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Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Fallada
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Sophie Kowalewski ruhen. Die Amanda, derb wie ein starkknochiges belgisches Pferd, scheint ihm nicht in Frage zu kommen. (Obwohl man über den Liebesgeschmack eines andern nie urteilen kann!) Die Sophie – nun ja, ganz hübsch, aber bei näherem Zusehen findet Studmann doch, daß ihr Gesicht manchmal durch die mädchenhaften Züge hindurch etwas Böses, Scharfes bekommt. Dann sind ihre Augen wie Stecknadeln, ihre Stimme wird fast heiser.
    So, als sie jetzt zu dem Oberwachtmeister Marofke sagt: »Soll das etwa ein Mißtrauen gegen uns sein?!«
    Der Herr Marofke mag vielleicht eine putzige Kruke sein, vor allem leicht zerbrechlich, ein erfahrener Strafanstaltsbeamter ist er doch. Studmann denkt, es hätte schlimmer kommen können.
    Marofke hat die vier Essenholer mit dem Kollegen Siemens vor der Waschküchentür warten lassen. Er hat sich von den Mädchen einen Löffel Essen zum Abschmecken geben lassen, er hat sie sogar belobigt: »Da steckt Murr drin! Da werden meine Jungen lachen!«
    Dann hat er ihnen gezeigt, wie sie das Mannschaftsessen bereitstellen sollen, und nun hat er ihnen gesagt, daß sie sich, ehe die Leute zum Essenholen hereinkommen, in den Kellergang zurückzuziehen haben. Darauf hat Fräulein Sophie sehr böse gefragt: »Soll das etwa ein Mißtrauen gegen uns sein?!«
    »I wo«, sagt der kleine Marofke ganz friedlich. »Das gilt für alles Weibliche – nicht bloß für so ’ne kleine Hübsche!«
    Sophie Kowalewski wirft den Kopf zornig in den Nacken und ruft: »Wir machen uns nicht mit solchen Zuchthäuslern gemein! So was müssen Sie nicht von uns denken!«
    »Aber meine Jungen machen sich schrecklich gern mit Ihnen gemein, Fräulein«, erklärt der Oberwachtmeister.
    »Komm doch, Sophie!« mahnt auch Amanda. »Was mir schon daran liegt, die Kerle zu sehen!«
    Aber Sophie ist seltsam hartnäckig – ach, sie hat den Kopf verloren, nur um sofort zu erfahren, ob er mitgekommen ist, setzt sie alles so listig Begonnene aufs Spiel! Wozu hat sie sich denn um den Posten in dieser alten häßlichen Küche beworben, macht ihre gepflegten Hände mit Kartoffelschälen und Kaltwasserpanscherei rot und häßlich, hat auf ihre schöne freie Zeit verzichtet – wenn sie ihm hier nicht einmal begegnen soll?! Nun ist sie ja schlechter daran als alle andern: hätte sie vor der Schnitterkaserne, an der Dorfstraße gestanden, dann hätte sie ihn doch wenigstens vorübermarschieren sehen!
    Sie wagt alles, sie stellt kopflos sogar ihre guten Beziehungen zu Herrn von Studmann auf die Probe, sie sagt zu ihm: »Nicht wahr, Herr von Studmann, der Herr darf mich doch nicht aus meiner eigenen Küche schicken? Der Herr hat mir doch gar nichts zu sagen!«
    Herr von Studmann denkt immerzu scharf nach, er beobachtet genau, aber er kann den Schlüssel zu diesem Rätsel nicht finden! »Seien Sie vernünftig, Fräulein Sophie«, sagt er freundlich, »erschweren Sie dem Herrn seinen Dienst nicht noch.«
    Herr von Studmann ist überrascht von dem bösen, scharfen Blick, den Sophie auf den Oberwachtmeister wirft, ein Blick voller Haß. Aber warum in aller Welt soll Sophie den kleinen spitzbäuchigen Herrn hassen?! Es ist nur dieser eine Blick; nun, nachdem alles umsonst war, rettet Sophie, was zu retten ist.
    »Natürlich gehe ich gerne aus meiner Küche, wenn mir das gesagt wird«, zieht sie sich zurück. »Nur können Amanda und ich dann für nichts hier aufkommen – die gnädige Frau hat uns alles zugezählt, Tücher und Geschirr …«
    Damit klappt die Tür zum Kellergang, die beiden Mädchen sind fort. Der Oberwachtmeister ruft seine Leute herein, die vorsichtig das bereitgestellte Essen in die Tragkessel umschütten. Dabei flüstert Herr Marofke dem Oberleutnant zu: »Ich habe erst gedacht, es ist die schlanke Hübsche – die von Herrn Pagel, verstehen Sie? Aber es muß die andere sein. Die kleine Hübsche ist scharf auf meine Jungen, scharf wie Gift. Auf die werde ich ein Auge haben, die will sich was anlachen!«
    »Aber nein!« protestierte Herr von Studmann nicht ganz überzeugt. »Ich kenne Fräulein Sophie als sehr anständig …«
    Ich kenne sie ja gar nicht, denkt er plötzlich. In der Eisenbahn damals hatte ich sogar einen ausgesprochen schlechten Eindruck von ihr …
    »Sie ahnen ja nicht«, sagt der Oberwachtmeister belehrend, während die beiden hinter den Essenholern zur Kaserne zurückgehen, »wie komisch das mit den Weibern ist. Manche sind ganz verrückt nach unsern Jungen … Kennen sie gar nicht; aber grade,

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