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Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Fallada
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richtige Wort. Das Männlein hat eine Art Triller im Gehen, ein Staccato; jetzt geht es grade und finster auf Pagel zu, und nun – hupf, mein Madel! – jodelt es ein bißchen mit den Beinen.
    »Verdammte Wurzeln!« sagt es zu laut und geht finster und grade weiter. Aber da war keine Wurzel. Einen Schritt vor Pagel bleibt das Kerlchen stehen, mit einem so plötzlichen Ruck, daß es fast gefallen wäre.
    Grade hält Wolfgang es noch fest. »Hoppla, Herr Meier!« sagt er freundlich. »Der Deutsche sagt nicht Kognak, er sagt Weinbrand.«
    Negermeier betrachtet seinen Nachfolger im Dienst mit kleinen, geröteten Augen. Plötzlich erleuchtet sie der Schein des Erkennens; mit einem breiten, frechen Grinsen kräht er: »Ach, Sie sind das! Ich dachte schon … Na laß, ich hab ’nen Zacken … Haben Sie nich mein Auto irgendwo gesehen?«
    »Was?!« fragt Pagel, und ein Verdacht steigt in ihm auf. »Haben Sie jetzt auch ein Auto, Herr Meier? Was machen Sie denn mit einem Auto heute in unserer Forst?«
    »Sagen Sie jetzt auch ›unsere‹ Forst?« lacht Meier, »das ist hier jetzt wohl so Mode! Der Förster sagt: meine Forst, der Rittmeister sagt: meine Wälder, die gnädige Frau geht malein bißchen in ihrem Wald spazieren, die Weio geht auf Anstand zu ihrer Jagdkanzel, und wem er wirklich gehört, der olle Geheimrat, der redet immer nur von ein paar Kiefernkuscheln!«
    Meier lacht, und aus Höflichkeit lacht Pagel mit, aber die Anwesenheit dieser Leuchte der Landwirtschaft grade heute hier in der Forst bleibt ihm weiter verdächtig. »Wo haben Sie denn Ihren Wagen stehenlassen, Herr Meier?« fragt er.
    »Wenn ich Hornochse das bloß noch wüßte!« ruft Meier und schlägt sich mit der Hand vor den Kopf. »Darauf zu steht er also nicht?« Pagel schüttelt den Kopf. »Na, denn wollen wir mal hierauf gehen.«
    Meier scheint es als selbstverständlich anzusehen, daß ihn Wolfgang begleitet, und dies zerstreut ja ein wenig den Verdacht Pagels, daß Meier ein Bundesgenosse der entsprungenen Zuchthäusler sein könnte.
    Meier bummelt jetzt ganz gemütlich und auch ziemlich senkrecht neben Pagel her. Und dabei brabbelt er weiter, anscheinend froh, daß er einen Zuhörer gefunden hat.
    »Wissen Sie, ich hab nämlich ’nen Zacken! Ich hab da mit ’nem Freund was gefeiert; eigentlich ein Freund is er nich, aber er denkt, er is es, na, laß das Kind die Bulette. Und dann bin ich hier raus, ich weiß nicht mehr, wie das hieß, es war hier wo, aber ich komm noch drauf. Ich hab ein wunderbares Ortsgedächtnis …«
    »Stimmt!«
    »Jetzt gehen wir hier die Schneise links rauf. Ihren Namen weiß ich auch nicht mehr, man lernt zu viele Leute im Leben kennen, und nun grade die letzten Wochen, man muß sich doch erst einarbeiten, aber gut ist mein Namengedächtnis, das sagt der Oberst auch immer …«
    »Was für ’n Oberst? Sind Sie denn jetzt beim Militär?«
    Ein wacher, argwöhnischer, nicht die Spur betrunkener Blick trifft Pagel. Der ist nicht so knille, wie es scheint, denkt Pagel. Achtung!
    Aber es ist nur ein Augenblick, Meier lacht schon wiederund sagt schlagfertig: »Sind Sie denn beim Militär und sagen doch zu Ihrem Chef ›Rittmeister‹?! Hat sich ’nen feinen Wagen gekauft, das Aas, habe ihn heute in Frankfurt Probe brausen sehen, nobel muß die Welt zugrunde gehen. Was macht denn die kleine Weio?«
    »Hier scheint Ihr Wagen auch nicht zu stehen.«
    »Ziehen Sie bloß kein Gesicht, dann muß ich nur lachen! Sie sind wohl auch abgehängt, ist der Leutnant immer noch der Erste? Jottedoch, so ’n Kind! Muß Liebe schön sein. Na –«, in einem ganz andern Ton, drohend: »Jetzt wird der Herr Leutnant abgehängt, dem wird einiges sauer aufstoßen! Der soll sich auch lieber die Brust waschen, der wird erschossen!«
    »Sie sind wohl mächtig eifersüchtig, Herr Meier?« erkundigt sich Pagel freundlich. »Das war wohl wegen des Leutnants, daß Sie damals in der Nacht so geschrien haben? Ihre Briefabschrift habe ich übrigens im Kreisblatt gefunden.«
    »Ach, die dußlige Briefabschrift! Die dürfen Sie sich von meinswegen sauer kochen. Mit solchen Kleinigkeiten geben wir uns jetzt nicht mehr ab. Jetzt haben wir andere Kisten! Na ja, davon versteht so ’n junger Mensch vom Lande nichts. Sie haben keine Ahnung, was ich für Geld verdiene!«
    »Aber das sieht man doch, Herr Meier!«
    »Nicht wahr? Sehen Sie mal die Ringe, alle echt, schöne Steine. Ich hab einen Bekannten, da kriege ich sie zum halben Preis. Und wo ich überhaupt

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