Wolf unter Wölfen
tausendfünfhundert Morgen, in Wirklichkeit zahlst du also zwei Zentner Roggenpacht.«
»Ich fechte den Vertrag an! Ich verklage den Kerl!« schrieder Rittmeister und schien aus der Tür fahren zu wollen, wie er ging und stand, hin zum nächsten Gericht.
»Ach, Achim!« klagte Frau von Prackwitz.
»Setze dich hin!« rief Herr von Studmann. »Du weißt nun alles. Jetzt wollen wir über den Schuldigen zu Gericht sitzen, nämlich über dich. Ruhig, Prackwitz! Wie hast du diesen Schandvertrag unterschreiben können? Sie haben ihn übrigens mit unterschrieben, gnädige Frau. – Na, sprich, Prackwitz. Du kannst jetzt reden.«
»Wie kann man denken, daß man so gemein hereingelegt wird – unter Verwandten!« rief der Rittmeister unmutig. »Ich habe gewußt, daß mein Schwiegervater knietschig und hinter dem Geld her ist wie der Kater hinter dem Baldrian. Aber daß er seiner eigenen Tochter den Hals abschneidet, nee, Studmann, ich kann es noch immer nicht glauben …«
»Herr von Teschow ist kein dummer Mann«, meinte Herr von Studmann. »Wenn er so einen Vertrag machte, wußte er auch, daß er nicht zu erfüllen war. Er muß doch eine Absicht dabei gehabt haben – kannst du darüber etwas sagen, Prackwitz? Bitte auch Ihre Ansicht, gnädige Frau …«
»Ich weiß doch nicht, was mein Vater sich denkt …«, sagte Frau Eva, aber sie wurde rot unter dem prüfenden Blick Studmanns.
»Ich schmeiße ihm den Krempel vor die Füße!« schrie der Rittmeister. »Ich gehe zum Gericht …«
»Nach Paragraph 17 löst jeder Einwand gegen eine Bestimmung des Vertrages das Pachtverhältnis. Wenn du die Klage eingereicht hast, bist du schon nicht mehr Pächter. – Wie ist der Vertrag zustande gekommen? Er ist doch neu, du wirtschaftest doch schon länger hier …«
»Ach, das sind ja alles olle Kamellen, das hat hiermit gar nichts zu tun. Als ich aus dem Baltikum wiederkam, hatten wir gar nichts. Meine Pension sollte ich nicht kriegen, ich war ja ein Vaterlandsverräter. Da sind wir hier erst als ›Besuch‹ untergekrochen. Ich hatte nichts zu tun. Ich bin mit dem Herrn Schwiegervater über die Felder gelaufen, habe geholfen –tüchtig geschuftet habe ich! Hat mir damals Spaß gemacht. Na, und eines Tages sagte er: ›Ich bin alt, nehmen Sie den Knatsch, wie er steht und geht, mal erbt die Eva doch alles.‹ Und da habe ich eben alleine zu wirtschaften angefangen …«
»Ohne allen Vertrag?«
»Ja, ohne Vertrag.«
»Und was hast du für Pacht gezahlt?«
»Da war gar nichts abgemacht. Wenn er Geld gebraucht hat, habe ich es ihm gegeben, wenn ich welches hatte; und wenn ich keines hatte, hat er eben gewartet.«
»Und weiter?«
»Ja – eines Tages hat er dann gesagt: ›Nun wollen wir einen Vertrag machen.‹ Und da haben wir diesen Schandvertrag gemacht, und nun sitze ich drin!«
»Einfach so gesagt ›Vertrag machen‹ – da muß doch etwas vorgekommen sein?«
»Gar nichts ist vorgekommen!« rief der Rittmeister eilig. »Ich habe mir gar nichts dabei gedacht.«
»Da fehlt was«, beharrte Studmann. »Nun, gnädige Frau –?« Sie war schon wieder rot. »Nun, Achim«, sagte sie zögernd. »Wollen wir es nicht lieber sagen? Es ist doch besser …«
»Ach, die alten Geschichten!« grollte der Rittmeister. »Studmann, du bist ein richtiger Bohrer. Was nützt es dir denn, wenn du das auch noch weißt – davon wird der Vertrag nicht anders.«
»Gnädige Frau!« bat Studmann.
»Eine Weile, ehe das mit dem Vertrag kam«, sagte Frau von Prackwitz leise, »habe ich einen Streit mit Achim gehabt. Er dachte mal wieder, er müßte eifersüchtig sein …«
»Ich bitte dich, Eva, mach dich nicht lächerlich!«
»Doch, Achim, so war es. Nun, Sie kennen Ihren Freund, und ich kenne ihn auch. Er kocht dann gleich über, er macht einen Krach, man denkt, die Welt geht unter. Schreit von Scheidung, Ehebruch – nun, es hört sich nicht schön an. Aber ich bin es ja nun fast zwanzig Jahre gewöhnt und weiß, er denkt sich wirklich nichts dabei …«
»Liebe Eva«, sprach der Rittmeister mit steifer Würde, »wenn du weiter so über mich reden willst, darf ich wohl das Büro verlassen.« Doch blieb er unter der Tür stehen. »Und im übrigen war ich völlig im Recht. Dieser Flirt mit Truchseß …«
»… ist Jahre her«, unterbrach Studmann eilig. »Bitte, setze dich wieder, Prackwitz. Vergiß nicht, wir verhandeln hier wegen deines Geldes …«
»Ich will nichts mehr von diesen Geschichten hören!« rief der Rittmeister drohend,
Weitere Kostenlose Bücher