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Wolf Shadow Bd. 2 - Magische Versuchung

Wolf Shadow Bd. 2 - Magische Versuchung

Titel: Wolf Shadow Bd. 2 - Magische Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eileen Wilks
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darauffolgenden Feier nicht miteinander gesprochen hatten. Die Frau war vielleicht eins fünfzig groß, was ausreichte, dass Lily sich wieder an sie erinnert hatte. Sie war Angloamerikanerin, über sechzig und dick – oder eher angenehm rundlich, so wie man sich eine gemütliche Großmutter vorstellt. Ihr Haar war weiß, gerade und kurz geschnitten. Es sah aus, als hätte sie es eigenhändig mit der Heckenschere gestutzt. Ihre Augen waren einmal blau gewesen.
    Jetzt waren sie milchig. Sie war blind.
    Die blicklosen Augen waren direkt auf sie gerichtet. „Nun, dann kommen Sie herein“, sagte sie. „Sie sind doch sicher nicht hier raufgeklettert, um mir beim Fegen zuzusehen.“ Mit diesen Worten wandte sie sich um und ging zurück ins Haus.
    Lily bedachte Cullen mit einem scharfen Blick. „Geheimnisse“, brummelte sie und setzte sich in Richtung des kleinen Hauses in Bewegung.
    Drinnen gab es nur einen einzigen quadratischen Raum, dessen Symmetrie lediglich von zwei gemauerten Vorsprüngen mit Türen unterbrochen wurde, von denen sie vermutete, dass es sich um die Toilette und die Besenkammer handelte. Zu ihrer Linken, stellte sie fest, befand sich die Küche mit ihren offenen Regalen und einem Holztresen, einem kleinen elektrischen Herd und einem Kühlschrank, der noch aus den Fünfzigerjahren stammen musste. Zu ihrer Rechten standen ein runder Tisch und vier Holzstühle. Das Doppelbett befand sich an der hinteren Wand, zwischen den beiden Türen. Zwei arg mitgenommene Schrankkoffer standen entlang der Wand. Direkt gegenüber sah sie einen gemütlichen grünen Lehnstuhl, eine Stereoanlage von Spitzenqualität und drei große Körbe. Eine graugescheckte Katze hatte es sich in dem Lehnstuhl bequem gemacht.
    Teppiche gab es nicht. Nur weiß verputzte Wände und einen dunklen Holzboden … und einen Altar aus grob gehauenem Stein mitten im Raum. Darauf befanden sich ein weißer Kerzenstummel, ein Häufchen Salbeiblätter und ein kleiner Silberteller. In die Front war ein Symbol eingraviert, das dem auf Lilys toltoi sehr ähnelte.
    Die Rhej stand am Herd, mit dem Rücken zur Tür. Sie trug Jeans, ein altes Flanellhemd, weiße Socken und keine Schuhe. „Ihr werdet Tee trinken“, informierte sie sie. „Ich habe auch Kekse. Sie stehen auf dem Tisch.“
    „Wir sind nicht wegen der Kekse hier“, sagte Cullen.
    Die alte Frau schnalzte mit der Zunge. „Bist du immer noch wütend? Ich war es nicht, die gesagt hat, du seist kein Etorri – damals, vor vielen Jahren. Aber es hat sich herausgestellt, dass die Rhej der Etorri recht hatte, nicht wahr? Die Nokolai haben nur eine Weile gebraucht, um zu erkennen, dass du einer von ihnen bist.“
    „Äh …“ Lily sah von Cullen zu ihrer Gastgeberin. „Anscheinend kennen Sie und Cullen sich. Er hat sich nicht die Mühe gemacht, uns einander vorzustellen, also übernehme ich das. Die Frau, die mich begleitet, ist Cynna Weaver, und ich heiße Lily Yu.“
    „Das weiß ich, mein Kind.“ Sie wandte den Kopf und schenkte ihr ein Lächeln. Das schnell und erschrocken wieder aus ihrem Gesicht verschwand.
    Dann lachte sie. „Oh. Oje. Ich bin nicht halb so schlau, wie ich es gern wäre. Nun, das verspricht interessant zu werden. Sie sind Cynna?“ Sie sprach Cynna so direkt an, als könne sie sie sehen.
    Cynna bejahte.
    „Sie werden bleiben. Cullen, du darfst laufen gehen. Es ist sehr lange her, seit du dich das letzte Mal gewandelt hast. Vergnüge dich zur Abwechslung mal auf allen vieren, statt immer nur den Kopf anzustrengen.“
    Cullen sah aus, als sei er über ihren Vorschlag nicht sehr glücklich, aber zu Lilys Überraschung gehorchte er. Er nickte der Rhej kurz und steif zu und ging.
    Warum nickte er, wenn sie doch nicht sehen konnte? Aber andererseits fragte sich Lily auch, wie jemand ohne Sehvermögen imstande war zu gärtnern. Es sei denn … „Sehen Sie auf die gleiche Weise wie Cullen?“, entfuhr es ihr. „Mit dem zweiten Gesicht oder wie man das nennt?“
    Sie schnaubte. „Ich bin keine Zauberin, und das ist es auch nicht, was ‚das zweite Gesicht‘ bedeutet. Setzen Sie sich, setzen Sie sich.“ Sie wies mit dem Kinn zum Tisch, auf dem bereits Tassen, Untertassen und zarte Porzellanteller standen. Auf einem größeren Teller lagen Schokoladenkekse.
    Zögernd kam Lily der Aufforderung nach. Auch Cynna setzte sich und sah genauso ratlos aus, wie Lily sich fühlte. Auf dem Boden der drei Tassen entdeckte sie getrocknete Kräuter. Cynna schnüffelte daran.

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