Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Fallada
Vom Netzwerk:
Pfeife an seinen Mund und trillerte – nicht zu laut und nicht zu leise.
    Dann setzte er seine Pfeife wieder ab und sagte ganz freundlich: »Der Herr Leutnant wird gleich kommen.«
    Wäre der Rittmeister nicht so außerordentlich von diesen lang entbehrten militärischen Vorgängen gefesselt gewesen, so hätte ihm seine Tochter ein wenig wunderlich erscheinen müssen. Nun wurde sie rot, nun wurde sie blaß, nun faßte sie nach seinem Arm, nun ließ sie ihn wieder los, nun schluckte sie, jetzt lachte sie beinahe …
    Aber der Rittmeister achtete auf nichts Derartiges, er freute sich, wie sich nur ein verabschiedeter Offizier freuen kann, daß er nach all dem zivilen Ärger in eine militärische Übung hineingeraten war. Er sah den Posten wohlwollend an, und der Posten sah wieder die rot-blasse Weio wohlwollend an.
    Nun rauschte es in den Büschen – nicht umsonst war getrillert worden, es klappte alles –, und hervor trat der Herr Leutnant, ein magerer Hecht mit einem trockenen Kopf undscharfen, kalten Augen, einige fliegende rötliche Haare am Kinn. Weio sah ihn mit immer größer, immer strahlender werdenden Augen an, denn es war ja nun wirklich und wahrhaftig und endlich
der
Leutnant, ihr Leutnant!
    Aber der Leutnant sah Violet nicht an, er sah auch den Rittmeister nicht an, sondern er trat zu dem Posten.
    Der Posten meldete: »Zwei Zivilisten, Herr Leutnant!«
    Der Leutnant nickte, und als merke er erst jetzt die beiden, richtete er seinen scharfen, klaren Blick auf sie.
    Schade, daß Fritz nicht auch einen Stahlhelm aufhat! Ich hätte ihn gar zu gerne einmal im Stahlhelm gesehen! schoß es Violet durch den Kopf.
    Aber der Leutnant sah nur unter einer Feldmütze hervor die beiden überlegend an. Er schien Weio nicht zu kennen, er schien auch von dem Rittmeister nichts zu wissen, er fragte kühl: »Wer sind Sie?«
    Leben kam in den Rittmeister, er stellte sich vor, er berichtete militärisch kurz, daß er als Schwiegersohn des Besitzers auf einem Spaziergang durch diese seine Waldungen – kurz, hoch erfreut, eine militärische Übung – zweifelsohne Reichswehr …
    »Danke!« sagte der Leutnant kurz. Und: »Wollen Sie bitte denselben Weg, den Sie gekommen sind, ohne Aufenthalt zurückgehen! Und wollen Sie bitte unbedingtes Stillschweigen über dieses Zusammentreffen bewahren?! Strengste Geheimhaltung liegt im Staatsinteresse!« Er schwieg und sah den Rittmeister ernst an. Er setzte hinzu: »Ich bitte, dies auch der jungen Dame begreiflich zu machen!«
    Weio sah ihren Fritz vorwurfsvoll-flehend an. Sie sollte ihn verraten können, sie, die allen Erpressungsversuchen ihrer Mutter erfolgreich widerstanden hatte! Nein, es war nicht nett von Fritz! Daß er sie vor dem Vater nicht erkannte, war richtig, obwohl auch dies Nichterkennen durch ein rasches Augenzwinkern nicht beeinträchtigt worden wäre. Aber daß er so tat, als könnte sie schwatzen, sie, die so treu zu ihm hielt, nein, das war nicht nett von ihm!
    Und auch der Rittmeister war von so viel sachlicher Strenge nicht angenehm berührt. Dieser junge Dachs von Leutnant hatte unrecht, ihn wie einen völligen Zivilisten zu behandeln. Er hätte den alten Offizier, den Kameraden auch unter dem zivilen Sakko wittern müssen! Glaubte dieser junge Fant etwa, einem erfahrenen Offizier Sand in die Augen streuen zu können –?! In der ersten Überraschung, hier im tiefsten Winkel der Forst Militär zu finden, hatte der Rittmeister es übersehen können … Dieser Fant sprach von Staatsinteressen, aber der Rittmeister erkannte an den zusammengestoppelten, recht abgerissenen Uniformstücken, am Fehlen aller Abzeichen, daß es sich hier nicht um Reichswehr handelte, sondern höchstens um das, was man Schwarze Reichswehr nannte, die kaum die Interessen heutiger Regierung, jetzigen Staates vertrat.
    Aber in den Ärger, so unkameradschaftlich behandelt, für so dumm gehalten zu werden, mischte sich bei dem Rittmeister die Neugierde, endlich einmal zu erfahren, was hier in der Gegend hinter seinem Rücken vorging. Er hatte schon in Berlin mit Herrn von Studmann über diese ungemütliche Unsicherheit gesprochen, über dieses ahnungsvolle Nichtwissen – hier war er an der Quelle, hier konnte er endlich erfahren, was sich vorbereitete, und danach seine eigenen Maßnahmen treffen!
    Als darum der Leutnant mit neuer Strenge »Bitte sehr!« wiederholte und unmißverständlich den Waldpfad hinunter deutete, sagte der Rittmeister rasch: »Wie gesagt, ich bin der Besitzer von

Weitere Kostenlose Bücher