Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Fallada
Vom Netzwerk:
weil es Zuchthäusler sind! Früher haben wir in Meienburg im Winter, wenn Schnee lag, die Straßen gefegt. Sie können sich nicht denken, was mancheFrauen aufgestellt haben, um Briefe einzuschmuggeln … Nee, Herr von Studmann, darin sind die Weiber ein völliges Rätsel, und die schlanke Hübsche …«
    »Jawohl«, sagt Herr von Studmann von Zeit zu Zeit. Er findet dies auch rätselhaft. Aber er wird das Rätsel schon lösen. Vorerst steht er einmal in dem Gemeinschaftsraum und sieht zu, wie die Kerls es sich schmecken lassen. Jawohl, es schmeckt ihnen, und während sie hastig an dem einen Schlag löffeln, schielen sie schon wieder nach dem Kessel, ob wohl noch ein zweiter und womöglich ein dritter Schlag darin ist.
    Aber der Clou, der Gipfel sind doch die Salzkartoffeln! Kartoffeln, nicht in der Suppe mitgekocht, in der sie ja doch nur hart werden, sondern extra gekocht, in einem Riesentopf! Das haben die Jungen nicht mehr gehabt, seit sie »drin« sind. Manche rollen die heißen Kartoffeln von einer Hand in die andere und essen sie so, ohne Suppe, sobald sie ein wenig abgekühlt sind.
    »Großartig, Herr Chef!« rufen sie zu Studmann. »Können Sie uns nicht mal Pellkartoffeln und Hering machen lassen –?«
    »Könnt ihr haben«, verspricht Herr von Studmann.
    »Ick hab den Matjes gerne mit Sahne!« ruft eine Stimme.
    »Und schön auf Eis, wat, Herr Chef?«
    »Ick«, ruft ein dritter, »muß zu den Pellkartoffeln aber ’ne Braut haben, die die Pelle abschält … Wenn Se dat machen könnten, Herr Chef?«
    Brüllendes Gelächter.
    So sind sie, schlimmer sind sie nicht, aber besser sind sie auch nicht. Zutraulich und frech, leicht zufrieden und gierig – sie haben viel von Kindern, denkt Herr von Studmann, nur nicht deren Unschuld.
    Jetzt stürmen sie auf Herrn von Studmann ein. Ihr Hunger ist gesättigt. Nun betteln sie um Tabak! Tabak, das Beste auf der Welt, solange man ihn entbehrt; das Selbstverständliche, wenn man ihn hat. Sie wissen, sie haben erst ein Anrecht auf ihn, wenn sie eine Woche gearbeitet haben: kommendenSonntag sind zwei Päckchen Tabak pro Kopf fällig. Aber auch darin sind sie wie die Kinder, eine Freude, die erst morgen, die erst Sonntag kommt, ist gar keine Freude – gleich muß es sein!
    Nun, Herr von Studmann läßt sich auch breitschlagen, er verspricht, den jungen Pagel mit fünfzig Paketen Tabak zu schicken. Er geht ins Beamtenhaus. Die Gefangenen finden, daß er ein großartiger Kerl ist, sie werden ihm noch das Fell von den Rippen schwatzen, schwören sie. Den werden wir noch tüchtig melken, sagen sie, das ist einer, den man auf die süße Tour nehmen muß. Sie schnattern durcheinander, es ist ein Höllenlärm. Nun fahren die Wachtmeister dazwischen, denn die Zucht darf nicht aufgegeben werden. Sie sind nicht auf Ferien hier, sie sollen arbeiten! –
    Als Herr von Studmann die Tür zum Büro öffnet, sieht er da Herrn von Teschow und den jungen Pagel in trautem Verein sitzen. Die beiden Herren, der älteste und der jüngste Landwirt von Neulohe, scheinen sich ausgezeichnet zu verstehen: sie haben beide sehr vergnügte Gesichter.
    »Ich erzähle Ihrem Jüngling grade«, sagt Herr von Teschow dröhnend, »was ich so als angehender Forkenjünger zu fressen kriegte. Schweinskotelett mit Spinat an einem hundsgemeinen Wochentag –? Oje, oje! Dreimal in der Woche aufgebratene Mehlklöße! Schließlich schmissen wir sie an die Decke, und da blieben sie kleben, so kleisterig waren sie. Als ich wegging von dem Gut, klebten sie noch immer da.«
    »Und was aßen Sie tatsächlich?« fragt Herr von Studmann höflich, um so höflicher, da er sich schändlich ärgert. Denn von der vorhergegangenen Unterredung mit dem Rittmeister liegen noch alle möglichen Schriftstücke offen auf dem Schreibtisch. Es ist ja nichts Verfängliches, aber der Alte ist schlau, der errät aus einer Andeutung einen ganzen Kriegsplan.
    »Wir klauten wie die Raben!« sagt Herr von Teschow. »Speisekammer, Räucherkammer, Apfelkammer – zu jedem Loch hatten wir Nachschlüssel …«
    »So daß am Ende Schweinskotelett mit Spinat für den Arbeitgeber doch vorteilhafter ist«, meint Herr von Studmann trocken. »Pagel, wollen Sie so freundlich sein und in die Schnitterkaserne fünfzig Pakete Tabak bringen …«
    »Sie fangen ja gut an!« ruft der Geheimrat dröhnend. »Noch keinen Schlag gearbeitet, die Aasbande, und schon fünfzig Pakete Tabak! Bei Ihnen möchte ich auch Arbeiter werden –! Na, ich rede Ihnen nichts

Weitere Kostenlose Bücher