Wolf Shadow Bd. 2 - Magische Versuchung
Latein.
„Cynna“, fragte sie, ohne die Augen zu öffnen, „gibt es irgendeine Möglichkeit, den Dämon herbeizurufen, der Rule mitgenommen hat? Ihn zu zwingen, uns zu ihm zu führen oder ihn zurückzubringen?“
„Nein“, sagte sie unglücklich. „Dazu kenne ich seinen Namen zu wenig.“
„Okay.“ Cullen holte tief Luft. Dann atmete er heftig aus. „Dann bleibt uns wirklich keine andere Wahl.“
Das überraschte sie so, dass sie die Augen aufriss. „Keine andere? Hatten wir denn eine Wahl? Eine, von der ich nichts wusste?“
„Ich wusste davon. Wenn man so will.“ Er hielt vor ihr an. „Die Chancen sind minimal, aber uns bleibt keine andere Möglichkeit. Du sagtest, die Rhej will mit dir sprechen?“
Verblüfft nickte sie.
„Dann solltest du ihrem Ruf folgen. Geh und sprich mit der Rhej.“
28
Cullen weigerte sich, eine Erklärung abzugeben. Er wollte ihr nicht sagen, warum es sie weiterbringen würde, mit der Historikerin des Clans oder der Priesterin, oder was immer sie war, zu sprechen. Er lehnte es sogar ab, ihr den Namen der Frau zu sagen. Es war üblich, sagte er, dass die Rhej selber bestimmte, wer ihren Namen erfuhr, und in ihrer Abwesenheit spräche man ohnehin von ihr nur mit ihrem Titel.
Offensichtlich fühlte er sich nicht ganz wohl in seiner Haut, denn er marschierte weiter im Zimmer auf und ab. Aber als sie ihn fragte, warum die Aussicht, mit der Rhej zu sprechen, ihn nervös mache, hob er nur erstaunt die Augenbrauen und sagte, dass er eben ein unruhiger Typ sei. Ob sie das denn nicht gewusst hätte?
Also nahm sie eine Dusche.
Sie bewegte sich mit aller Vorsicht. Wenn sich ihre Wunde entzünden würde, wäre das fatal, also achtete sie darauf, dass der Verband nicht nass wurde. Aber sie war froh um das warme Wasser auf der Haut, die Wärme. Sie stellte sich vor – auch wenn sie wusste, es war verrückt –, sie wüsche die letzte Nacht einfach fort.
Sie benutzte Rules Shampoo. Als sie so dastand, Schaum in den Haaren und Wasser, das zu ihren Füßen plätscherte, verstand sie auf einmal, warum sie die Dusche hatte aufsuchen müssen.
Plötzlich und heftig wurde ihr Körper von Schluchzen geschüttelt. Sie lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand der Duschkabine und ließ sich daran herunterrutschen. Sie saß auf den harten Fliesen, den Kopf im Nacken, die Hände locker zwischen den Knien, während der Schaum auf ihre Schultern tropfte. Und weinte.
Niemand, nicht einmal Cullen, würde sie hören können. Auch sie selbst hörte ihr eigenes Schluchzen nicht. Hier durfte sie sich fallen lassen, zulassen, dass die gewaltige, fürchterliche Welle von Schmerz und Hilflosigkeit über ihr zusammenschlug.
Das Weinen ebbte langsamer ab, als es begonnen hatte. Sie stand auf und trocknete sich vorsichtig das Haar. Sie wusch Gesicht und Achseln, betrachtete ihren Rasierapparat, schüttelte den Kopf und drehte das Wasser ab, ohne sich rasiert zu haben.
Sie wusste nicht, ob sie sich jetzt besser fühlte, aber vielleicht würden ihr die Tränen, die sie jetzt geweint hatte, dann wenigstens nicht später kommen – womöglich wenn sie völlig unvorbereitet darauf war.
Der Spiegel war beschlagen. Sie machte sich nicht die Mühe, ihn trocken zu reiben, sondern kämmte sich nur schnell durch das Haar. Es konnte von alleine trocknen. Im Schlafzimmer zog sie einen BH und einen Slip an und griff dann nach einem einfachen Etuikleid aus Seide, das sie selten trug. Das würde ihre Brandwunde freuen. Sie legte Cynnas Sachen zusammen und holte tief Luft.
Jetzt war es an der Zeit, sich wieder zusammenzureißen. Oder es wenigstens zu versuchen. Sie öffnete die Tür.
Cullen hatte in seiner unermüdlichen Wanderung innegehalten. Er sah stirnrunzelnd aus dem Fenster hinunter auf den Parkplatz.
„Wo ist Cynna?“, fragte sie.
„Sie holt etwas zu essen für uns. Harry hat sie begleitet. Zumindest ist er nach draußen verschwunden. Ich bezweifle, dass sein Ziel ebenfalls das Sub Express ist.“ Er wandte sich um. Sein Stirnrunzeln wurde stärker. Er kam auf sie zu.
Essen. Selbstverständlich würde sie etwas essen. Auch wenn ihr der Sinn ganz und gar nicht danach stand. „Ich nehme nicht an, dass dir noch etwas anderes eingefallen ist, das wir versuchen können?“
„Nein.“ Er hielt inne, ein wenig zu nah vor ihr. „Du hast geweint.“
„Mist. Könntest du nicht wenigstens so tun, als seist du taktvoll? Ich weiß, das ist nicht deine Stärke, aber in deinem Alter sollte man die
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