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Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Fallada
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»Sie wissen ja, ich darf nichts vom Inventar verkaufen, es ist verboten; da es nicht Ihr Eigentum ist, mache ich mich strafbar. Sie werden mir, gnädige Frau, jetzt eine Erklärung unterschreiben, die mich vor Ihrem Herrn Vater deckt. Sie werden mir bestätigen, daß alle ungesetzlichen Verkäufe auf Ihre Veranlassung erfolgt sind. Sie werden mir weiter bestätigen, daß Ihnen die ungenaue, lückenhafte, manchmal auch unrichtige Führung der Bücher bekannt ist, kurz, daß alle meine Maßnahmen Ihre volle Billigung haben …«
    »Sie sind sehr hart mit mir, Herr Pagel«, sagte sie. »Mißtrauen Sie mir so sehr?«
    »Es könnte der Fall sein, daß Ihr Herr Vater sagt, ich hätte eine Summe unterschlagen, ich hätte Durchstechereien gemacht. – Ach Gott!« rief er ungeduldig. »Was sollen wir viel reden?! Jawohl, ich mißtraue Ihnen! Ich habe jedes Vertrauen verloren.«
    »Schreiben Sie also die Erklärung«, sagte sie.
    Während er tippte, ging sie hin und her, wahllos griff sie dies und das an – voller Gedanken und gedankenlos, am Ende doch erleichtert, daß er tat, was sie wünschte.
    Plötzlich fällt ihr etwas ein, sie wendet sich ihm lebhaft zu, sie will etwas sagen …
    Aber als sie sein abweisendes, finsteres Gesicht sieht, schließt sie wieder den Mund. Sie setzt sich an den Schreibtisch, sie taucht eine Feder in das Tintenfaß, auch sie schreibt. Ihr Gesicht lächelt. Ihr ist etwas eingefallen, sie ist keine Egoistin, er hat doch unrecht – sie denkt an ihn, sie macht ihm eine Freude …
    Jetzt überfliegt sie nur die Erklärung, die sie eben noch so schmachvoll fand, gleichgültig unterschreibt sie. Dann nimmt sie ihren Zettel in die Hand …
    »Hier, Herr Pagel, habe ich noch etwas für Sie. Sie sehen, ich vergesse nichts. Sobald es paßt, erledige ich das. – Auf Wiedersehen, Herr Pagel, und nochmals vielen Dank!«
    Sie geht.
    Pagel steht in der Mitte des Büros. Er starrt die Tür an, er starrt den Wisch in seiner Hand an. Er hat das Gefühl, noch nie in seinem Leben so dämlich ausgesehen zu haben.
    Er hält in der Hand eine Bescheinigung, auf der Frau Eva von Prackwitz, auch im Namen ihres Gatten, bestätigt, von Herrn Wolfgang Pagel ein Darlehen von 2000 Goldmark, in Worten: zweitausend Goldmark, empfangen zu haben …
    Pagel kommt sich sehr lächerlich vor.
    Wütend zerknittert er den Schein.
    Aber er besinnt sich. Er glättet ihn sorgsam. Er legt ihn zusammen mit der Ehrenerklärung in seine Brieftasche.
    »Wertvolle Reiseandenken!« grinst er.
    Jetzt ist er fast vergnügt.

5
    Was der junge Wolfgang Pagel in den vier Monaten seiner Neuloher Tätigkeit an Achtung und Freundschaft bei den Leuten gewonnen hatte, das verlor er auf einmal in den vier letzten Tagen seines Dortseins. Noch lange hinterher erzählten sie sich, daß der kleine Negermeier schlimm genug gewesen sei, aber so ein abgründiger, scheinheiliger, rücksichtsloser Bursche wie der Pagel – nein, so etwas würden sie wohl nicht so leicht wieder erleben! Ein Bursche, der sich überhaupt nicht schämte. Er stiehlt ja vor aller Augen – am hellerlichten Tage!
    »Ich werde mich nicht ärgern«, sprach Pagel entschlossen am Abend des zweiten Tages zu Amanda Backs. »Aber in die Luft gehen möchte ich manchmal doch! Bringt doch wahrhaftigder alte Trottel, der Kowalewski, es fertig, wie ich die fünf Sauen an den Fleischer verkaufe, zu sagen: ›So was sollten Sie doch lieber nicht machen, Herr Pagel. Wenn der Gendarm davon erfährt!‹ – Er hat es grade nötig!«
    »Ärgern Sie sich nur, ärgern Sie sich nur tüchtig!« sprach Amanda Backs. »Warum sind Sie immer nett und freundlich gewesen zu allen? Da haben Sie Ihren Dank weg! Mich haben sie heute auch im Dorfe gefragt, wie sich’s denn im Bett von der gnädigen Frau schläft und ob ich nicht auch bald die Kleider von der Gnädigen trage …«
    »Es ist schon eine bescheidene Welt!« schalt Pagel ärgerlich. »Jede Schlechtigkeit trauen sie einem auf der Stelle zu. Ohne weiteres glauben sie, daß ich hinter dem Rücken der Herrschaft das Vieh für meine Tasche verkaufe und daß wir beide hier frech und verboten unsern Einzug in die Villa gehalten haben. Kommt denn kein Aas auf die Idee, daß ich zufällig einen Auftrag von der Herrschaft habe? Ich kann doch nicht jedem Waschweib meine Vollmacht unter die Nase halten!«
    »Sie wollen es gar nicht anders wissen«, sagte Amanda triumphierend. »Wenn Sie täten, was Ihnen die gnädige Frau aufgegeben hat, so ist das bloß

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