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Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Fallada
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sie Ehre, Leben, Gut wagten, weil solch ein Weibchen nicht den Mund halten konnte? Unmöglich, es darf nicht sein – ach, er hätte ihr noch ganz andere Dinge sagen müssen, er hätte sie bei den Haaren reißen, in das von Liebe zerfließende Gesicht schlagen müssen –!
    (Aber auf den Gedanken kommen weder der Leutnant noch sein Vorgesetzter, der nun auch von Verrat spricht, daß eine Sache faul sein muß, die das Gerede eines fünfzehnjährigen Mädels umwerfen kann. Daß eine solche Sache bloß ein Abenteuer ist, ohne den lebenspendenden Funken einer Idee! Daß sie selber alle eingefangen sind von dem schillernden Sumpfzauber dieser schlimmen Zeit, daß sie nur an Tag und Stunde denken statt an die Ewigkeit danach – wie die Notenpresse in Berlin nur für Tag und Stunde arbeitet.)
    Der Herr Richter ist verstummt, er hat ausgeredet. Er hofft, dieser zweifelhafte Herr Leutnant hat ihn verstanden. Aber trotz aller aufmerksamer Haltung ist der Herr Leutnant mit seinen Gedanken anderswo gewesen, er sieht den Bleistift Gottes bloß fragend an.
    So muß der sich entschließen, weiter vorzugehen – eine ekelhafte Sache für einen sauberen Menschen.
    »Ich habe gehört«, flüstert er, mit einem vorsichtigen Blick auf den dicken Zivilisten, der, noch immer auf irgend etwas wartend, in der Nähe steht, »ich habe gehört, daß Sie die Möglichkeit haben, einige – hm – Interna zu erfahren. Sie sollen eine Art Beziehung haben …«
    Der Ekel in seiner Stimme ist so deutlich, daß ein wenig Rot in die Wangen des Leutnants steigt. Aber er sagt nichts, er sieht seinen Vorgesetzten nur aufmerksam an.
    »Ja, also gut!« sagt Herr Richter ungeduldig und wird nun selber rot. »Wozu herumreden?! Im Interesse der Sache bitte ich Sie, von Ihren Beziehungen Gebrauch zu machen, damit wir wissen, woran wir sind.«
    »Jetzt gleich?« fragt der Leutnant.
    Die Wahrheit ist, daß er jetzt gleich nur an dem Hotel vorbeiradeln möchte, sehen, ob der protzige Horchwagen dort noch steht, und dann gleich hinaus zum Schwarzen Grunde. Und ist es im Schwarzen Grunde, wie er nun fast schon erwartet, dann sofort zurück zu ihr und vor ihrem Auge das tun, was er ihr versprochen hat. Nein, er wird sie nicht anrühren, aber dies Bild soll sie – viel schlimmer als alles andere – durch ihr ganzes Leben mit sich tragen. Sie ist so weich, sie wird es nicht überwinden, Tag für Tag mit dem Bild, und in den Nächten hochfahrend aus dem Schlafe – schreiend – mit dem Bilde.
    »Jetzt gleich?« fragt der Leutnant darum zögernd.
    Nun wird der schwarze, hagere Mann fast zornig. »Wann denn sonst?! Glauben Sie, daß wir noch viel Zeit zu verlieren haben? Wir müssen doch wissen, was werden soll!«
    »Ich glaube nicht«, sagt der Leutnant und zahlt boshaft dem andern sein Erröten heim, »daß die junge Dame jetzt Zeit für mich hat. Sie ist bloß Stubenmädchen und muß jetzt reinmachen. Und die Köchin ist mir auch nicht grün …«
    Immer zu! denkt der Leutnant, wenn ihr mich brauchen wollt, sollt ihr auch nicht fein tun, sondern meinen Dreck schlucken!
    Aber Herr Richter wird ganz kalt und höflich. »Ich bin überzeugt, Herr Leutnant«, sagt er, »daß Sie die Angelegenheit regeln können. Ich erwarte dann Ihre Nachricht hier – binnen einer Stunde.«
    Der Leutnant verbeugt sich. Herr Richter will ihn schon entlassen, als er eine Gebärde des wartenden dicken Mannes auffängt. »Richtig – noch ein paar Fragen, Herr Leutnant, in einer andern Sache, die dieser Herr bearbeitet.«
    Der Dicke tritt heran, er grüßt kurz. Er hat den Leutnant wohl schon während des ganzen Gespräches beobachtet, er sieht ihn jetzt kaum an. Aber der Leutnant ist betroffen von dem kalten, eisigen Blick aus den Augen dieses behäbigen Klotzes, der eher wie ein Mann als wie ein Herr aussieht.
    Ohne Umschweife, hart, ohne eine Spur von Höflichkeit fragt der Dicke: »Neulohe gehört zu Ihrem Bezirk?«
    »Jawohl, Herr –?«
    »Das Waffenlager im Schwarzen Grunde auch –?«
    Der Leutnant wirft einen ärgerlich fragenden Blick auf Herrn Richter, der ihm mit einer ungeduldigen Gebärde zu antworten befiehlt.
    »Jawohl.«
    »Wann haben Sie das Lager zum letztenmal kontrolliert?«
    »Vor drei Tagen – Dienstag.«
    »War alles in Ordnung?«
    »Jawohl.«
    »Haben Sie sich geheime Merkzeichen angebracht?«
    »An der Verfassung des Bodens konnte ich sehen, daß niemand nachgegraben hatte.«
    »Sind Sie Ihrer Leute sicher?«
    »Vollkommen.«
    »Glauben Sie, daß Sie jemand beim

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