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Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Fallada
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Stadt, daß sie sich einen antrinken?«
    Der Friedrich nickt langsam, einverstanden, mit dem unförmigen Kopf. »Das verstehe ich schon. Aber, Herr Leutnant, die erzählen …«
    »Hörst du auf das, was die Leute erzählen? Da wirst du vieles hören, Friedrich.«
    »Aber …«
    »Ach was, red nicht! Das ist alles Quatsch, unsereiner pariert und macht seine Sache.«
    »Aber«, sagt Friedrich, »es soll ein Auto von der Schnüffelkommission vor der Artilleriekaserne gehalten haben, Herr Leutnant.«
    Der Hausdiener, dieses belanglose Etwas, einer von Hunderten, läßt den Blick nicht von dem Leutnant. Der Leutnant darf sich nicht gehenlassen, er darf auch sein Erschrecken nicht zeigen. Nur einen Augenblick schließt er die Augen, es ist nicht mehr als ein Blinzeln, und schon sieht er sich und den andern im Spiegel wieder an. Er klopft nachdenklichmit dem Kamm gegen den Waschschüsselrand, er fragt: »Nun – und weiter? Hält es noch da?«
    »Nein, Herr Leutnant, es ist wieder weggefahren.«
    »Siehst du, Friedrich«, erklärt der Leutnant und beruhigt sich gleich mit. »Siehst du, Friedrich, es hat da gehalten und ist wieder fortgefahren. So ist das. Die Brüder müssen eben überall ihre Nase hereinstecken, darum sind es ja eben die Schnüffler. Natürlich haben sie was läuten gehört; es ist unmöglich, wo so viel hundert von unserer Sache wissen, daß nicht ein bißchen geklatscht wird. Die haben horchen wollen, aber sie sind eben wieder weggefahren. Wären sie weggefahren, wenn sie wirklich was gewußt hätten?«
    Jetzt hat sich der Leutnant umgedreht, er sieht seinen Mann direkt an, nicht mehr durch den Spiegel. Und sei es, daß es nun der nahe Blick macht, sei es die Wirkung seiner Worte, er sieht, er hat den Hausdiener überzeugt.
    Der sagt: »Herr Leutnant haben ganz recht: Man soll nicht auf das hören, was die Leute sagen. Man muß einfach parieren.«
    Der Leutnant grinst innerlich: ein Dreckgeschäft! Siehe da,
ein
Mann überzeugt, einer von rund dreitausend! Weiß der Henker, was sich die andern unterdes in ihre Ohren blasen lassen! Für solche Unternehmungen müßte man ein Regiment aus harthörigen Stummen haben.
    Der Hausdiener hat unterdes weitergeredet: »Es ist nicht, daß ich Angst habe, Herr Leutnant. Nur, ich bin so froh, daß ich endlich wieder Arbeit habe, und der Chef hat mir gesagt, er schmeißt mich raus, wenn ich beim Putsch mitmache.«
    Der Leutnant macht eine Bewegung, der Friedrich sagt hastiger: »Ich mache doch mit, Herr Leutnant, ich bringe auch die beiden Jagdflinten vom Chef, wie befohlen, mit. Wenn’s morgen gut geht, mag er mich rausschmeißen! Nur, Herr Leutnant, das verstehen Sie doch auch, wenn es ganz aussichtslos gewesen wäre … Arbeitslos macht auch keinen Spaß …«
    »Nein, nein, Friedrich!« lacht der Leutnant und haut den Hausdiener auf die Schulter. »Der Laden funkt. Der Kram klappt. Dafür stehe ich dir ein – mit meinem Leben.«
    Er hat es gesagt, er hat es so sagen wollen, es ist alles scheißegal, nun grade! Soll er Mitleid mit diesem Affen haben?! Alle möchten sich rückversichern, feige Kerle, die!
    »Ich danke auch schön, Herr Leutnant«, sagt der Friedrich strahlend.
    »Na siehste, Kamerad!« lacht der Leutnant gnädig. »Immer die Ohren steifhalten! Was denkst du, was dein Chef übermorgen froh sein wird, daß du für ihn mitgemacht hast?!« In einem andern Ton: »Ja, richtig, Friedrich, ist mein Rad im Lot? Ich muß gleich noch mal über Land …«
    »Selbstverständlich, Herr Leutnant. Aber Sie wollten doch erst noch mal zu Herrn Richter gehen …«
    »Stimmt!« sagt der Leutnant und geht los.
    Er geht schlendernd, rauchend; auf der Toilette schiebt er schnell noch den Sicherungshebel zurück und sieht, daß eine Patrone im Lauf ist. So, die entsicherte Pistole in der Hosentasche mit der Hand umfaßt, geht er erst einmal zu Herrn Richter, der natürlich auch kein Richter ist, wie er kein Fritz ist, sondern eine Art Vorgesetzter … Es ist eine komische Sache: Seit er das von dem Entente-Auto gehört hat, ist seine Laune um hundert Prozent gebessert. Wenn allen zum Tode Verurteilten so komisch aufgeräumt zumute wie ihm ist, ist das Gefasel von der Todesstrafe barer Unsinn. Und unter Umständen kann in ein paar Minuten bei Herrn Richter die Bombe schon platzen. Und er mit!
    Aber dann geht alles ganz friedlich zu. Beim Richter sitzen eine Menge Gestalten herum, teils in Zivil, teils in ihren abgetragenen Uniformen ohne Rangabzeichen, verabschiedete

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