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Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Fallada
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Schulzen. »Na, wie ist es, Haase?« fragte er qualmend.
    »Herr Leutnant«, sagte der fast bittend. »Warum soll ich schlechter gestellt sein als die andern? Alle hier in der Gegend stoßen jetzt ihre Hypotheken ab. Und der Kniebusch ist wirklich keiner, auf den man Rücksicht nehmen muß.«
    Diesmal sagte der Leutnant: »Es geht nicht um den Kniebusch, es geht um Sie, Haase. Sie können nicht Ihren Schnitt durch die Betrügereien der Berliner machen und sie wegen dieser Betrügereien stürzen wollen. Das ist sonnenklar, das versteht jedes Kind, das verstehen Sie auch, Haase – und da drinnen«, er tippte ihm leicht auf die Weste, und unbehaglich zog sich der Schulze zurück, »da drinnen wissen Sie auch recht gut, daß Sie unrecht haben.«
    Der Schulze stand in schwerem Kampf. Er hatte in einem langen, arbeitsreichen Leben gelernt, festzuhalten; fortzugeben hatte er nicht gelernt. Endlich sagte er langsam: »Ich will schreiben, daß ich ihm die Hypothek nicht kündige und daß ich ihm alle halben Jahre den Wert von zehn Zentnern Roggen zahle … Mehr trägt der Hof nicht, Herr Leutnant, es sind schlimme Zeiten …«
    »Pfui, Schulze!« sagte der Leutnant leise und sah den alten Mann sehr ernst an. »Die ganze Schweinerei trauen Sie Ihrem Gewissen nicht zu, aber die kleine wird’s schon verdauen, was? – Sehen Sie mich an, Mann! Ich bin sonst wirklich nicht des Rühmens wert, aber in diesem Punkt … Ich habe gar nichts, Schulze, seit fünf Jahren habe ich nichts, als was ich auf dem Leibe trage. Manchmal kriege ich Sold,manchmal kriege ich keinen. Es ist auch egal. Entweder glaubt man an eine Sache, dann gibt man alles dafür – oder man glaubt nicht daran – na, und wenn das der Fall ist, Schulze, dann haben wir beide nicht mehr viel miteinander zu reden.«
    Der Schulze Haase war lange stumm. Schließlich sagte er verdrossen: »Sie sind ein junger Mann, und ich bin ein alter. Ich habe einen Hof, Herr Leutnant, ich muß auf den Hof passen. Wir Haases sitzen schon unendlich lange hier, ich möchte mich vor Vater und Großvater nicht sehen lassen, wenn ich den Hof verluderte.«
    »Aber wenn Sie ihn durch einen Betrug erhalten – das macht gar nichts, was, Schulze?«
    »Es ist kein Betrug!« rief der Schulze wieder hitzig. »Jeder tut es. Und außerdem, Herr Leutnant«, sagte er und feixte sachte mit den Fältchen um den Augen, »wir sind doch alle Menschen und keine Engel. Der Vater hat auch mal ein Pferd als zugfest verkauft, was es nicht war. Wir werden betrogen, und wir betrügen auch mal – ich denke, daß Gott auch verzeihen kann, steht nicht nur auf dem Papier von der Bibel.«
    Der Leutnant war schon wieder bei der nächsten Zigarette. Was der Schulze über Gott dachte, interessierte ihn nicht. Ihm lag daran, daß es erst einmal auf dieser Welt besser wurde. »Feuer, Förster!« befahl er, und der Förster, der mit den Bommeln an den Gardinen gespielt hatte, sprang.
    »Zurück in Deckung!« befahl der Leutnant, und Kniebusch sprang wieder in die Gardinen.
    »Wenn Sie nicht tun, was ich Ihnen sage«, erklärte der Leutnant verbissen – denn er konnte mindestens ebenso hartköpfig sein wie ein alter Bauernschulze –, »wenn Sie nicht tun, was einfache Pflicht jedes anständigen Kerls ist, dann kann ich Sie auch bei unserer Sache nicht brauchen, Schulze.«
    »Ich dachte immer, Sie hätten
uns
nötig«, sagte der Schulze ungerührt.
    »Und wenn Sie bei unserer Sache nicht mitgemacht haben, Schulze«, fuhr der Leutnant völlig unbeirrt fort, »und wir sinddann in vier Wochen oder zwei Monaten die Herren – glauben Sie, es wird dann sehr vorteilhaft für Sie aussehen? Wie?«
    »Gott«, sagte der Schulze Haase gemächlich, »wenn Sie alle, die nicht mitgemacht haben, bestrafen wollen, Herr Leutnant – das wird ein Wehgeschrei durch alle Dörfer geben. Und«, spottete er, »Sie werden ja wohl auch nicht grade der Landwirtschaftsminister werden, Herr Leutnant.«
    »Schön!« meinte der Leutnant kurz und fischte seine Mütze vom Kanapee. »Sie wollen also nicht, Schulze?«
    »Ich hab gesagt, was ich will«, wiederholte der Schulze hartnäckig. »Nicht kündigen und zehn Zentner Roggen Wert.«
    »Wir beide sind fertig miteinander, Schulze«, sagte der Leutnant. »Kommen Sie, Förster, ich sage Ihnen noch, wo heute die Versammlung stattfindet. Hier jedenfalls nicht.«
    Der Schulze Haase hätte gerne noch etwas gesagt, aber er kniff die schmalen Lippen fest zusammen. Der Leutnant war kein Händler, er ließ sich

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