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Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Fallada
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die Sachen von denen, die hier baden!« sagte der Förster trotzig.
    »Nicht zum Beispiel die von Fräulein Sophie. – Nun, lassen wir das. Wie oft haben Sie denn hier schon Kleider beschlagnahmt, Herr Förster Kniebusch?«
    »Das brauche ich Ihnen gar nicht zu sagen. Ich bin bei Herrn Geheimrat angestellt, nicht beim Rittmeister«, sagte der Förster trotzig. Er schielte nach den Sachen, nach dem Waldrand – und fühlte sich überhaupt so, als säße er leise bratend in der Hölle. Die Unterhitze gab der Herr von Studmann, die Oberhitze schlug vom Geheimrat herüber.
    »Ich frage nur darum«, sagte Herr von Studmann, »weil Sie doch schon viel Unannehmlichkeiten mit diesen Beschlagnahmen gehabt haben müssen?«
    Trotzig schwieg der Förster.
    »Oder sind Sie Hilfspolizeibeamter?«
    Der Förster schwieg.
    »Aber vielleicht sind Sie vorbestraft? Dann würde es Ihnen nicht soviel ausmachen, ohne jeden Rechtsgrund Kleider zu beschlagnahmen.«
    Sophie lachte hell, Pagel räusperte sich dröhnend, dem Förster aber stieg die Röte bis in die Augen, die klein und trübe wurden. Doch er schwieg.
    »Wir sind Ihnen namentlich bekannt. Sie konnten uns wegen verbotenen Badens anzeigen. Zweifel, daß wir eine etwa verhängte Strafe bezahlt hätten, bestanden nicht – warum also Beschlagnahme?«
    Die drei sahen stumm auf den einen. Der Förster rutschte hin und her, er wollte etwas sagen. Dann sah er wieder nach dem nahen Waldrand. Er stand halb auf, aber zwischen ihm und der rettenden Deckung war das Bein des jungen Pagel – der Förster setzte sich wieder.
    »Herr Förster Kniebusch«, sagte Herr von Studmann, immer in dem gleichen freundlichen, geduldigen Ton, als erkläre er einem trotzigen Kinde etwas, »wollen Sie nicht offen mit uns reden? Sehen Sie, wenn Sie uns hier nicht Bescheid sagen, werden wir alle zu Herrn Geheimrat von Teschow gehen. Ich werde ihm die Situation auseinandersetzen, in der wir Sie hier abgefaßt haben, und wir werden dann ja doch hören, um was es hier ging.«
    Von Studmann schwieg, der Förster hatte den Kopf gesenkt, man sah sein Gesicht nicht.
    »Wenn Sie uns hier aber die Wahrheit sagen, so verspreche ich Ihnen ehrenwörtlich, daß die Sache ganz unter uns bleibt. Ich glaube, ich kann auch für das Schweigen von Fräulein Sophie einstehen, nicht wahr –?« Sophie nickte. »Ja, wir wollen Ihnen gerne helfen, irgendwie mit Anstand aus dieser Situation herauszukommen …«
    Der Förster hob den Kopf, er stand auf. In seinen Augen waren Tränen, und während er nun sprach, lösten sich diese Tränen und rannen in den Bart hinunter. Andere folgten, und sie liefen klar und blank aus den Augen des alten Mannes,der dabei immer weiter sprach, ohne Schluchzen: Alterstränen, Greisentränen, die von selbst liefen.
    »Ja, meine Herren«, sagte der Förster Kniebusch, »aber mir kann keiner helfen. Ich verstehe ja, Sie sind ganz freundlich zu mir, und ich nehme es auch mit Dank an, das mit dem Ehrenwort und dem Schweigen. Aber ich bin doch ein verlorener Mann. Ich bin eben zu alt – und wenn man zu alt ist, glückt einem nichts mehr. Nichts hat man mehr – alles, was einen mal gefreut hat, ist weg … Ich hab da nun den schlimmsten Wilddieb, den Bäumer, gefangen, und ich will jetzt die Wahrheit sagen: ich habe nichts dazu getan, er ist einfach vom Rad auf einen Stein geflogen und gleich bewußtlos gewesen. Alles, was ich vom Kampf erzählt habe, ist nur gewesen, um mich rauszustreichen … Ich wollte recht schlau sein, aber ein alter Mann soll nicht schlau sein wollen, er ist nur noch alt …«
    Sie saßen ganz still, und was die jungen Leute, die Sophie und den Wolfgang, anging, so sahen sie vor sich hin. Denn sie schämten sich vor dem weinenden alten Mann, der so schamlos sein Inneres nach außen kehrte. Herr von Studmann aber hatte seine braunen Augen aufmerksam auf den Förster Kniebusch gerichtet, und ab und zu nickte er mit dem Kopfe.
    »Ja, meine Herren«, fuhr der Förster Kniebusch fort, »und nun wollen sie mir ja auf dem Gericht einen Strick daraus drehen, weil der Bäumer hohes Fieber hat, und der einzige, der mich verteidigen kann, ist der Herr Geheimrat. Und wenn ich nicht tu, was er will, so verteidigt er mich nicht, sondern nimmt mir noch mein Brot, und was soll dann aus mir und meiner kranken Frau werden?«
    Der Förster stand, als habe er seine Rede ganz vergessen, aber unter dem Blick von Herrn von Studmann besann er sich und fuhr fort: »Ja, und heute nach dem Essen ruft er mich

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