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Wolf Shadow Bd. 3 - Dunkles Verlangen

Wolf Shadow Bd. 3 - Dunkles Verlangen

Titel: Wolf Shadow Bd. 3 - Dunkles Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eileen Wilks
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grotesk: gebleichte stoppelige Haare, die viel zu kurz geschnitten waren, um apart oder schön zu sein. Ihre Haut war außergewöhnlich. Wenn man sie unvoreingenommen betrachtete, war sie tatsächlich schön. Aber seine Einsamkeit so offen zur Schau zu tragen … das zeugte entweder von großer Stärke, von großer Wut oder von großem Schmerz.
    Dabei gingen die drei oft miteinander einher. Cynnas Akzent und ihre Kleidung – sie trug einen scheußlichen grauen Anzug – legten die Vermutung nah, dass sie aus der Unterschicht stammte. Li Lei warf ihr das nicht vor, aber sie war keine Verfechterin des Egalitarismus. Es gab einen Unterschied zwischen Arm und Reich, und dafür sollte man Gott danken, denn die Reichen waren oft sehr langweilig und ihr Geist und ihre Seele oftmals durch ihre Privilegien abgestumpft. Doch Armut brachte eher Niedertracht hervor als wahre Größe.
    Lily hatte ihr erzählt, dass Cynna Weaver sie und Cullen nach Dis begleitet hatte, um Rule zu retten. Lily vertraute der Frau. Li Lei behielt sich ihr Urteil noch vor, aber sie dachte, dass Cynna von allen hier Benedict am meisten ähnelte. Doch Benedict war durch sein Feuer gegangen. An Cynna leckten die Flammen immer noch, und die Entscheidungen, die sie zu treffen hatte, lagen noch vor ihr.
    Cynna war angespannt und besorgt. Sie beobachtete die anderen, sah auf ihren Teller und redete nur wenig. Sie hatte ihnen das neue Tattoo auf ihrer Hand gezeigt, von dem sie glaubte, dass es von ihrer alten Lehrerin stammte. Keiner von ihnen, nicht einmal der Zauberer, wusste, was das Zeichen für eine Wirkung haben könnte, aber Cynna war sich sicher, dass sie es merken würde, wenn der Zauber aktiv würde.
    Li Lei war ausgesprochen neugierig auf Cynna Weaver.
    Einiges von dem, was Lily ihr vorhin erzählt hatte, war ein Schock für sie gewesen. Ein Schlag, könnte man auch sagen, dachte sie, während sie ihren Tee trank, der allmählich kalt wurde. Ihre Enkeltochter war in großer Gefahr gewesen, ihre Seele war zweigeteilt und die eine Hälfte gefangen in einer feindlichen Welt. Und Li Lei hatte nichts gewusst davon, weil sie am anderen Ende der Welt nach Geistern gesucht hatte.
    Sie hätte es besser wissen müssen. Sie wusste es besser. Geister hatten noch niemandem weitergeholfen.
    Ja, ihr Sohn hatte angerufen, um sie über die Fakten zu informieren, die, die der Öffentlichkeit bekannt waren. Edward war nicht so dumm, so etwas vor ihr zu verheimlichen. Aber weder er noch Julia hatten genau gewusst, was Lily zugestoßen war, nur, dass sie verwundet worden war, dass ihre Gabe abhandengekommen und ihr Geliebter eine Weile vermisst worden war … und dass sie irgendwie Drachen mit zurück in die Welt gebracht hatte.
    Eine heftige Gefühlswallung überkam sie, sodass ihr für einen Augenblick die Luft wegblieb. Aber nur für einen Augenblick. So vieles hatte sich verändert …
    So vieles veränderte sich gerade und würde sich immer weiter verändern. Sie sah Li Qin an, die neben ihr saß, und folgte einem seltenen Impuls. Sie nahm die Hand der anderen Frau und drückte sie.
    Li Qin hob überrascht den Blick. Ihre Wangen röteten sich leicht vor Freude. Sie schenkte Li Lei ein sanftes, heiteres Lächeln.
    Liebe trat in so unterschiedlichem Gewand auf. Es hatte sie Jahre gekostet, aber Li Lei hatte gelernt, sie nie zurückzuweisen. Sie nickte Li Qin zu und ließ ihre Hand los.
    Es war Zeit. „Ich werde jetzt sprechen.“

 
    26
    „Ich kann es nicht in Ordnung bringen.“
    Bevor Großmutter diese Worte gesprochen hatte, war Lily nicht bewusst gewesen, wie sehr sie sich an die Überzeugung geklammert hatte, dass ihre Großmutter tatsächlich alles wieder in Ordnung bringen könnte. Dass sie wusste, wie Rule geheilt werden könnte.
    Wie kindisch von ihr. Wenn jetzt, nach dem missglückten Versuch, ihre Angst noch größer geworden war, war das allein ihre Schuld. Sie hatte es insgeheim gehofft, und nun zahlte sie den Preis dafür. Und sie fühlte sich schuldig, weil ihre Großmutter sich selbst in Gefahr gebracht hatte. Jetzt lag ihr das bisschen, was sie hatte hinunterwürgen können, schwer im Magen.
    „Aber gern“, sagte Rule. „Sprechen Sie.“
    Großmutter zeigte sich belustigt durch Rules scharfen Ton, aber sie hielt sich nicht damit auf, die Klinge mit ihm zu kreuzen. „Ich wünsche, dass Sie mir Ihr Wort geben, dass das, was ich zu sagen habe, in diesem Raum bleibt, bis auf das, was Sie Ihrem Vater berichten wollen. Das überlasse ich Ihnen.

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