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Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Fallada
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haben Sie Ihr Einverständnis erklärt …«
    »Kieke da!« spottete der Geheimrat. »Der kleine Rechtsanwalt in der Westentasche! Aber wenn andere schlau sind, ich bin noch schlauer. Nach Paragraph 21 des Pachtvertrages hat der Pächter jede Beeinträchtigung des Wohnrechtes des Verpächters sofort abzustellen. Ihre Verbrecher sind eineBeeinträchtigung des Wohnrechtes. Sofort, als sich diese Beeinträchtigung herausstellte, habe ich bei Ihnen Abhilfe verlangt. Nun her mit der Abhilfe! Und weg mit den Leuten!«
    »Wir weigern uns!« sagte Herr von Studmann. »Wir werden den Nachweis führen, daß eine mit polnischen Schnittern, ihren Weibern und Kindern besetzte Kaserne sehr viel störender wirkt als die unter strammer Zucht stehenden Strafgefangenen. Wir werden weiter nachweisen …«
    »Vor Gericht, was?« rief der Geheimrat verächtlich. »Rufen Sie nur das Gericht an, mein kluger Herr! Jedes Anrufen des Gerichts löst das Pachtverhältnis! Paragraph 17 des Vertrages! Rufen Sie man an – ich übernehme die Ernte gerne …«
    Studmann trocknete sich die Stirne. Oh, mein lieber Prackwitz! dachte er. Wenn du hier stündest! Aber du hast keine Ahnung, und du wirst nie eine Ahnung haben … Er sah nach dem Schreibtisch hin: Der geht aufs Ganze. Er hat sicher die Briefe mit den Angeboten der Getreidehändler gelesen. Pagel ist viel zu achtlos, zu vertrauensselig. Er ist gierig – er will nicht nur den Schwiegersohn weg haben, er möchte jetzt auch noch die Ernte dazu … Es muß mir ein Ausweg einfallen …
    »Na, Herr von Studmann«, sagte der alte Herr zufrieden. »Landwirtschaft ist noch was anderes als Hotelbetrieb, wie? Wozu wollen Sie sich hier ärgern? Mein Schwiegersohn dankt Ihnen das bestimmt nicht. Schicken Sie die Leute weg, und wenn Sie vernünftig sind, reisen Sie auch. Das ist hier doch ’ne geplatzte Blase, da kriegen Sie auch keine Luft wieder rein …«
    Herr von Studmann stand am Bürofenster. »Einen Augenblick«, sagte er, er sah nach der Kaserne hinüber. Jetzt traten aus der Tür: Pagel; ein, zwei, drei Zuchthäusler; nun ein Wachtmeister … Sie gingen ab, verschwanden den Weg hinunter, wohl zum Geräteschuppen …
    Das hat die alte Frau nun auch oben gesehen, dachte er. Da kann man nichts machen. Da gibt’s keinen Ausweg. – Natürlich möchte er vor allem mich weg haben, mit Prackwitzhat er leichtes Spiel, der schmeißt ihm den Kram heute noch vor die Füße und schenkt ihm die schöne Ernte … Nein, nein.
    Ein Gedanke kam ihm, gleich verwarf er ihn. Aber er sah schärfer nach der Kaserne. Sie stand mit dem spitzen roten Giebel zu Beamtenhaus und Schloß hin. In dem Giebel saßen Tür und ein Dachfenster, den Anblick der beiden Längsseiten entzogen Flieder- und Schneeballbüsche. Studmann sah, blinzelte. Nein, der Gedanke war doch nicht schlecht, es war der Gedanke …
    Er drehte sich mit einem Ruck um.
    »Es wurden vier Ausstellungen vom Verpächter gemacht?« sagte er. »Erstens die Backs …«
    »Stimmt!« bestätigte der Geheimrat vergnügt.
    »Die Backs wird freigegeben. Ist erledigt?«
    »Stimmt!« grinste der Alte.
    »Die Benutzung der Waschküche wird aufgegeben.«
    »In Ordnung!« lachte der Alte.
    »Es wird nicht mehr gesungen.«
    »Schön schön. Und den vierten hohlen Backenzahn füllen Sie mit all Ihrer Schlauheit nicht, Studmännchen.«
    »Ich bin nicht Dentist. Vierter Einwand: die Leute sind vom Schloß zu sehen.«
    »Stimmt!« grinste der Herr von Teschow.
    »Sonst nichts?« fragte Herr von Studmann.
    »Sonst nichts!« lachte der Alte.
    »Wird behoben!« sagte Herr von Studmann und konnte nicht hindern, daß Triumph in seiner Stimme klang.
    »Nanu?« rief der Alte verblüfft. »Sie werden doch nicht –?«
    »Was werde ich nicht?«
    »Die Kaserne fortfahren? Geht nicht. Die Leute umlegen? Geht auch nicht, von wegen der sicheren Verwahrung. Und sonst …« Der Alte grübelte …
    »Sie entschuldigen mich, Herr Geheimrat«, sprach Herr von Studmann so freundlich-gnädig, wie nur ein Sieger freundlich-gnädig sein kann. »Ich muß sofort die nötigenAnweisungen geben, damit spätestens am Abend der Schaden behoben ist …«
    »Da möchte ich doch wissen …«, sagte der alte Herr und ließ sich ohne allen Protest durch Studmann aus dem Büro schieben. »Wenn aber am Abend nicht alles in Ordnung ist –!« rief er mit einem Rückfall in das frühere Drohen.
    »Es ist am Abend alles in Ordnung«, erklärte Herr von Studmann vergnügt und schob den Büroschlüssel ostentativ

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