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Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Fallada
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geschehen, die Dinge auf die Spitze zu treiben.
    Worauf die besagten Dinge in den ersten drei Minuten auf die Spitze gerieten, um von da in einen schwindelnden Abgrund zu stürzen, in dem es infernalisch stank! Der Viehhändler Emil Quarkus war bestimmt kein verwöhntes Knäblein, und gar manchen Dreck hatte er in seinem Leben verdauen müssen, auch war die Zeit nicht dazu angetan, Empfindlichkeitenzu züchten … was diese drei Weiber da aber sich minutenlang schrill an die Köpfe warfen, das stank so unaussprechlich, wie die Misthaufen all seiner zukünftigen Bauernhöfe nie stinken konnten!
    Quarkus schrie auch und tobte auch. Er schmiß jede von den dreien eigenhändig hinaus und holte sie dann, aufheulend vor Wut, zur Vernehmung und Rechtfertigung wieder herein. Er stieß sie mit den Köpfen zusammen, und er riß die Krallenstarrenden wieder auseinander; er telefonierte nach der Polizei und machte das Telefonat umgehend wieder rückgängig; er revidierte die Koffer der Sophie und mußte schon wieder in das gräfliche Schlafzimmer stürzen, wo ein Totschlag im Gange zu sein schien; er nahm seinen Hut und marschierte mit dem verächtlichen Ausruf: »Weiber, verdammte, leckt mich alle am Arsch!« aus der Wohnung, stieg die Treppe hinab und in sein Auto und ließ den Wagen doch sofort wieder halten, weil ihm eingefallen war, daß er diesem gemeinen Frauenzimmer »seinen Schmuck« keinesfalls lassen würde …
    Am Ende saß er völlig erschöpft und ausgepumpt, zu nichts mehr fähig, auf einer Couch. Noch mit geröteten Wangen und blitzenden Augen ging die Gräfin Mutzbauer auf und ab und mischte ihrem Emil einen Stärkungstrank.
    »Solche gemeinen Frauenzimmer – alles natürlich erstunken und erlogen. Es ist gut, daß du sie gleich alle beide entlassen hast, Quarkus!« (Er hatte nichts dergleichen getan.) »Du hast ganz recht, daß du die Polizei nicht gerufen hast« (er hätte es liebend gern getan), »schließlich hätte deine Frau davon erfahren, und du weißt ja, wie die ist …«
    Mathilde sitzt noch in der Küche auf ihrem Schließkorb; leise durch die Nase schnüffelnd, wartet sie auf die angerufene Paketfahrt, die den Korb holen soll. Dann wird sie mit der Untergrund zu ihrem Schwager fahren, der an der Warschauer Brücke wohnt. Die Schwester wird zwar nicht sehr begeistert von diesem Überfall sein, das Gehalt eines Straßenbahnschaffners reicht schon so nicht hin und her. Aber im Besitz eines stattlichen Devisenhäufchens, das ihr der durchihr Kochen bestochene Quarkus nach und nach verschafft hat, fühlt sie sich gegen jeden schwesterlichen Unwillen gewappnet. Im Grunde kommt auch der Mathilde die Entlassung grade recht: nun hat sie wirklich Zeit, sich etwas um ihren unehelichen Sproß, den fünfzehnjährigen Hans-Günther, zu kümmern, von dem sie heute früh in der Zeitung gelesen hat, daß er als Anführer einer Revolte im Erziehungsheim der Stadt Berlin verhaftet worden ist. Nur darum war sie ja so wild geworden, daß Sophie ihr den freien Tag gestohlen hatte. Jetzt also hatte sie ihren freien Tag. Sie ist zufrieden.
    Am zufriedensten aber ist Sophie Kowalewski. Die Autotaxe fährt mit ihr durch das immer stärker losbrechende Gewitter dem Christlichen Hospiz in der Krausenstraße zu. (In Herrenbegleitung hat Sophie nichts gegen das schmierigste Absteigehotel, als allein reisende junge Dame aber kennt sie nur das Christliche Hospiz.) Sie fährt in Sommerferien, ihre Koffer sind prall voll von den schönsten Dingen aus gräflichem Besitz, sie hat ihren Monatslohn bekommen und besitzt außerdem noch hinreichend Geld, und sie wird in Verbindung mit dem Hans kommen, ihn vielleicht sogar sehen. Sophie ist sehr zufrieden!
    Nur Herr Quarkus ist nicht ganz so zufrieden wie die drei Frauen. Aber dem kommt es nicht so recht zu Bewußtsein, jetzt muß er eilig Bauernhöfe kaufen, stärker als die Frauen jagt ihn die Mark.

5
    Förster Kniebusch geht langsam durch das Dorf Neulohe, den Vorstehhund an der Leine. Man kann nie wissen, was kommt, jedenfalls haben die meisten Leute unbegreiflich mehr Angst vor einem Hund als vor einem Menschen.
    Ungern ging der alte Kniebusch von je ins Dorf – die Försterei liegt ein Stück abseits, an der Waldgrenze –, heute aber geht er ganz besonders verdrossen. Er hat das befohlene Zusammentrommeln der Leute auf zehn Uhr beim Schulzen solange wie nur möglich hinausgeschoben. Aber jetzt, da das Gewitter schon pechschwarz den ganzen westlichen Himmel zudeckt – es kommt aus

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