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Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Fallada
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nun will sie plötzlich nicht mehr. Sie kennen das nicht so, Sie sind Junggeselle. Nun jammert sie über ihre schönen Kessel, in denen sonst unsere Wäsche kocht, und nun das Essen für Ihre Brüder. – Entschuldigen Sie bloß, so habe ich das nicht gemeint,
Ihre
Brüder sind’s natürlich nicht. Aber mit der Backs ist es ihr auch nicht mehr recht, daß die nur noch halb fürs Geflügel da ist. Heute morgen wären’s schon weniger Eier als gestern …«
    »Die Hühner haben heute morgen aber bestimmt noch nicht gewußt, daß die Zuchthäusler kommen!« meint Herr von Studmann lächelnd.
    »Da haben Sie recht! Hähähä!« lacht der bärtige Greis und haut knallend auf den Schreibtisch. »Das muß ich meiner Frau erzählen! Das wird sie mächtig ärgern. Großartig! Die Hühner haben’s noch nicht gewußt! Meine Frau hat sonst ein Faible für Sie, Herr von Studmann – na, das wird sie kurieren! Wirklich ausgezeichnet!«
    Herr von Studmann ärgert sich schändlich über seinen Fehler. Der Alte ist in seiner Biedermännischkeit ein so ungeheuerliches Aas, er nützt jede Blöße, die sich der andere gibt, so rücksichtslos aus – nun, man muß eben noch viel mehr aufpassen. Und nie die Geduld verlieren, denn das will er ja bloß.
    »Wir wollen gewiß Ihrer Frau Gemahlin mit unsern Leuten nicht lästig fallen«, sagt er höflich. »Wir werden tun, was wir können. Die Waschküche wird geräumt werden. Die Kocherei wird sich auch irgendwo anders einrichten lassen, in der Futterküche oder in der Villa, ich werde sehen. Die Backs wird abgelöst. Ich werde zu der Kowalewski noch die Hartig nehmen …«
    »Die Sophie –?!« ruft der alte Herr erstaunt aus. »Das wissen Sie noch nicht?! Na, Sie wissen ja großartig in Ihrem eigenen Betrieb Bescheid, muß ich sagen. Wie ich hier hinüberlatsche, stand doch die Sophie im Kellergang und heulte, Ihr Wachtmeister hätte sie beleidigt, sie machte nicht mehr mit … Ich hab ihr natürlich zugeredet, aber Sie wissen ja, wie so Mädchen sind …«
    »Jedenfalls danke ich Ihnen bestens, daß Sie ihr zugeredet haben, Herr Geheimrat«, sagt Herr von Studmann ein wenig schärfer. »Auch für Sophie Kowalewski wird sich Ersatz finden. Das Singen in der Schnitterkaserne werde ich untersagen. – Damit wären also alle Mängel behoben, nicht wahr?«
    »Reizend von Ihnen!« ruft der alte Herr strahlend. »Mit Ihnen kann doch ein vernünftiger Mensch noch verhandeln! Wenn das mein Schwiegersohn gewesen wäre! Fett und Feuer!! Aber – aber –«, der Geheimrat schüttelt betrübt den Kopf, »es ist ja leider noch immer nicht alles, mein lieber Herr von Studmann. Wenn meine Frau am Fenster sitzt – und dann sieht sie diese Zuchthäuslertracht … Sie erträgt es nicht, Verehrtester, es regt sie ständig auf, es ist ’ne alte Frau, ich muß auf sie Rücksicht nehmen …«
    »Ich darf die Leute leider nicht anders einkleiden«, sagt Herr von Studmann. »Seien Sie überzeugt, ich würde sonstauch das tun! Aber das Schloß hat vier Fronten – wenn Ihre Frau Gemahlin vielleicht ein Fenster an einer der drei andern Fronten wählen würde?«
    »Mein verehrter Herr von Studmann«, antwortet der Geheimrat, »meine Frau hat, sagen wir, netto fünfzig Jahre an ihrem Fenster gesessen. Da können Sie wirklich nicht erwarten, daß sie auf ihre alten Tage noch umzieht, bloß weil Sie Zuchthäusler nach Neulohe importieren!«
    »Und was wünschen Sie, das wir tun?« fragt Herr von Studmann.
    »Aber Herr von Studmann!« sagt der Geheimrat strahlend. »Diese Leute dahin zurückschicken, wohin sie allein gehören: ins Zuchthaus! – Und am besten heute noch!«
    »Und die Ernte –?!« rief Herr von Studmann entsetzt.
    Der Geheimrat hob lächelnd die Achseln.
    »Sie verlangen es nicht im Ernst?!« fragte Studmann ungläubig.
    »Mein lieber Herr!« sagte der Geheimrat grob. »Glauben Sie, ich stell mich in der Mittagszeit ’ne halbe Stunde hin und quassele aus Spaß mit Ihnen?! Die Leute kommen weg aus Neulohe, und das heute noch!«
    Der Geheimrat war aus seinem Sessel aufgestanden und sah Herrn von Studmann böse funkelnd an.
    Aber da es nun ein Kampf sein sollte, war der ehemalige Oberleutnant ruhig. »Herr Geheimrat«, sagte er, »Ihr Einwand kommt zu spät. Sie wissen seit vierzehn Tagen von unserm Vorhaben, ein Zuchthauskommando kommen zu lassen. Sie haben keine Einwendungen dagegen erhoben. Im Gegenteil: Sie haben uns Ihre Waschküche und Ihre Geflügelmamsell dafür zur Verfügung gestellt. Damit

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