Wolf unter Wölfen
nichts von dem, was er Ihnen sagt! Wir sind Beamte des Rittmeisters – der Alte geht uns nichts an.«
»Ach, Studmann, Sie sind ja ein Pessimist – ich bin überzeugt, der Alte ist ein ganz fröhlicher Nußknacker.«
»Und ich bin überzeugt, daß es sogar mit dem Brief, den wir abgeben sollten, seine eigene Bewandtnis hat. Nun, wir werden ja sehen. Also gehen wir.«
Sie gingen.
Unterdes stand der alte Herr in seinem Arbeitszimmer im Schloß und drehte an der Kurbel des Telefons, als drehe er die Kurbel einer Kaffeemühle. Er rief den Nebenanschluß Försterei. Schließlich hörte er die quakige Stimme des Försters, der sich meldete.
»Sitzen Sie auf Ihren Ohren, Kniebusch?! Sie können wohl nur noch schlafen? Na, warten Sie man, ich werde schon dafür sorgen, daß Sie ruhen können, Kniebusch – aber ohne Ruhegeld von mir! – Hören Sie überhaupt, Kniebusch?«
»Jawohl, Herr Geheimrat!«
»Na also, Jott sei’s jetrommelt und jepfiffen, Sie hören noch. Dann hören Sie jetzt mal zu! Ich habe hier eben die beiden frisch importierten Berliner Tagediebe von meinem Herrn Schwiegersohn auf dem Hof herumlungern sehen, mit Badeanzug unterm Arm. Die wollen sicher in unsere Forst, in den Krebsteichen baden. Machen Sie sich sofort auf Ihre Sohlen und pirschen sich sachte an, und wenn die Herren im Wasser sind, aber nicht eher, machen Sie ihnen begreiflich, daß das meine Krebsteiche sind und daß sie einen Dreck darin zu baden haben! Meinethalben beschlagnahmen Sie die Kleider, das gibt ein Gelächter; ich vertret das, Kniebusch, ich schütze Sie …«
»Aber, Herr Geheimrat, ich kann doch nicht … Der eine Herr ist Oberleutnant und duzt sich mit dem Herrn Rittmeister …«
»Na, wat denn, Kniebusch, wat denn?! Was hat denn das damit zu tun, daß er in meinen Krebsteichen badet? Ich sage Ihnen, machen Sie das ordentlich, und von sich aus – unterstehen Sie sich nicht zu sagen, daß ich Sie geschickt habe! Sonst erleben Sie was – nee, sonst erleben Sie gar nichts mehr …«
»Jawohl, Herr Geheimrat …«
»Und noch was, Kniebusch! He, Mensch, was haben Sie es so eilig? Wenn Ihr Chef mit Ihnen redet, dann warten Sie ab, bis Sie entlassen sind, aber Sie können es wohl gar nicht abwarten mit Ihrer Entlassung. Hören Sie, was ich sage, Kniebusch –?«
»Jawohl, Herr Geheimrat …«
»Also gestern hat der Untersuchungsrichter aus Frankfurt angerufen – der Bäumer hat über vierzig Fieber und liegt noch immer besinnungslos. Und es wäre eine Folge von Ihrer rohen Behandlung …«
»Aber ich konnte doch nicht, Herr Geheimrat …«
»Natürlich konnten Sie, Mensch! Sie hätten laufen müssen, Umschlag machen, Arzt holen, Krankenschwester, meinethalben noch die Hebamme Müllern – so ’n armer Mensch, ist ja bloß ein armer guter Wilderer, wenn der auf Sie schießt, ist es doch nur, weil Sie schlechter Mensch ihm keinen Rehbraten gönnen – nicht wahr? Das kann doch so ’n Untersuchungsrichter ihm nicht übelnehmen, was, ist doch nur ein armer Mitmensch, was?«
»Ach, Herr Geheimrat, was soll ich denn bloß tun –?«
»Gar nichts soll’n Se tun. Aber ich halt Sie, Kniebusch, ich habe dem Genossen Untersuchungsrichter schon meine Meinung gegeigt. Aber nun machen Sie mir diese Sache auch ordentlich! Murr, Kniebusch, ruckzuck, Baden verboten, Pfändung der Kleider üblich …«
Der Geheimrat hängte ab und grinste. Er holte sich eine Zigarre und schenkte sich einen Kognak ein. Nach getaner Arbeit setzte er sich in seinen Ohrensessel zu einem Nickerchen.
Warum der Schulze Haase bloß so ungünstig über Kniebusch ans Gericht geschrieben hat? schoß es ihm durch den Kopf. Das paßt mir nicht. Dem will ich auch noch zeigen, wo der Hase im Pfeffer liegt. Der hat zu berichten, wie ich will. Aber da stinkt was – und was da stinkt, das bekomme ich auch noch raus, und wenn’s einen ganzen Tag dauern soll!
3
»Da gehen sie«, sagten die Leute im Dorf und sahen den »beiden Berliner Detektiven« nach. »Wie dumm so was doch unsereinen hält, daß wir ihnen glauben sollen, sie sind Landwirte!« – »Hast du die Hände von dem Jungen gesehen, Vadder? Der hat noch nie ’nen Forkenstiel angepackt!« – »Aber gestern beim Roggen hat er ganz tüchtig mitgegabelt!« – »Ach, das ist nur Verstellung! Den kleinen Meier haben sie schon fortgeschafft, gleich nach Meienburg soll er gekommen sein!« – »Aber warum sind sie denn noch immer hier?« – »Das weißt du nicht, wer der nächste ist?« – »Der
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