hölzernen Tische und Stühle, die sich in Nischen in dem schmalen Raum aneinanderreihten, sahen aus, als hätten sie schon ein paar Kriege hinter sich und würden den nächsten auch noch überstehen. Es roch nach gebratenem Fisch, Hamburgern und Feindseligkeit.
Als Rule in den hinteren Teil des Lokals ging, verstummten die Leute und drehten sich nach ihm um. Beobachtet zu werden war nichts Neues für ihn, aber die ausdruckslosen, kalten Blicke, die ihn verfolgten, entsprachen nicht der Reaktion, die er normalerweise hervorrief.
Das Bishop’s war ein Polizistentreff.
Lily Yu saß in der vorletzten Nische auf der linken Seite. Sie trug eine hellgelbe Jacke mit einem schwarzen T-Shirt darunter und eine schwarze Hose. Unter der Jacke war, wie er wusste, ein Schulterholster verborgen. Kein Schmuck. Das Haar – schulterlang, glänzend und so schwarz wie die Innenseite seiner Augenlider in einer mondlosen Nacht – trug sie offen.
Er wäre am liebsten mit der Hand hindurchgefahren, hätte seine Nase unter dem glänzenden Vorhang an ihren Hals geschmiegt und ihren Duft aufgesaugt.
Keine Chance! Doch das hielt sein Herz nicht davon ab, heftig zu klopfen, als er sich auf den Platz ihr gegenüber setzte. Er spürte das Kribbeln in seinen Fingerspitzen, das Bedürfnis, sie zu berühren. Er lächelte verschmitzt. „Vielleicht sollte ich mich doch lieber benehmen. Hier sind zu viele Waffen.“
Das vergnügte Funkeln in ihren Augen, dieses flüchtige Zeichen von Humor, das er zuvor schon einmal bemerkt hatte, gab ihm Hoffnung. Und die konnte er auch gebrauchen!
„Woher wollen Sie das wissen?“, fragte sie.
„Waffenöl hat einen unverwechselbaren Geruch.“
Sie nickte. „Komisches Gefühl, dass Sie die ganze Zeit Informationen aufnehmen, die mir verschlossen sind. Wie empfindlich ist Ihr Geruchssinn eigentlich, wenn Sie … äh, wenn Sie so sind wie jetzt?“
„Längst nicht so ausgeprägt, als wenn ich auf vier Beinen bin. Dann hat die Luft Gewicht und Konsistenz, und die Gerüche sind beinahe greifbar für mich, als ginge ich durch einen wogenden Vorhang.“
„Das fehlt Ihnen.“
„Ja. Es ist schon eine Weile her.“
Das
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