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Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Fallada
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Oktober zahlen.«
    »Und man kann das, Herr von Studmann?«
    »Man kann das, gnädige Frau.«
    »Sieh da!« rief der Rittmeister halb lachend, halb ärgerlich. »Unser lieber Studmann! Erst ängstigt er uns, und nun hat er die Rettung in der Hand!«
    »Es gibt nämlich«, sagte Studmann ganz ungerührt, »Leute, die an einen bodenlosen Fall der Mark glauben, die auf Baisse spekulieren, wie man so sagt. Die sind bereit, dir schon heute dein Korn abzukaufen, Prackwitz, zahlbar am ersten Oktober, lieferbar Oktober – November … Ich habe da ein paar Angebote …«
    »Ein Heidengeld werden die Brüder an meinem Korn verdienen!« rief der Rittmeister erbittert.
    »Aber du kannst Papa die Pacht pünktlich und richtig geben, Achim! Darauf kommt es doch an.«
    »Gib mir die Wische, Studmann«, sagte Prackwitz grämlich. »Ich seh sie mir mal durch. So eilig wird es ja nicht sein. Jedenfalls bin ich dir sehr dankbar …«
    »Die zweite Frage ist die«, begann Herr von Studmann nun, »ob es überhaupt einen Zweck hat, die Pachtung zu bezahlen …«
    Er schwieg und sah die beiden an. Aus den Wolken gefallen, dachte er. Wie die Kinder …
    »Aber wie –?« fragte Frau von Prackwitz verwirrt. »Papa muß doch sein Geld haben?«
    »Was du dir da wieder ausgedacht hast, Studmann!« widersprach der Rittmeister sehr ärgerlich. »Als wenn es nicht schon ohnedies Schwierigkeiten genug gäbe! Sich auch noch Schwierigkeiten ausdenken –!«
    »Es steht doch im Vertrage«, rief Frau von Prackwitz wieder,»daß wir die Pachtung sofort verlieren, wenn nicht pünktlich und vollständig gezahlt wird!«
    »Ich erfülle meine Verpflichtungen –!« erklärte der Rittmeister eisern.
    »Wenn du es kannst!« meinte Herr von Studmann. Und eifriger: »Höre zu, Prackwitz, unterbrich mich mal nicht. Hören Sie bitte auch zu –. Es wird ein wenig peinlich, ich muß von Ihrem Herrn Vater sprechen … Nun, reden wir von Verpächter und Pächter. Denn auch für dich wird einiges Bittere abfallen, mein lieber Prackwitz, für dich, den Pächter …
    Das Studium dieses Pachtvertrages ist nicht uninteressant. Wenn man sich hineinvertieft, wird man an den Vertrag von Versailles erinnert, über dem die Devise steht: ›In die Hölle mit dem Besiegten!‹ Über diesem Pachtvertrag stehen die Worte: ›Wehe dem Pächter!‹«
    »Mein Vater …«
    »Der Verpächter, gnädige Frau, nur der Verpächter. Ich will nicht von all den kleinen niederträchtigen Bestimmungen reden, die sich zu Katastrophen auswachsen können. Der Fall mit dem elektrischen Licht hat mir die Augen geöffnet. Mein lieber Prackwitz, wäre ich nicht gewesen, du wärest schon über diese Kleinigkeit gestürzt, und du solltest darüber stürzen. Aber ich war da, und der Gegner zog sich zurück. Er wartet, daß du über die Pachtzahlung fallen sollst, und du wirst darüber fallen …«
    »Mein Schwiegervater …«
    »Mein Vater …«
    »Der Verpächter«, sprach von Studmann mit starker Stimme, »hat den Pachtpreis mit anderthalb Zentner Roggen pro Morgen festgesetzt. Erste Frage: Ist das eine tragbare Pacht?«
    »Sie ist vielleicht ein bißchen hoch …«, fing der Rittmeister wieder einmal an.
    »Die staatlichen Domänen hier in der Nähe zahlen sechzig Pfund Roggen pro Morgen, du zahlst weit über das Doppelte. Und wohlgemerkt: Die Domänenpächter hatten zumletzten Termin nur Abschlagszahlungen zu leisten und werden beim kommenden Termin wahrscheinlich gar nichts zahlen. Sie verlieren darum ihre Pachtung nicht; du aber, wenn du nicht pünktlich und vollständig zahlst, nun, du weißt ja, deine Frau hat es eben gesagt …«
    »Mein Bruder in Birnbaum …«
    »Richtig, gnädige Frau, Ihr Herr Bruder in Birnbaum zahlt, wie er überall stöhnend erzählt, dem Verpächter die gleiche Pacht. Aber, was dem einen Kinde recht ist, ist dem andern Kinde – zu teuer. Man hört nämlich überall, daß Ihr Bruder in Wirklichkeit nur neunzig Pfund bezahlt, seinem Vater aber hat versprechen müssen, nur von hundertfünfzig Pfund zu reden. Warum er das tun soll …«
    »Mein lieber Studmann, das wäre ja so etwas wie Betrug. Ich bitte dich sehr …«
    »Mein Bruder … mein Vater …«
    »Kann man diese Pachtsumme also schon als recht hoch bezeichnen, so könnte ja Neulohe immerhin ein so vorzügliches Gut sein, daß selbst eine ungewöhnlich hohe Pachtsumme berechtigt wäre. Ich habe in diesem Büro«, sagte Herr von Studmann und ließ einen ernsten, mißbilligenden Blick über die Regale schweifen,

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