Wolf Shadow 01 - Wilks, E: Wolf Shadow 01
sagen wollten. Lily erwiderte das Lächeln des Rho.
Er kicherte. „Ich mag Sie, Lily Yu. Nicht dass es Sie überhaupt interessiert, aber ich dachte, ich sage es Ihnen. Doch Sie haben recht: Kommen wir schnell zur Sache, bevor meine Aufpasserin zurückkehrt. Ich nehme an, was Sie loswerden wollen, hat mit Ihrem Mordfall zu tun.“
„Ich muss einen Mörder fassen, ja. Und um das zu tun, muss ich offen mit Ihren Leuten reden können. Sie werden mir aber nicht viel sagen, wenn Sie es nicht ausdrücklich erlauben.“
„Ich möchte niemanden von meinem Clan hinter Gittern sehen. Vor allem nicht meinen Thronfolger.“
Lily schüttelte den Kopf. „Ich gehe davon aus, dass Sie mich unterstützen wollen, denn wer immer für den Mord verantwortlich ist, hat versucht, ihn Ihrem Sohn anzuhängen. Dem anderen, nicht dem an der Tür.“ Diese Aussage überraschte Isen Turner. Gut. Denn sie ging ein Risiko ein, indem sie darauf spekulierte, dass das, was sie hier erfuhr, wichtig genug war, um die Herausgabe von gewissen Informationen zu rechtfertigen.
„Ist das Ihre Meinung, oder können Sie das beweisen?“
„Ich habe Beweise. Und mein Instinkt sagt mir, dass der Fall mit den Nokolai zu tun hat. Irgendjemand will Ihnen etwas: Erstens hat jemand versucht, Ihrem Prinzen die Schuld in die Schuhe zu schieben; zweitens haben Sie heute diese Zeremonie. Sie schließen ein neues Bündnis, und ich frage mich, warum. Und drittens war da der Angriff, an den Sie sich nicht erinnern. Jemand scheint Ihre Familie ernsthaft auf dem Kieker zu haben. Und ich will wissen, wer und warum.“
„Ich kann Ihnen nicht sagen, wer“, entgegnete Isen Turner bedächtig. „Aber ich weiß, warum. Die Nokolai befürworten den Gesetzentwurf zur Bürgerrechtsreform, und es gibt viele, die fast alles dafür tun würden, dass er nicht durchkommt.“
Das glaubte Lily gern, aber … „Es waren Lupi, die Sie angegriffen haben, und der Mörder von Carlos Fuentes war ebenfalls ein Lupus.“
„Es gibt nicht nur Menschen, die Angst davor haben, was passiert, wenn das Gesetz tatsächlich verabschiedet wird.“
Der Gesetzentwurf hatte im Wesentlichen zwei Aspekte, überlegte sie. Zum einen wurden Andersblütige offiziell für nichtmenschlich erklärt – was für viele Leute völlig klar war, doch es war eben noch nie in einem Gesetzestext festgehalten worden. Zum anderen wurden manchen von ihnen, zum Beispiel den Lupi, alle Bürgerrechte zugesprochen.
„Weil sie vor dem Gesetz nicht als nichtmenschlich gelten wollen?“, fragte Lily.
Er winkte mit seiner verstümmelten Hand ab. „Menschlich, nichtmenschlich – wer oder was zieht da die Trennlinie? Die Genetik? Wir können mit euch Kinder zeugen, aber wir sind euch nicht gleich. Bezeichnungen und Definitionen spielen keine Rolle. Wir wissen, was wir sind. Nein, die Kurzsichtigen unter uns haben vielmehr Angst vor den Auswirkungen eines solchen Gesetzes auf unsere Kultur, unsere Selbstbestimmung und unsere Sitten.“
„Aber wenn das Gesetz durchkommt, darf auf Lupi nicht mehr geschossen werden, wenn sie in Wolfsgestalt sind. Das ist doch ein Fortschritt. Andererseits können Lupi sich dann auch nicht mehr gegenseitig umbringen.“
„Was eine einschneidendere Veränderung für uns darstellt, als Sie sich vorstellen können. Aber es gibt nicht mehr viel Wildnis, und es wird immer schwieriger, sich in einer übervölkerten, computerisierten Welt verborgen zu halten. Wir müssen uns anpassen, wenn wir überleben wollen. Manche begreifen das nicht. Sie sehen nur, dass die Herausforderung nicht mehr so sein wird wie früher.“
Lily spürte ein Surren an ihrer Hüfte – das nichts mit Magie zu tun hatte, sondern mit ihrem Handy, das sie auf lautlos eingestellt hatte. „Die Herausforderung? Was meinen Sie damit?“, fragte sie, als sie es aus der Tasche holte. Dann sah sie die Nummer auf dem Display. „Einen Moment bitte. Diesen Anruf muss ich annehmen.“
Eine Minute später erhob sie sich mit grimmiger Miene und steckte ihr Handy weg. „Ich muss sofort wieder in die Stadt zurück. Es gab noch einen Mord.“
Rule roch seinen ältesten Bruder, bevor er ihn sehen konnte. Benedicts Geruch deutete jedoch nicht auf irgendetwas Besorgniserregendes hin, und so fuhr Rule mit dem Ritual fort, obwohl er sich fragte, was Benedict dazu veranlasst hatte, den Rho allein zu lassen. Gute Nachrichten waren es wohl nicht.
Doch diese Gedanken beschäftigten nur einen Teil von ihm. Den menschlichen Teil. Der andere
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