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Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Fallada
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der Hickauf in der Kehle hoch, daß alles ohne diegroße Spannung gelacht haben würde. Sie zählte aber als ihre Sünden auf, daß sie den schlechten Roman in der Zeitung doch wieder gelesen habe – Hickup! – und daß sie ungeduldig gegen ihren lieben Mann – Hickup! – gewesen sei und ihn »unhöflich« genannt habe – Hickup! Hickup! – und daß sie doch wieder Margarine unter die Butter für die Dienstboten habe kneten lassen … Hickup!
    Amanda Backs hörte sich das an und zog einen ungeduldigen, ärgerlichen, abweisenden Flunsch. Da saßen die Leute und hörten auf dies alberne Gestammel, zehnmal gespannter als sie auf Gottes Wort gehört hatten, und es war doch alles nur Lüge! Das Richtige sagte die gnädige Frau auch nicht, so fromm sie tat. Das mit der Margarine hatten sie alle geschmeckt, das mußte ihnen nicht erst erzählt werden. Das mit dem Roman war Quatsch, und wie oft sie sich mit »ihrem lieben Mann« zankte, das wußte jedes hier im Hause. Alles Augenverblendung und Hudelei! Sie sollte mal lieber öffentlich gestehen, daß sie dies ganze Theater nur darum angestellt hatte, um ihr, der Amanda Backs, eins auszuwischen – das wäre eine richtige Sündenbeichte gewesen! Aber daran dachte sie gar nicht!
    Trotzdem – die Mamsell hatte vor Aufregung wirklich knallrote Backen bekommen und schnaufte aus ihrer dicken Brust wie ein Dampfkessel, und das Fischbein krachte um sie. Und Minna hatte dumm und düsig das Maul so weit aufgesperrt, als erwarte sie gebratene Hühner!
    Auch Amanda Backs bekam rote Backen, aber nicht vor Aufregung und Scham, sondern vor Trotz und Zorn. Jetzt fing die gnädige Frau in ihrer Schamlosigkeit wirklich an, von dem gestrigen Abend zu reden, daß sie ein Mädchen überrascht habe – ach, leider ein Mädchen aus diesem Hause! –, daß sie es überrascht habe, wie es im Dunkeln zu einem Manne ins Zimmer stieg –! (Hickup!)
    Es ging ein förmlicher Ruck durch die ganze Versammlung, und Amanda sah, wie die Gesichter dumm und starr wurden vor lauter Staunen und Erwartung: jetzt kommt es!Aber es kam noch nicht, sondern nun klagte sich die gnädige Frau, unterbrochen von manchem Schlucker, an, daß sie den Zorn über sich habe Herr werden lassen und das Mädchen hitzig gescholten und ihm mit Entlassung gedroht habe, statt zu bedenken, daß wir allzumal Sünder sind und daß auch dieses irrende Schaf mit Geduld in des Hirten Stall geführt werden müsse. Reuig bekannte sie, daß sie ihre Pflicht versäumt habe, denn dies junge Mädchen sei ihrer Obhut anvertraut gewesen, und sie bat, daß ER sie stärken möge mit Langmut und Geduld im Kampf gegen das Böse …
    Völlig verächtlich und sehr zornig hörte sich Amanda dies Gerede an, und wenn sie erst einen Entschluß gefaßt hatte, so faßte sie jetzt einen andern. Und kaum hatte Frau von Teschow das letzte Amen gesagt und war aufgestanden und hatte noch nicht einmal die Zeit gehabt, mit Wort und Finger den nächsten zu bezeichnen, der auf dem Buß- und Betbänkchen niederknien sollte – da erhob sich schon Amanda mit hochroten Backen, aber mit Augen, die ganz dunkel waren vor Zorn, und sie sagte, die gnädige Frau brauche sich nicht zu bemühen, sie wisse schon, wer mit all diesem Gerede gemeint sei, und da stehe sie nun also und ob die gnädige Frau nun zufrieden sei –?!!
    Nach diesen Worten aber fuhr die Amanda Backs herum wie eine wahre Furie und giftete die schwarze Minna an, die mit ihren Händen am Rücken der Amanda schob und drückte, daß sie auch richtig nach vorn vor die Gemeinde trete: »Willst du wohl deine Dreckpfoten von meinem sauberen Kleide nehmen!? Ich lasse mich nicht nach vorn schieben – und von dir schon gar nicht! Und mit dem lieben Gott und mit Reue und Buße hat dies Theater schon gar nichts zu tun!«
    Mit diesem zornigen Anpfiff hatte Amanda ihre Gegnerin, die schwarze Minna, klein, und jetzt wandte sie sich wieder an die Versammlung und sagte (denn nun war sie in Fahrt): Jawohl, sie sei die, die gestern abend in ein Fenster geklettert sei, und damit sie auch alles haarklein wüßten – essei das Fenster im Beamtenhaus gewesen, das vom Inspektor Meier! Und sie schäme sich deswegen gar nicht, und sie könne auf mindestens zehn hier in der Versammlung zeigen, die in noch ganz andere Fenster stiegen, zu noch ganz andern Kerlen –!!!
    Und damit hob sie den Finger und fuhr mit ihm auf die schwarze Minna zu, die sich kreischend auf ihrer Bank niederduckte. Und Amanda hob wiederum den Finger, aber

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