Wolf Shadow Bd. 3 - Dunkles Verlangen
hat gelogen. Er hat die Macht nicht wählen lassen. Er hat versucht, sie Rule Turner aufzuzwingen, und das hat sich gerächt. Seht euch Victor an. Riecht ihn. Euer Rho hat Krebs, und er wäre beinah zu Tode gekommen, als er versuchte, jemanden auf legalem Wege zu töten, dem er vorher Gastrechte gewährt hatte. Er wird sterben, wenn ich ihn loslasse. Er wird innerhalb von Sekunden tot sein. Und ich werde ihn loslassen, wenn ihr unsere Gäste angreift. Ich werde seine Hand loslassen, und der Rho wird sterben.“
Hier und da wurde das Knurren leiser. Doch nicht überall.
„Ihr Frauen“, rief die Rhej. „Eure Brüder kennen euch. Streichelt sie, fasst sie an, helft ihnen, sich zu erinnern, wer sie sind.“ Sie sah Lily an, und ihre Stimme wurde leiser. „Geh zu deinem Mann. Langsam. Aber geh zu ihm. Hilf ihm, aufzustehen. Er trägt nun den Teil der Macht des Thronfolgers. Er war dabei, den Kampf zu gewinnen, doch dann brach der Netzknoten auf, und fast wäre die gesamte Macht in ihn gefahren. Ich habe das meiste wieder zurückdrängen können, aber nun ist er der Thronfolger. Den Leidolf wird das nicht gefallen, aber sie müssen es spüren, sie müssen es an ihm riechen.“
Es kostete Lily große Mühe, langsam zu gehen. Aber schließlich schaffte sie es doch, ohne die Lupi in Aufruhr zu bringen, kniete sich neben Rule und legte den freien Arm um ihn.
Er hob den Kopf, um sie anzusehen, die Augen trüb vor Schmerzen und halb blind.
Benedict trat neben Rule, und auch der rote Wolf kam näher. Lily schob ihre Schulter unter Rules Arm, und Benedict fasste ihn an der anderen Seite. Gemeinsam brachten sie Rule auf die Beine.
Er schwankte und schüttelte den Kopf. „Lily.“
„Ja. Ich bin hier.“
„Ihr müsst hier raus“, sagte die Rhej. „Ihr alle. Für die, die noch nicht zurückgekommen sind, habt ihr nicht den richtigen Geruch. Und die, die gerade zurückkommen, werden nur an die Herausforderung denken. Soweit sie überhaupt denken können.“
Einer der größten Wölfe nickte mit der Schnauze in ihre Richtung, die Ohren nach vorne gestellt. Die Farbe seines Fells erinnerte Lily an Rule in Wolfsgestalt – schwarz mit leicht silbrigem Glanz.
„Das stimmt.“ Die Rhej wandte sich an den Wolf, als hätte er gesprochen. „Wenn sie ihn herausfordern, ist er tot.“ Sie deutete mit dem Kopf auf Rule. „Und mit ihm der Clan der Leidolf, denn wenn er tot ist, geht die Macht wieder auf Victor über. Schon jetzt kann ich ihn gerade noch am Leben halten, doch wenn die Macht wieder in ihn fährt, wird er sterben. Ich brauche dich in Menschengestalt, Alex. Ich brauche deine Unterstützung, deine Stimme, genau wie sie. Versuch es. Du bist jetzt der Lu Nuncio. Um der Dame willen und um der Leidolf willen, versuch es.“
Der Wolf jaulte unglücklich und schloss die Augen.
Wieder gestaltete die Wirklichkeit sich um, aber langsamer dieses Mal. Zum ersten Mal konnte Lily sehen, wie die Verwandlung vor sich ging … beinah, denn manches, was vor ihren Augen geschah, war so anders , war so weit weg von dem, was ihre Sinne verarbeiten oder was ihr Verstand fassen konnte.
Fell faltete sich zu Haut, Beine knickten ein, wurden länger. Alles war in Bewegung, Formen kamen und verschwanden … und wurden zu einem Mann, zu einem großen Mann, fast so groß wie Benedict, und nackt. Seine dunkle Haut glänzte vor Schweiß in der kalten Luft, sein Gesicht war schmerzverzerrt. „Scheiße“, sagte er. „Scheiße.“
„Reiß dich zusammen“, sagte seine Schwester unerbittlich. „Sprich zu ihnen.“
Er straffte sich. Nach einer Weile ergriff er mit lauter Stimme das Wort: „Hört mir zu. Ich bin der Lu Nuncio, und ihr werdet mir zuhören. Töten die Leidolf ihre Gäste? Wissen wir etwa nicht, welchen Preis Unehrenhaftigkeit hat? Hört zu. Hört zu und erinnert euch. Damals, als Eiriu mit Trath kämpfte, als Gnomen unter der Erde wohnten und Elfen ihre Wälder bevölkerten …“
Eine Geschichte. Er erzählte ihnen eine Geschichte aus dem Schatz ihrer mündlichen Überlieferungen, eine der Legenden, mit denen sie aufgewachsen waren. Und es schien auf sie zu wirken. Sie hörten ihm zu.
„Mädchen“, sagte die Rhej ruhig. „Bring deinen Mann hierher. Ich kann Victor nicht loslassen, aber Rule Turner ist sehr durcheinander. Niemand ist dafür gemacht, Träger zwei verschiedener Mächte zu sein, und ihm wurde zu seiner eigenen Macht als Thronfolger der Nokolai fast die ganze Macht der Leidolf aufgezwungen.“
Lily
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