Wolf Shadow Bd. 5 - Tödliche Versprechen
als wäre in mir drinnen Winter. Alles gefror, während ich nur zusehen konnte. Ich sah, wie ich die Kaffeekanne in der Hand hielt und dass das Wasser immer noch lief. Mir war so kalt, dass ich mich nicht bewegen konnte.« Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Ganz lange konnte ich nur dastehen und die Kaffeekanne angucken. Ich konnte weder blinzeln noch wegschauen. Ich konnte gar nichts tun. Dann sah ich, wie meine Hand sich ausstreckte und das Wasser abdrehte.« Er erschauderte. »Ich habe es getan, aber ich habe es nicht selbst getan.«
»Das muss entsetzlich gewesen sein.«
»Ja, Ma’am. Ja, Ma’am, das war es. Ich … eine Weile bin ich einfach im Haus herumgelaufen, oder besser gesagt, mein Körper ist gelaufen und mein Verstand ist mitgegangen. Mir blieb keine andere Wahl. Dann habe ich angefangen, an mein Gewehr zu denken.« Die Hand, die Lily hielt, zitterte. »Aber es fühlte sich gar nicht so an, als wäre ich es, der dachte. Eher als wenn mich jemand antreiben würde und mich daran denken ließ, wo es war und so. Und als ich dann daran dachte … daran dachte, wo ich es aufbewahrte …«
»Was passierte da?«
»Mein Körper hat sich umgedreht und hat versucht zu rennen. Was dumm von ihm war. Ich habe ein kaputtes Knie. Es hat nachgegeben, und ich bin gefallen und habe mir das Knie gestoßen. Tat höllisch weh, aber das wäre nicht so schlimm gewesen, wenn ich mich hätte bewegen können. Ich konnte ja noch nicht einmal mehr blinzeln. Ich konnte nur daliegen, und für einen Moment, nur einen kurzen Moment, war es, als würde ich jemanden hören. Als wenn jemand Mitleid mit mir hätte, weil ich alt war und Schmerzen hatte. Ich dachte, dass Gott mir vielleicht helfen würde. Ich habe so sehr gebetet …« Seine Augen glänzten feucht. Er blinzelte. »So sehr. Aber es hat nicht geholfen. Nach einer Weile ist dann mein Körper aufgestanden und ist … ist mein Gewehr holen gegangen.«
»Um wie viel Uhr haben Sie Ihre Kaffeekanne ausgespült, Mr Hodge?«
»Ungefähr um halb zehn. Mein Arzt will, dass ich keinen Kaffee mehr trinke, aber morgens trinke ich immer zwei Tassen. Aber nicht mehr als zwei.«
Lily ging mit ihm den Rest des Morgens durch. Sie drängte ihn nicht, wenn er sich aufregte, fragte nach seinen Begegnungen in den letzten vier Tagen, seinen Kenntnissen über Magie, seiner Verbindung zu Roy Don Meacham. Er blinzelte viel und oft, stellte sie fest. Nicht so viel wie Meacham, aber mehr, als normal gewesen wäre.
Sie kam zurück auf den Morgen und wollte wissen, wie er ihn erlebt hatte. »Sie haben also keine Stimme gehört, die Ihnen gesagt hat, was Sie tun sollten? Oder hatten Gedanken, die nicht von Ihnen stammten?«
»Nein. Nein, so war es nicht. Ich habe nur zugesehen, was mein Körper getan hat. Ich konnte ihn nicht aufhalten.« Wieder traten Tränen in seine Augen, und seine Stimme zitterte. »Ich konnte ihn nicht aufhalten.«
»Agent Yu«, sagte Dr. Patel. »Ich fürchte, Ihre zehn Minuten sind vorbei.«
»Haben Sie irgendetwas gespürt? Waren Ihre Sinneseindrücke dieselben wie immer?«
Patel kam näher und stellte sich an die andere Seite des Bettes. »Ich muss Sie bitten, jetzt zu gehen.«
»Schon in Ordnung, Doktor«, sagte Hodge, aber seine Stimme wurde schwächer. »Ich will es ihr sagen … da war eine Kälte.«
»Wann?«
»Die ganze Zeit. Mir war von Beginn an kalt, aber nicht so schlimm, und dann wurde es kälter, bis dann …«
»Ja?«
Eine Träne rann über seine faltige Wange. »Bis mein Körper angefangen hat, diese Leute zu töten. Dann ging die Kälte weg. Dann wurde mir warm.«
»Ich danke Ihnen, Mr Hodge.« Sie stellte den Rekorder ab. »Äh … haben Sie Probleme mit Ihren Augen?«
»Ich habe nicht genug geblinzelt«, sagte er leise. »Als mein Körper das alles getan hat, habe ich nicht genug geblinzelt. Jetzt tun mir die Augen weh, sie sind so trocken.«
Dr. Patel hob leicht die Augenbrauen. »So etwas müssen Sie mir sagen, Mr Hodge. Ich werde dafür sorgen, dass Sie Tropfen bekommen.«
Lily schob den Rekorder zurück in ihre Umhängetasche und zog dafür etwas anderes hervor. »Ich habe Ihnen etwas aus Ihrem Haus mitgebracht. Ich hoffe, Sie finden ein wenig Trost darin.«
Als er sah, was sie in der Hand hielt, lächelte er – ein zaghaftes, müdes Lächeln, aber seine erschöpften Züge entspannten sich. »Die Bibel von meiner Maisie. Ja, Ma’am, darin finde ich Trost. Danke. Ma’am?«
»Ja?« Sie schob die Bibel unter seine zitternde
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