Wolf unter Wölfen
Mann, es ist also kein Traum, jede Minute kann es Wahrheit werden …
»Jetzt links rein, den Steig hoch, Meier!«
Gehorsam wie ein Schaf, ekelhaft! Ja, dort droben auf der Höhe wird er es tun, muß er es tun … ein Verräter bleibt einVerräter ewig, Verräter ändern sich nicht, sie bessern sich nicht … es muß sein …
Was hat der Meier? Was schreit er? Ist er verrückt geworden?
Jetzt fängt er an zu laufen, er schreit immer lauter, er schmeißt die Koffer dem Leutnant vor die Füße …
Der reißt die Pistole hoch – zu spät, er muß ja aus nächster Nähe schießen, damit Selbstmord glaubhaft ist …
»Wir kommen ja schon, Herr Förster! Jawohl!« schreit Meier und läuft.
Da steht der Förster Kniebusch, neben ihm liegt ein verschnürter Mann in Blaubeerkraut und Moos.
»Gott sei Dank, daß Sie kommen! Ich konnte ihn wirklich nicht mehr weiterschleppen, meine Herren. Seit Stunden schleppe ich den Kerl …«
Förster Kniebusch ist ganz redselig, endlich ist er von diesem Alleinsein mit dem gefährlichen Kerl erlöst!
»Es ist der Bäumer aus Altlohe – du weißt doch, Meier, der Schlimmste von der ganzen Bande! Ich habe einen sehr guten Fang getan, Herr Leutnant, dieser Mann ist ein Verbrecher!«
Der Leutnant steht an einen Baum gelehnt, er ist ziemlich weiß im Gesicht. Aber er sagt ruhig: »Ja, Sie haben einen guten Fang getan, Förster. Aber ich –?«
Er starrt haßerfüllt auf den kleinen Meier. Der erwidert den Blick – trotzig, triumphierend …
»Na, denn guten Morgen und angenehme Verrichtung!« sagt der Leutnant plötzlich, dreht sich um und marschiert wieder den Waldweg zur Schneise hinunter. Als er bei den beiden Koffern ankommt, die dort weggeworfen liegen, kann er es nicht lassen: er tritt erst nachdrücklich auf den einen, dann auf den andern Koffer.
»Nanu!« sagt der Förster verwundert. »Was hat denn der? Warum ist denn der so komisch? Hat der Ärger gehabt mit seiner Versammlung? Ich habe doch alle ordentlich bestellt. Verstehst du das, Meier?«
»O ja!« sagt der kleine Meier. »Das versteh ich schon. Der hat ’ne schöne Wut auf dich!«
»Auf mich!« wundert sich der Förster. »Aber warum denn?!«
»Weil du nicht den Bock geschossen hast, den Bock, weißt du, für das gnädige Fräulein, weißt du!« sagt Meier. »Na, komm man, Kniebusch, jetzt gehen wir zusammen auf den Hof, und ich spann den Jagdwagen an, und wir holen den Kerl und meine Koffer …«
»Deine Koffer –? Sind denn das deine Koffer? Reist du denn?«
»Ach, i wo … Das sind doch die Koffer von dem Leutnant. Ich erzähl dir schon alles. Komm jetzt, wir gehen lieber nebeneinander, so hintereinander, da erzählt es sich nicht gut …«
3
Die Autotaxe hielt in der Tannenstraße. Nur schwer läßt sich der Chauffeur überreden, mit hinaufzukommen und die Sachen anzufassen …
»Det saren Se so, Jüngling, det jetzt noch keener unterwejens is. Die Diebe hier in Ballin, die sind imma unterwejens. Jetzt zumal. Und wer kooft mir eenen neuen Jummi, der ooch jar nich zu haben is!?! Sie doch bestimmt nich!«
»Na, meinswejen, weil’s noch bis zum Schlesischen jeht, für ’ne Molle und een Korn, wie man so sacht, aber een Kaffee is mir lieba! Leise soll ick sein –? Ick bin so leise wie ’ne Rejierung, wenn se Jeld klauen jeht! Die Brüda hören Se ooch nich, aber Ihr Jeld sind Se los, da fressen Se eenen Besen druff!«
»Hübschet Haus – een bißken düster … Zentralheizung is wohl nich? Aba Jas, Jas ham Se doch? Den Jas im Haus erspart die Preßkohle und den Strick zum Uffbammeln … ja, ick bin ja schon leise, so leise wie ick sind Sie noch langenich! – Mit det Schloß nun zum Beispiel, det hätte ick leiser befummelt … Sie drücken sich woll französisch, Jüngling, kleena Mietrückstand, was –?«
»Na, pusten Se sich bloß nich uff, ick war ooch im Felde; wenn Se mir anpusten, schrei ick so laut, dat de Bilder von de Wand rutschen. Sehen Se – jleich sind Se friedlich … So – und det is nu Ihre sojenannte Bude, was? Knorke mit ’nem kleenen Korn, so ha’ck dat nich bei Muttern … Und sojar ’n Schrankkoffer – da wer’n wa wohl zweimal jehn müssen, junger Mann …«
»Jottedoch! Wer liecht denn da auf die Chaiselongue –?! Ha’ ick mir erschreckt! ’ne olle Frau – und pennt janz friedlich. Na, nu sare ick noch keenen Ton mehr, die lassen wa schlafen, die hat sich ihren Schlaf vadient, die hat de janze Nacht jepackt, die olle Frau! – Det is aber
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