Wolf Shadow Bd. 5 - Tödliche Versprechen
sich in willkürlichen Gewaltausbrüchen entladen könnte. Ich habe mich schon gefragt, ob mir etwas entgangen sein könnte.«
»Sie sind in keiner Weise verantwortlich für das, was heute geschehen ist. Und Sie hätten es auch nicht wissen können.«
Er sah zu Boden, als sei er verlegen. Dann nickte er leicht. »Ja. Danke. Ich muss Sie trotzdem bitten, sich kurzzufassen. Zehn Minuten, nicht länger, und ich werde dabei anwesend sein, um seinen Zustand zu überwachen.«
»Davon bin ich ausgegangen.« Deswegen hatte sie es auch nicht problematisch gefunden, ihm gegenüber so offen zu sein. Er würde es ohnehin erfahren.
Er ging weiter bis zur Tür am Ende des Flurs. »Vielleicht wird Ihr Besuch ihn doch nicht so anstrengen, wie ich befürchte?«
Das konnte Lily ihm nicht versprechen. Sie musste Hodge dazu bringen, sich zu erinnern, und Meacham war genau in dem Moment durchgedreht, als seine Erinnerung zurückkam. »Wir werden sehen. Ich werde zwangsläufig …« Sie blieb stehen und starrte das Schild an, das an der Tür zur Intensivstation hing. Darauf stand unübersehbar und in Großbuchstaben: Durchgang Für Personen Mit Gaben Nicht Gestattet. »Was soll das denn?«
»Das Schild? Das ist eine neue Vorschrift. Die Krankenhausverwaltung fürchtet, dass die teuren Geräte durch Magie gestört werden könnten.«
Lily streckte die Hand aus, riss das Schild herunter und gab es Patel. »Sagen Sie der Verwaltung, sie sollten lieber teure Prozesse wegen Benachteiligung fürchten.«
Er blinzelte verwirrt. »Aber das ist doch keine Benachteiligung. Magie kann einige unserer Instrumente beeinflussen. Bei der Wende haben wir mehrere Patienten verloren. Mr Hodges ausgefallener Herzschrittmacher ist doch ein Beweis dafür, dass Magie und Technik sich nicht vertragen.«
»Dieses Problem entsteht bei reiner Magie, freier Magie. Die Magie einer Person mit einer Gabe ist nicht frei, verdammt. Und wir wissen nicht, was Mr Hodge beweist, aber sein Schrittmacher ist ausgefallen, weil er in Berührung mit Todesmagie gekommen ist, und nicht, weil jemand seine Gabe auf ihn übertragen hat.«
»Wenn Sie garantieren können, dass eine Gabe unsere Patienten nicht aus Versehen einem Risiko aussetzt –«
»Stellen Sie sich vor, Sie haben vermutlich bereits Personen mit einer Gabe da drinnen, unter den Patienten oder dem Personal. Und Sie behandeln doch auch immer noch Personen, die eine Gabe haben, oder? Hatten Sie in diesem Fall Probleme mit der Technik? In ein paar Sekunden erfahren wir es – sobald Sie durch diese Tür gehen. Dann werden wir sehen, ob die Geräte anfangen zu spinnen, wenn Sie in der Nähe sind.«
»Ich?« Seine Stimme wurde lauter. »Ich habe keine … Sie irren sich.«
»Nein, Sie irren sich. Eine schwache Gabe, zugegeben, aber ich wette, Sie haben Ihre Autoschlüssel immer wiedergefunden.« Sie stieß die Tür auf und ging hindurch.
Na also. Anscheinend gab es doch Regeln, die sie gerne brach.
Es war gut, dass Dr. Patel ihr gesagt hatte, dass es Hodge gut ging. Zu diesem Schluss wäre sie nie selbst gekommen, als sie ihn jetzt sah.
Franklin Hodge hatte ein längliches Gesicht, das von tiefen Furchen durchzogen war. Sein kurzes, grau meliertes Haar lag in kleinen Löckchen eng am Kopf. Seine Haut hatte diese seltene Farbe, die beinahe schwarz wirkte, anders als die der meisten Menschen afrikanischer Abstammung, an denen man so viele Schattierungen von Braun sah. Jetzt war seine Haut allerdings aschfarben. Das Herz und seine Eskapaden hatte sie ergrauen lassen.
Oder seine Erinnerung. »Mr Hodge«, sagte Lily leise. »Ich bin Agent Yu vom FBI. Ich muss Ihnen ein paar Fragen stellen. Die Unterhaltung werde ich aufnehmen.« Sie stellte den Rekorder auf seinen Nachttisch.
Wortlos wandte er den Kopf ab.
»Ich muss wissen, was mit Ihnen passiert ist. Um andere davor zu bewahren, dass ihnen dasselbe widerfährt.«
Langsam drehte er den Kopf und sah sie an. Seine Augen waren matt. »Was meinen Sie?«
»Ist es heute passiert? Oder gestern? Vorgestern?«
Er schluckte schwer. »Sie wissen es. Sie wissen, was es ist, was es mit mir gemacht hat.« Eine große Hand griff nach ihr.
Lily musste sich zwingen, seine Hand zu ergreifen. Das leichte Kribbeln von Todesmagie war viel schwächer als das erste Mal – aber es war immer noch da. »Beschreiben Sie es, bitte.«
»Ich habe gerade meine Küche aufgeräumt. Ich mag es, wenn alles aufgeräumt ist. Als ich die Kaffeekanne ausspülte, war es auf einmal … es war,
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