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Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Fallada
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nur in Devisen zahle …«
    Wiederum brach er plötzlich ab, wiederum mit dem tiefen, argwöhnischen Seitenblick. Aber Pagel hatte das verräterische Wort überhört, Pagel spürte auf einer andern Spur.
    »Ist das aber nicht ein bißchen gefährlich, Herr Meier?« fragt Pagel. »Hier so ganz alleine mit soviel Schmuck und Geld im Walde spazierenzugehen? Es kann Ihnen doch mal was passieren!«
    »I wo!« lacht Meier verächtlich. »Was soll mir denn passieren? Mir ist noch nie was passiert! Haben Sie ’ne Ahnung, Mensch, was ich schon alles erlebt habe – und mir ist nochnie was passiert. Hier«, sagt er und stampft mit dem Fuß auf den Waldboden, »hier, in diesem Wald ist mal einer hinter mir hergegangen, eine Viertelstunde lang, immer den Revolver an meiner Birne – und hat mich totschießen wollen. Na, hat er mich totgeschossen –?«
    »Dolle Dinge erleben Sie!« lacht Pagel etwas ungemütlich. »Sollte man gar nicht glauben … Er wird’s wohl nicht so im Ernst gemeint haben …«
    »Der –? Der hat das ernst gemeint! Das Ding war geladen, und er hat mich nur darum immer weitergehen lassen, daß er an eine Stelle kommt, die ein bißchen versteckter ist. Daß sie nämlich meine Leiche nicht gleich finden …«
    Etwas Finsteres, Grausiges geht von diesen Worten aus. Pagel sieht den kleinen Mann von der Seite an; es braucht nicht wahr zu sein, was der sagt, aber der kleine Mann glaubt daran, daß es wahr ist … drohend bewegt er die Lippen …
    »Aber ich kriege den Hund! Wenn ich Angst gehabt habe, der soll hundertmal soviel Angst haben! Und wenn ich weggekommen bin, der soll nicht wegkommen …«
    »Nun, Herr Meier«, sagt Pagel kühl, »sollte der Herr Leutnant irgendwo tot gefunden werden, Sie dürfen sicher sein, in der ersten Stunde erfährt die Polizei von mir …«
    Meier fährt herum und starrt Pagel finster an. Plötzlich aber ändert sich sein Gesicht, seine dicken Wulstlippen verziehen sich, seine Eulenaugen lächeln höhnisch: »Und Sie glauben, ich bin so dusselig und schieß auf den Kerl?! Schieß womöglich vorbei, und der Hund schlägt mich tot? Das wär mir ’ne schöne Rache! Nein, Mensch, wer Meier sagt, sagt richtig! Angst soll er haben, der Hund, hetzen tu ich ihn, seine Ehre nehm ich ihm, anspucken sollen ihn alle – und dann, dann, wenn es gar keinen Ausweg mehr für ihn gibt, dann soll er sich selber abknallen, der Hund! So – und nicht anders!«
    Er steht triumphierend vor Pagel, fast zitternd, von Rausch ist nichts mehr zu merken, höchstens, daß der Alkohol seine Rachsucht noch stärker angefacht hat, ihn ausschwatzen läßt, was er sonst still bei sich herumträgt. Pagelsieht ihn an. Er nimmt sich in acht, den Ekel vor diesem Kerl sichtbar werden zu lassen; er hat das bestimmte Gefühl, hinter all dem Geschwätz steckt viel, was es gut wäre zu wissen. Man muß klug sein, ihn aushorchen, den Meier.
    Aber dann bricht doch Wolfgangs Jugend bei ihm durch, der Abscheu der Jugend vor Krankem, vor Laster und Verbrechen. Er sagt verächtlich: »Ein schönes Stückchen Scheiße sind Sie!« Und wendet sich, um zu gehen.
    »Na, und wenn?!« ruft Meier herausfordernd. »Geht Sie das was an? Hab ich mich gemacht? Haben Sie sich gemacht? Ich möcht mal wissen, wie Sie aussehen würden, wenn man Sie immer als Dreck unter den Schuhen behandelt hätte, wie man’s bei mir getan hat! Sie sind doch ein feiner Mutterjunge, das sieht man, höhere Schule und alles, was dazu gehört …«
    Er beruhigt sich ein wenig.
    Pagel sagt: »Wenn Sie glauben, daß die höhere Schulbildung einem den schlimmeren Schweinehund austreibt –? Aber manche fühlen sich eben im Dreck wohl.«
    Meier sieht ihn einen Augenblick böse an, dann aber lacht er: »Wissen Sie was, was sollen wir uns darüber streiten? Ich denk immer: Man lebt so kurz und ist so lange tot, da muß man sehen, daß man auch ein bißchen gut lebt. Und weil zum Gutleben Geld gehört und ein armes Luder auf anständige Weise nicht zu Geld kommt …«
    »So machen Sie’s auf unanständige. Ich verstehe nur nicht, Herr Meier, warum Sie da so hinter dem Leutnant her sind. Wenn der hops geht, verdienen Sie doch kein Geld –?«
    So harmlos Pagel das auch gesagt hat – sofort ist wieder der argwöhnische, rasche Blick da. Aber Meier antwortet diesmal nicht, er biegt in eine neue Schneise ein und murrt: »Gottverdammich, wo bloß dieses elende Auto steckt?! Rein verdreht muß ich doch sein … Gehn wir eigentlich immerzu im Kreise?« Er sieht Pagel

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