Wolf unter Wölfen
sagen, diese Woche nicht mehr. Kann ich ihr etwas ausrichten? Hier spricht der Inspektor von Neulohe.«
»Sie sind also noch da?«
»Ich weiß nicht, was Sie eigentlich wollen«, rief Pagel etwas ärgerlich. »Wer sind Sie denn eigentlich?«
»Dann bleiben Sie auch da!« sagte die grobe Stimme, und Pagel hatte das Gefühl, der andere hing ab.
»Halt!« schrie Pagel. »Wer Sie sind, möchte ich wissen …«
Aber im Apparat summte es nur, summte, summte …
»Hör zu, Amanda«, sagte Pagel, »was eben hier geschehen ist …«
Und er erzählte es ihr.
»Und was denken Sie sich dabei?« fragte Amanda. »Das ist einer, der hat Sie bei der Gnädigen verklatschen wollen, oder er hat Sie auch nur so auf den Arm nehmen wollen …«
»Nein, nein«, sagte Pagel zerstreut. »Ich denke immer …«
»Nun, was denken Sie –?« fragte Amanda.
»Ich denke immer, es könnte irgendwie mit Fräulein Violet zusammenhängen.«
»Mit der Violet? Aber wieso denn? Warum soll sich denn einer wegen Fräulein Violet so dußlig am Apparat benehmen?! Nee, nun geben Sie mir mal die zweitausend Mark, die Anweisung ist wohl fertig? Ich muß sehen, daß ich wegkomme. Bei völliger Nacht möchte ich auch nicht in diesem Wetter zurückstrampeln müssen.«
»In einem Augenblick bin ich mit meiner Schreiberei fertig«, sagte Pagel und setzte sich wieder daran.
Das Telefon klingelte, es klingelte hell und lange, gewissermaßen langweilig und blechern.
»Ein Händler«, sagte Pagel zu Amanda, nahm den Hörer und meldete die Gutsverwaltung Neulohe.
Es kam aber Berlin …
»Die gnädige Frau«, flüsterte Pagel zu Amanda.
Es kam aber ein Händler, es kam ein großer Handelsmann.
»Sind Sie da, junger Mann?« rief die bekannte Krähstimme.
»Jawohl, Herr Geheimrat!« rief Pagel, grinste und warf Amanda einen erheiterten Blick zu. »Pagel heiße ich übrigens.«
»Na, denn is ja jut … Sehen Sie, det hatte ich nu schon janz wieder vajessen. Is unhöflich, aber nicht zu ändern. – Nu hören Sie mal gut zu, junger Mann …«
»Pagel ist mein Name.«
»Nu ja, det weiß ick ja jetzt!« rief der Geheimrat etwas ärgerlich. »Ich muß es ja nicht grade am Telefon auswendig lernen! Bedenken Sie, det Jespräch kostet einszwanzig, und det ist leider mein Jeld, wat es kostet … Nu hören Sie also mal gut zu …«
»Ich höre, Herr Geheimrat.«
»Ich komme mit dem Zehnuhrzug heute abend an. Da schicken Sie mir den Hartig zur Bahn mit den beiden ollen Kutschbraunen …«
Die sind ja verkauft! wollte Pagel sagen, aber dann: Lieber nicht, er wird’s von selbst merken.
»Und Decken schicken Sie mit – daß mir die Zossen am Bahnhof gut zugedeckt sind! Der Hartig ist man dußlig – der hat wohl seinen Verstand unter die vielen Kinder aufgeteilt –«
Pagel platzte los.
»Na, sehen Sie, da lachen Se schon«, sagte der Geheimrat zufrieden. »Hoffentlich lachen Sie morgen früh auch noch, wenn ich da bin. Ick bringe nämlich noch ’nen Herrn mit, so ’nen Bücherrevisor … Soll kein Mißtrauensvotum gegen Sie sein, aber wo mein Herr Schwiegersohn so heimlich ausgekniffen ist, müssen wir doch was machen wie ’ne Bestandsaufnahme und Kassen- und Bücherübergabe. – Das verstehen Sie doch, junger Mann?!«
»Verstehe ich vollkommen, Herr Geheimrat. – Pagel war mein Name.«
»Ist doch alles in Ordnung, Mensch?« fragte der Geheimrat mit plötzlicher Besorgnis.
»Alles in Ordnung«, sagte Pagel grinsend. »Sie werden es ja selbst sehen, Herr Geheimrat!«
Amanda hätte fast losgequietscht. Sie hörte längst am Hörer mit.
»Na also!« sprach der Geheimrat. »Ja, Frollein vom Amt, ick habe gute Nachrichten, ick lege noch drei Minuten zu. – Nu aber fix, junger Mann. Also lassen Sie zwei Zimmer in meinem Katen heizen, mein Schlafzimmer und das kleine Fremdenzimmer. – Meine Frau bleibt erst noch mal hier. Die will erst hören, daß die Luft wieder rein ist bei euch in Neulohe.« Wieder mit Besorgnis: »Es ist doch nicht noch mehr passiert bei euch?«
»Doch, allerlei, Herr Geheimrat.«
»Mensch, erzählen Sie mir das bloß nicht am Telefon, das höre ich morgen alles noch viel zu früh. – Die Amanda, die Dicke mit den Knallbacken, wissen Se …«
Amanda hätte fast ja gesagt …
»Die kann ja nu mal Mädchen für alles spielen. Ja, und mein Arbeitszimmer soll sie auch heizen. Aber nicht das Eßzimmer.Sparen müssen wir, Geld wird immer knapper. Und eure Wirtschafterei – sagen Sie mal, Herr Pagel, haben Sie so ’n bißchen
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