Wolf Shadow Bd. 7 - Verbotene Pfade
stehen, als Rule seinen Bruder von hinten ansprang. Benedict warf sich zurück. Die beiden stürzten in einem Knäuel zu Boden, aber Benedict gelang es, sich noch im Fallen herumzudrehen, sodass er mit einem Knie auf Rules Rücken landete.
Eine furchtbare Sekunde lang regte Rule sich nicht. Benedict streckte die Hand nach Rules Kopf oder vielleicht seiner Kehle aus –
Ein Stein kam angeflogen und traf ihn am Kopf.
Er rollte herum, war mit einer einzigen geschmeidigen Bewegung auf den Beinen und gab einen Knurrlaut von sich, zu dem keine menschliche Kehle imstande sein sollte. In drei Meter Entfernung stand Cullen, einen zweiten Stein in der Hand, und grinste wie ein Wahnsinniger. Das halbe Gesicht war mit Blut bedeckt. Er schwankte leicht, und seine Augen sahen glasig aus, als würden sie nicht richtig fokussieren können. »Willst du noch mehr? Dann komm. Komm her.« Er krümmte den Zeigefinger. »Lass uns tanzen, mein Großer.«
Benedicts Gesicht verzerrte sich vor Wut – aber statt sich auf Cullen zu stürzen, bewegte er sich seitwärts, den Kopf zwischen Cullen und Rule, der mittlerweile aufgestanden war, hin und her drehend. Während Benedict zurückwich, rappelte Lucas sich auf, und er und seine Wache näherten sich langsam, um mit den anderen einen lockeren Kreis um Benedict zu bilden. Die Wache drückte immer noch einen Arm an den Oberkörper. Vermutlich war er gebrochen.
Er würde der Schwachpunkt sein. Was er sicher auch wusste. Und Benedict ebenfalls. Er war zwar wahnsinnig vor Rage, aber selbst ein in die Enge getriebenes Tier weiß, welcher seiner Gegner verletzt und schwach ist.
Lily blieb zurück. Mit Benedict konnte sie es nicht aufnehmen, und wenn sie –
»Benedict.« Rules Stimme war so tief, dass er fast wie Isen klang. »Unterwirf dich. Jetzt.«
Wieder erstarrte Benedict. Dieses Mal dauerte es eine ganze Sekunde.
Es hätte noch länger gedauert, wenn nicht Javier von einer Seite angeschossen gekommen wäre und ihn zu Boden gerissen hätte.
Rule stürzte vor, und noch als Javier nach Benedicts Kehle griff, packte er mit beiden Händen seinen Bruder bei der Hand – der ihm mit der anderen einen Schlag in die Rippen versetzte. Lucas rutschte auf den Knien an Benedicts Seite und versuchte, den Arm zu fassen zu bekommen. Rule reagierte schnell und drückte ein Knie auf Benedicts Unterarm. Er griff in seine Tasche, steckte etwas in seinen Mund, nahm es heraus und schlug die flache Hand auf Benedicts nackte Haut.
Benedict zuckte so heftig, dass er Javier abwarf, der gegen Rule prallte und ihn wegstieß. Und etwas Kleines, Silbernes flog in hohem Bogen durch die Luft und landete neben Billys regungslosem Körper.
Jetzt, wo Javier nicht mehr auf ihm saß und Rule aus dem Gleichgewicht gebracht war, waren Benedicts Beine frei. Trotz Lucas’ festem Griff trat er um sich – vielleicht nutzte Lucas auch den Schwung der Bewegung, um Benedict herumzudrehen.
Benedict kam jedoch so geschickt auf, dass er schon stand, bevor Lucas bei ihm war. Auch Rule rappelte sich auf, und die beiden umkreisten Benedict.
»Hört auf!«, schrie Arjenie vom Rücksitz des Wagens. »Hört sofort auf!«
Myron trat neben Lily und warf ebenfalls einen Stein. Diesen jedoch fing Benedict einfach auf – und schleuderte ihn zurück.
Lily duckte sich. Myron schrie etwas. Benedict rannte los. Arjenie schlug mit der Hand gegen die Heckscheibe des Wagens.
Lily spürte die Magie, als sie sie überrollte, so schnell wie eine Verpuffung, aber irgendwie gequetscht, eine heiße, matschige Art von Macht, die auf ihrer Haut kribbelte. Sofort sanken alle wie gefällt zu Boden – Myron, Rule, Benedict, Lucas und die einsame übrig gebliebene Wache. Arjenie auch. Sie brach zu einem kleinen Häuflein neben dem Wagen zusammen. Alle – außer Lily und Cullen. Der hatte Schutzschilde, sehr gute Schutzschilde, und starrte sie mit demselben Staunen in den Augen an, das auch sie empfand.
Lily riss sich zusammen, rannte vier Schritte und fiel neben Benedict auf die Knie, der doch eigentlich immun gegen die Magie seiner Auserwählten sein sollte. Anscheinend war es nicht so. Was immer geschehen war, als Arjenie ihre Gabe mit Glas kombiniert hatte, es hatte auf Benedict wie auf alle anderen auch gewirkt.
Sie leckte über die Silberscheibe, die Cullen ihr gegeben hatte, und klatschte sie auf Benedicts nackte Brust. Dann atmete sie einfach nur für einen Moment … und wurde sich bewusst, was sie da unter den Fingern spürte. Die
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