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Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Fallada
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totarbeiten. Er steht morgens um sechs auf, ihre Männer aber um halb drei! Sie denken gar nicht daran, solchen Unsinn zu bestellen, da mag er sich Dümmere suchen! – Die Hände in die Seiten gestemmt: Siehst du, da hast du es!
    Der Förster muß zureden und betteln, und wenn er schließlich vom Hof geht, ist er doch nicht sicher, daß sie die Bestellung auch wirklich ausrichten.
    Manche Frauen aber verkneifen den Mund böse, sie hören sich des Försters Bestellung schweigend an, mit bösen, klein gewordenen Augen. Dann drehen sie sich um und gehen weg, aber der Förster hört sie noch murmeln: Ob ein alter Mann sich denn gar nicht schämt, solche Sachen noch mitzumachen?! Ob es nicht schon genug Tote im Weltkrieg gegeben habe? Heimliche Verschwörungen von einem alten Knacker, der lieber an seinen eigenen friedlichen Tod denken sollte –!
    Des Försters Gesicht wird immer sorgenvoller, fast verbissen, je weiter er kommt. Er murmelt heftig in seinen weißgrauen Bart. Irgendwie muß er seinen Ingrimm äußern, er hat sich angewöhnt, mit sich selbst zu reden. Sonst hat er ja keinen einzigen, bei dem er seinem Herzen Luft machen kann, die Frau hat auf alles nur Bibelsprüche im Munde. Es ist wie ein ohnmächtiger Zorn, den er da zwischen den mahlenden,fast schon zahnlosen Kiefern zerbeißt – daß er so ohnmächtig ist, macht ihn nur noch schmerzender!
    Nun kommt er auf den Dorfplatz, an dem Schulzenhof, Krämerei, Gasthof, Schule und Pfarrei liegen. Mit denen allen hat er eigentlich nichts zu tun: Krämer und Krüger sind viel zu vorsichtig, sich auf irgend etwas einzulassen, womit sie es bei einem von der Kundschaft verderben könnten. Kantor Friedemann ist zu alt, und Pastor Lehnich tut immer so, als sei er nicht ganz von dieser Welt, trotzdem er sehr gut rechnen kann. Schulze Haase aber weiß sicher schon Bescheid, sonst wäre ja die Versammlung nicht zu ihm bestellt worden.
    Trotzdem steht Förster Kniebusch zögernd auf dem Platz, geht nicht weiter, sondern sieht zum Schulzenhof hinüber. Es wäre gar nicht schlecht, dem Schulzen einmal auf die Pelle zu rücken und mit ihm von Zinsen und Hypothek zu reden. Ehe er aber noch zu einem Entschluß gekommen ist, fliegt ein Fenster im Krug auf. Der häßliche Kopf vom kleinen Negermeier fährt mit funkelnden Brillengläsern und ziemlich gerötet heraus. Meier schreit: »Na, Kniebusch, altes Wasserhuhn, komm mal rüber und stoß mit mir an auf meinen Abschied von Neulohe!«
    Eigentlich ist dem Förster nicht nach Trinken, zudem weiß er, daß der angetrunkene Negermeier bösartig wie ein alter Bulle ist, aber dieser Zuruf klingt doch zu sehr nach Neuigkeiten, und Neuigkeiten kann der Förster nur schlecht widerstehen. Er muß alles wissen, um sich auf alles einrichten zu können. So tritt er denn in den Krug, der Hund kriecht mit aller hündischen Ergebenheit in sein Schicksal unter den Tisch und ist bereit, nun lautlos auszuhalten, dauere es eine halbe Stunde oder vier. Der Förster klopft auf den Tisch und sagt warnend: »Aber Geld habe ich nicht bei mir!«
    »Ich auch nicht!« grinst Negermeier, der schon kräftig vorgelegt hat. »Aber deswegen lade ich dich doch ein, Kniebusch. Und gerne! Die sind nämlich alle auf dem Felde, und so habe ich mir eine Flasche Kognak vom Büfett geholt, und Bier kann ich dir auch einschenken, wenn dir das lieber ist.«
    Dem Förster graust vor den Folgen dieser eigenmächtigen Selbstbedienung. Verlegen sagt er: »Nee, danke, Meier, ich trinke lieber nichts.«
    Sofort läuft Feldinspektor Meier noch röter an. »Ach, du meinst, ich klaue?! Ach, du denkst, ich bezahle nicht, was ich mir nehme?! Das verbitte ich mir, Kniebusch! Sage ein einziges Mal, wo ich was geklaut habe … Oder –!«
    »Oder« bleibt unklar, denn der Förster versichert sofort, daß alles in Ordnung ist und daß er einen Kognak möchte.
    »Ein Kognak ist gar nichts!« schreit der kleine Meier, und trotz sanften Widerspruchs schenkt er auch noch kunstgerecht ein Glas Bier ein und holt die Kiste mit den Zigarren. Sich selbst bringt er eine Schachtel Zigaretten mit.
    »Prost, Kniebusch! Daß unsere Kinder lange Hälse kriegen!«
    Der Förster runzelt die buschige Braue über diesen Trinkspruch, denn er muß an seine beiden gefallenen Söhne denken. Aber es hat keinen Sinn, bei so einem Menschen, wie es Negermeier ist, zu protestieren, und so fragt er denn lieber: »Was ist denn seit heute mittag passiert, daß du so plötzlich deinen Abschied feierst?«
    Sofort

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