Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Fallada
Vom Netzwerk:
setzte sich aber doch.
    »Weiter, gnädige Frau«, bat Herr von Studmann. »Es gab also eine kleine eheliche Auseinandersetzung –?«
    »Ja, und leider hörte sie mein Vater mit an, ohne daß wir es wußten. Von da an war er fest überzeugt, daß Achim mich quälte und mißhandelte …«
    »Lächerlich!« knurrte der Rittmeister. »Ich bin der ruhigste, friedfertigste Mensch …«
    »Wochenlang lag er mir in den Ohren, ich sollte mich von Achim scheiden lassen …«
    »Was?!« schrie der Rittmeister und sprang mit einem Satz auf. »Das ist ja das Neueste! Du sollst dich von mir scheiden lassen?!«
    »Setze dich, Prackwitz«, mahnte Studmann. »Es sind ja, wie du sagst, ganz alte Geschichten. Deine Frau ist nicht geschieden …«
    »Nein, Papa sah ein, daß ich nicht wollte. Er hängt viel mehr an mir, als man denkt.« Sie war wieder sehr rot. »Ja, und da kam schließlich dieser Vertrag …«
    »Nun verstehe ich ihn«, sagte Herr von Studmann und war wirklich sehr zufrieden. »Und du verstehst ihn hoffentlich auch, Prackwitz, und weißt, wie du dich verhalten mußt. – Ihr Mann soll die Nerven verlieren, er soll unerträglich werden, er soll wirtschaftlich ruiniert werden, seine Unfähigkeit soll bewiesen werden, er soll Schulden über Schulden haben …«
    »Und das Ganze nennt man Schwiegervater!« rief derRittmeister empört. »Ich habe ihn ja nie leiden mögen, aber ich habe doch immer gedacht: Schließlich ist er in seiner Art ein ganz guter Kerl …«
    »Lieber Prackwitz«, sagte Studmann etwas spitz, »manche Leute halten die andern nur deswegen für gut, weil es ihnen so am bequemsten ist. – Wenn du dich jetzt aber nicht zusammennimmst und deinen Schwiegervater etwas von dem merken läßt, was du weißt, dann bist du glatt verloren!«
    »Das ist ausgeschlossen!« rief der Rittmeister zornig. »Ich muß ihm meine Meinung sagen können! Wenn ich nur an ihn denke, wird mir schon rot vor Augen!«
    »So machst du einfach kehrt, wenn du ihn aus der Ferne siehst. Prackwitz, tu deiner Frau die Liebe, nimm dich zusammen. Versprich uns, daß du dich nicht gehenläßt, keinen Streit anfängst, dich nicht reizen läßt. Geh weg, sag: Herr von Studmann ordnet das – fertig! Das ist deinem Schwiegervater viel unangenehmer, als wenn du loskollerst – das will er ja grade!«
    »Ich kollere nicht«, sagte der Rittmeister gekränkt. »Puter kollern – ich bin kein Puter!«
    »Also du versprichst es uns – schön! Großartig! Du wirst doch jetzt deine Ernte nicht im Stich lassen –«
    »Wenn ich sie ihm doch geben muß …«
    »Laß mich das machen! Laß mir alles Geschäftliche. Ich werde schon Wege finden! Jetzt nimmst du doch erst einmal Geld ein, viel Geld, Resultat deiner Arbeit – was wir dann im Winter tun werden, werden wir ja sehen …«
    »Herr von Studmann hat recht«, sagte Frau von Prackwitz eifrig. »Dies wäre der falscheste Augenblick, die Pachtung aufzugeben. Überlaß ihm alles …«
    »Na ja, ich bin ja nur so ein Trottel«, brummte der Rittmeister. »Das ist ein Mann, der Studmann! Kapiert in drei Wochen mehr als ich in drei Jahren. Ich –«
    »Die Leute kommen!« stürzte Weio ins Büro.
    Langsamer folgte ihr Pagel.
    »Also!« sagte der Rittmeister, erfreut, dem verhaßtenBüro entfliehen zu können. »Kommen sie endlich! Ich dachte, da gäbe es auch schon wieder Schwierigkeiten! – Lieber Pagel, kümmern Sie sich mal ein bißchen darum, daß die Kerls gleich Essen fassen können, daß das Arbeitsgerät richtig ausgegeben wird und so weiter. Sie brauchen dann heute nachmittag nicht aufs Feld …«
    Pagel sah seinen Chef mit hellen Augen freundlich an. »Jawohl, Herr Rittmeister!« Er knallte mit den Absätzen und verließ das Büro.
    »Aber, Prackwitz, was machst du denn?!« rief Studmann. »Du hast doch Pagel entlassen! Um drei soll er doch abfahren!«
    »Ich Pagel entlassen –? Ach, sei doch nicht albern, Studmann! Du siehst doch, der Junge hat mich ganz richtig verstanden. Mal ein ordentliches Donnerwetter, wenn so ein junger Hund frech wird – und erledigt! Ich bin doch nicht nachtragend!«
    »Nein, du nicht!« sagte Studmann. »Na, sehen wir uns mal die Leute an. Ich bin doch gespannt, wie so eine Kollektion von fünfzig Zuchthäuslern aussieht!«

5
    Ja, da kamen sie –!
    Dort, wo die Landstraße nach Meienburg-Ostade in Neulohe einmündet, tauchten sie auf, in Viererreihen, an der Seite jeder vierten Reihe ein Wachtmeister – und sie sangen laut, schallend und gefühlvoll das Lied vom

Weitere Kostenlose Bücher