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Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Fallada
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weiter. »Dann wirst du eben noch mal, wenn die Kerls zu Hause sind, durchs ganze Kaff botten müssen, verstanden?! Den Weibern so was zu erzählen – ich sage es ja immer, die Öllsten sind die Döllsten!«
    Und er macht sich ruhig wieder an sein Essen.
    Der Förster hat brav »Zu Befehl, Herr Leutnant!« gesagt und sich nicht anmerken lassen, wie wütend er ist. Er könnte ja diesen jungen Schnösel fragen, mit welchem Recht er ihn hier anblafft und wieso er ihm hier Befehle gibt – aber es lohnt sich nicht, er läßt es lieber.
    Dafür wendet sich Kniebusch an den Schulzen, der lang und knitterig, stumm, wie er meistens ist, in seinem Ohrenstuhl gesessen und sich den Knatsch, ohne eine Miene zu verziehen, angehört hat. Er fragt ihn gar nicht freundlich: »Ach, Schulze, wo ich mal hier bin, wollte ich dich doch fragen, wieist das mit uns und mit meinen Zinsen? In fünf Tagen sind sie fällig, und ich muß doch nun wissen, wie du es machen willst.«
    »Weißt du das denn nicht?« fragt der Schulze und sieht achtsam nach dem Leutnant hinüber. Der aber ißt ruhig weiter und kümmert sich um nichts als um seine Spiegeleier und die Brotflöckchen, die er über den Teller treibt. »Das steht doch alles im Hypothekenbrief.«
    »Aber, Schulze«, sagt der Förster fast flehend, »wir wollen uns doch nicht erzürnen, alte Leute, wie wir beide sind.«
    »Wie können wir uns da erzürnen, Kniebusch?« fragt der Schulze erstaunt. »Du bekommst, was geschrieben steht, und so alt wie du bin ich übrigens auch noch lange nicht.«
    »Meine zehntausend Mark«, sagt der Förster mit zitternder Stimme, »die ich dir auf deinen Hof gegeben habe, waren gutes Friedensgeld – über zwanzig Jahre habe ich gespart, ehe ich sie zusammenhatte. Und am vorigen Zinstage hast du mir so einen Lappen gegeben – er liegt noch daheim in der Schieblade, nicht eine Briefmarke, nicht einen Nagel habe ich mir dafür kaufen können …«
    Kniebusch kann sich nicht helfen, und es ist dieses Mal nicht nur das schwache Alter, es ist auch ehrlicher Kummer, der ihm die Tränen in die Augen treibt. So sieht er den Schulzen Haase an, der langsam die Hände zwischen den Knien reibt und grade zur Antwort ansetzt, als die scharfe Stimme vom Sofa her befiehlt:
    »Förster!«
    Der Förster fährt herum, jäh aus seinem Kummer und aus seinem Flehen gerissen. »Zu Befehl, Herr Leutnant?«
    »Geben Sie mir mal Feuer, Förster!«
    Der Herr Leutnant ist mit seiner Esserei fertig. Er hat die letzte Spur von Fett von seinem Teller aufgetrocknet, die Neige vom Kaffee getrunken – nun liegt er, bequem ausgestreckt, mit seinen Schmutzstiefeln auf dem Haaseschen Kanapee, hat die Augen geschlossen, aber eine Zigarette zwischen den Lippen und verlangt Feuer.
    Der Förster gibt es ihm. Als der Leutnant den ersten Rauch einzieht, öffnet er die Lider und sieht grade in das nahe, tränende Auge des Försters. »Na, was denn?!« sagt der Leutnant. »Ich glaube gar, Sie heulen, Kniebusch?«
    »Es ist nur der Rauch, Herr Leutnant«, antwortet Kniebusch verlegen.
    »Na, denn ist es ja gut«, sagt der Leutnant, schließt die Augen wieder und wirft sich auf die Seite.
    »Ich weiß eigentlich gar nicht, warum ich mir dein ewiges Meckern anhöre, Kniebusch«, sagt der Schulze, als der Förster wieder zu ihm zurückkommt. »Zweihundert Mark hast du nach dem Hypothekenbrief zu kriegen. Und das vorige Mal habe ich dir schon einen Tausendmarkschein gegeben, und weil du nicht rausgeben konntest, habe ich ihn dir ganz gelassen …«
    »Nicht einen Nagel habe ich mir dafür kaufen können!« wiederholt der Förster verbissen.
    »Und diesmal will ich auch nicht so sein. Ich habe mir schon einen Zehntausender für dich parat gelegt, und ich will wieder nicht so sein: du sollst mir auch nichts rausgeben müssen, trotzdem zehntausend so viel sind wie deine ganze Hypothek …«
    »Aber, Schulze!« ruft der Förster. »Das ist doch alles lauter Spott und Hohn! Du weißt ganz gut, daß diese zehntausend noch viel weniger sind als die tausend vor einem halben Jahr! Und ich habe dir mein gutes Geld gegeben …«
    Der Kummer bricht ihm fast das Herz.
    »Aber was geht das mich an!« ruft jetzt auch der Schulze Haase ärgerlich. »Habe ich dein gutes Geld schlecht gemacht? Da mußt du dich an die Herren in Berlin wenden, ich habe doch keine Schuld daran! Geschrieben ist geschrieben …«
    »Aber es muß doch nach der Gerechtigkeit gehen, Schulze!« bittet der Förster. »Ich kann nicht zwanzig Jahre

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