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Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Fallada
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keene Schlafbosten, det is Ihre jnädije Frau Mutta, was?! Na ja, ha’ ick mir ja jleich jedacht! Na, der würd ick aber doch ›atjeh‹ und ›juten Weech‹ saren, wo se de janze Nacht uff Ihnen gewartet hat … Scherbeln jewesen, was –? Na ja, Jugend hat keene Tugend, ick bin ooch nich anders jewesen in Ihren Jahren … Jetzt tut’s mir manchmal leid, jetzt, wo se tot is und uff ’m Matthäikirchhof liecht … Na ja, jeder Mensch macht wieda dieselben Dußlichkeiten, dafür is jesorcht, dat die nich alle wer’n …
    Na, nun man los, jeben Sie mir den Schrankkoffa man ruhich uff ’en Rücken, ick schaff det Dings alleene, ick bin jleich wieda da … Nee? Sie wollen jleich mit runta –? Na, meinshalben, jeder, wie er will, jeder so doof, wie er kann, sa’ ick!«
     
    »Na ja, det is wenichstens wat! Schreiben Se der ollen Frau een paar Zeilen uff, een bißken was Nettes, verstehn Se! – Wenn’s ooch Schwindel is – ’ne Mutta freut sich imma, weiß, det det Kind se beschwindelt, freut sich doch. Will mir doch nich weh tun, denkt se …«
     
    »Na also, hauen wir ab … Sachte, junger Mann, vorsichtig bei die Türe … Wenn wir se jetzt aufwecken, is es freilich Scheibe … so beim Türmen erwischt werden, det is jemein! Vorsicht doch! Achtung, Sie Dussel! Se wecken se ja! – Jott sei Dank, det wäre jeschafft … Nu leise de Flurtür zu … leise, sare ick, Jüngling! Leise is wat anderes wie mit ’nem Aweck! – Jotte doch, bubbert Ihr Herz ooch so? Ick habe eene Angst jehabt, wir wecken die olle Frau noch uff. Darin bin ick komisch. Eenen Mann, so wie Ihnen, kann ick glatt in die Schnauze schlagen, da denk ick mir jar nischt bei, aber so ’ne olle Frau …«

4
    Es stinkt – es stinkt atemraubend auf allen Gängen, Treppen, in allen Schlafsälen, in jeder Zelle, in den Arbeitsräumen und Werkstätten des Zuchthauses Meienburg, Die Abortkübel, die Desinfektionsmittel, das alte Werg, das gezupft werden muß, der Geruch angegangenen Dörrgemüses, Klippfisch und alte Socken, Kokosfasern und Bohnerwachs – eine dicke, heiße, verbrauchte, stinkende Luft. Auch über das Zuchthaus Meienburg ist gestern das Gewitter hingegangen, aber die feuchte, kühle Regenluft hat nicht einzudringen vermocht in den Riesenbau, das weiße Schloß über der Stadt aus Zement, Stahl und Glas.
    »Pfui Teufel! Stinkt das einmal wieder!« sagen die Beamten vom Morgendienst, die um drei Viertel sechs kommen.
    »Mensch, wie stinkt das bloß bei Ihnen!« sagt auch der Stationswachtmeister, der seinen Kalfaktor Hans Liebschner mit einem kräftigen Rippenstoß weckt. »Hoch, Mann, in zehn Minuten wird gekübelt. O Gott, und es stinkt schon jetzt so, daß mir mein ganzer Morgenkaffee hochkommt!«
    »Ich riech nichts, Herr Hauptwachtmeister«, beteuert Liebschner und fährt in die Hosen.
    »Zehnmal habe ich dir schon gesagt, daß ich Oberwachtmeister bin, nicht Hauptwachtmeister«, brummelt der Alte.»Auf die süße Tour erreichen Sie bei mir doch nichts, Liebschner …«
    »Und ich möchte doch so gerne bei Ihnen was erreichen, Herr Hauptwachtmeister«, schmeichelt Liebschner mit grinsendem, übertriebenem Augenverdrehen.
    »Und was möchtste denn erreichen, mein Sohn?« Der Beamte lehnt an der Tür, wippt mit den Schultern die schwere Stahlplatte hin und zurück und sieht nicht ohne Wohlwollen auf seinen Kalfaktor. »Du bist ein richtiger Galgenvogel!«
    »Ich möchte so gerne auf Außenarbeit, auf Erntekommando«, bettelt Liebschner. »Wenn Sie mich dafür eingeben würden, Herr Hauptwachtmeister?«
    »Warum denn, Mensch? Du stehst doch hier nichts aus als Kalfaktor!!«
    »Aber ich vertrag die Luft nicht!« klagt der Gefangene mit erbärmlicher Stimme. »Mir ist so benommen im Kopf, ich kann überhaupt nichts mehr essen, und dann wird mir immer so übel von dem Gestank …«
    »Und eben noch hast du nichts gerochen! Nee, mein Sohn, ich will dir sagen, was dir ist. Nach Türmen ist dir – stiften möchtest du gehen – zu den kleinen Mädchen, was?! – Daraus wird nichts! Hier bleibst du!« – Ganz dienstlich: »Außerdem ist es unzulässig, daß ein Zuchthausgefangener vor Verbüßung von mindestens der Hälfte seiner Strafe auf Außenarbeit kommt.«
    Der Gefangene knotet stumm, mit gesenktem Kopf, an seinen Schuhen. Der Oberwachtmeister wippt weiter mit seiner Stahltür und betrachtet dabei den gesenkten, geschorenen Schädel.
    »Herr Oberwachtmeister …«, sagt der Gefangene Liebschner und sieht entschlossen auf.
    »Nu

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