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Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Fallada
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hatte nur kurz gesagt: »Setzen Sie es einmal dorthin. – Natürlich kenne ich das, Doktor Mainz. Familienbesitz. Ein ganz ungewöhnlich guter Pagel – manchmal kam er eben doch über sich hinaus. Nicht oft – drei- oder viermal … Meistens ist er mir zu hübsch. Glatt, geleckt – wie?«
    Er hatte sich plötzlich an Wolfgang gewendet: »Aber davon verstehen Sie nichts? Wie? Sie wollen nur Geld, was? Möglichst viel, ja?«
    Unter diesem plötzlichen Angriff war Pagel zusammengefahren. Er fühlte, wie ihm langsam Röte in die Wangen stieg.
    »Ich bin der Sohn«, sagte er möglichst ruhig.
    Es hatte vollkommen genügt.
    »Entschuldigen Sie tausendmal«, hatte der Händler gesagt. »Ich gebe zu, daß ich ein Esel bin. Ich hätte es an den Augen sehen müssen – wenn an nichts, dann an den Augen. Ihr Herr Vater hat hier oft gesessen. Ja. Kam in seinem Rollstuhl, wollte Bilder sehen. Er sah gerne Bilder. – Sie sehen Bilder auch gerne?«
    Wieder dies Abrupte, Plötzliche – auch dies war eigentlich ein Angriff. Wenigstens empfand Wolfgang es so. Er hatte nie darüber nachgedacht, ob dieses Bild, das er seiner Mutterfortgenommen hatte, ein schönes Bild war. Im Grunde hatte dieser Bildermann ganz richtig geraten: wenn er auch der »Sohn« war, es hatte sich für ihn nur um Geld gehandelt – allerdings um Geld für Peter.
    Ärger, mit ein wenig Trauer vermischt, daß er wirklich so war, wie er eingeschätzt wurde, stieg in Wolfgang auf.
    »Ja, doch, ganz gerne«, sagte er mürrisch.
    »Es ist ein schönes Bild«, sagte der Händler nachdenklich. »Ich habe es schon zwei-, nein, dreimal gesehen. Ihre Frau Mutter hatte es nicht gerne, wenn ich es ansah. – Sie ist einverstanden mit diesem Verkauf?«
    Wiederum ein Angriff. Pagel wurde so ärgerlich. Gott, was für ein Umstand um ein Bild, kaum ein halber Quadratmeter bemalte Leinewand. Ein Bild war etwas, das man ansehen konnte, wenn man wollte; man mußte nicht, es war keineswegs nötig. Ohne Bilder konnte man leben, ohne Geld nicht.
    »Nein«, sagte er böse. »Meine Mutter ist ganz und gar nicht mit diesem Verkauf einverstanden.«
    Der Händler sah ihn höflich an, wartete wortlos.
    »Sie hat dieses« (mit gespielter Gleichgültigkeit) »Dings mir mal geschenkt, wie man so in der Familie Sachen schenkt, wissen Sie. Da ich grade Geld brauchte, erinnerte ich mich daran. Ich verkaufe«, sagte er betont, »gegen den Willen meiner Mutter.«
    Der Händler hatte schweigend zugehört, dann ziellos, aber merklich kühler: »Ja, ja. Ich verstehe. Natürlich« gesagt.
    Der Pflaumenweiche, der unbemerkt verschwunden war, der Doktor Mainz, trat wieder auf. Der Händler sah seinen kunsthistorischen Gehilfen an, der Gehilfe erwiderte den Blick und nickte kurz. »Jedenfalls«, sagte der Händler, »erhebt Ihre Frau Mutter keine Einwendungen gegen den Verkauf.« Auf einen fragenden Blick Pagels: »Ich habe soeben telefonieren lassen. Bitte, bitte, das ist kein Mißtrauen. Ich bin ein Geschäftsmann, ein vorsichtiger Geschäftsmann. Ich mag keine Schwierigkeiten …«
    »Und Sie zahlen?« fragte Pagel kurz und geärgert.
    Seine Mutter hätte mit einem Wort am Telefon den Verkauf hindern können. Sie hatte es nicht getan – Wolfgang fühlte, der Bruch war endgültig. Mochte er seine Wege gehen, es waren nun und für immer seine Wege allein. Sie war ohne Interesse.
    »Ich gebe«, sagte der Händler, »tausend Dollar, das sind siebenhundertsechzig Millionen Mark. – Lassen Sie mir das Bild in Kommission, daß ich es hier aufhänge und in Ihrem Auftrage verkaufe, es ist möglich, daß ich einen sehr viel höheren Preis erziele. Aber wenn ich recht verstanden habe, brauchen Sie das Geld sofort?«
    »Sofort. Diese Stunde.«
    »Nun, sagen wir morgen früh«, lächelte der Händler. »Das ist auch sehr rasch. Ich schicke es Ihnen mit einem Boten, wohin Sie wollen.«
    »Jetzt!« sagte Pagel. »Diese Stunde! Ich muß …« Er brach ab.
    Der Händler sah ihn aufmerksam an. »Wir haben unsern Kassenbestand schon zur Bank geschickt«, sagte er freundlich, als erkläre er einem Kinde etwas. »Ich halte nie Geld im Haus über Nacht. Aber morgen früh …«
    »Jetzt!« sagte Pagel und legte die Hand auf den Rahmen des Bildes. »Oder es kann aus dem Verkauf nichts werden.«
    Oh, Pagel hatte die Situation richtig erfaßt! Zwar mißbilligte der Händler diesen Verkauf eines unbotmäßigen Sohnes, der seiner Mutter ihr liebstes Bild fortnahm, zwar hatte er, seit er dies erfuhr, die

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