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Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Fallada
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nichts abhandeln, er verlangte alles oder nichts. Da der Schulze alles nicht bewilligen wollte, schwieg er lieber.
    Der Leutnant stand in der Tür des Schulzenhauses und sah auf die Hofstatt hinaus. Hinter ihm standen stumm der Förster Kniebusch und sein Hund. Es sah aus, als scheue sich der Leutnant, in den schwächer, aber immer noch kräftig genug fallenden Gewitterregen hinauszutreten. Aber er dachte gar nicht an den Regen, er sah gedankenverloren auf die offene Scheunentenne, wo sie noch schnell vor Feierabend das letzte vor dem Unwetter geborgene Roggenfuder abluden.
    »Herr Leutnant«, sagte der Förster Kniebusch vorsichtig. »Man könnte die Versammlung vielleicht bei Bauer Bentzien abhalten …«
    »Bentzien, jawohl, Bentzien …«, sagte der Leutnant nachdenklich und sah weiter dem Fuderabladen zu. Das krachtrockene Stroh raschelte bis zu ihm herüber. Der Leutnant war nicht mehr im Felde gewesen, dafür war er zu jung, aberauch im Baltikum, auch in Oberschlesien hatte man lernen können, daß letzten Endes die größere Zähigkeit entschied. Der Leutnant hatte zum Schulzen gesagt, sie seien beide fertig miteinander, aber wenn Haase das auch glauben mochte, der Leutnant war noch nicht mit dem Schulzen fertig. Grade nicht. »Benzin …«, murmelte er noch einmal, und dann barsch: »Sie warten hier, Förster!«
    Damit macht der Leutnant kehrt und geht wieder ins Haus.
    Kaum fünf Minuten später wird auch der Förster hineingerufen. Der Schulze sitzt am Tisch und schreibt eine Bestätigung, daß er auf Kündigung der Hypothek verzichtet und sich zu einer Zinszahlung von vierzig Zentnern Roggen, zahlbar in zwei Halbjahresraten, verpflichtet. Dem Schulzen sieht man nichts an, und dem Leutnant sieht man auch nichts an. Der Förster möchte vor Glück heulen, aber das darf er nicht, sonst geht die Sache womöglich noch wieder zurück. So verbeißt er seine Gefühle und macht dabei ein Gesicht wie ein rotlackierter Nußknacker.
    »So, Laden geht in Ordnung«, sagt der Leutnant und unterschreibt auch noch »als Zeuge« mit einem Krakel. »Und nun bestellen Sie die Leute, Kniebusch. Hierher, natürlich hierher. Bauer Bentzien? Benzin kommt hier nicht in Frage!«
    Und er lacht, ein wenig bösartig, während der Schulze schweigt.
     
    Die Unterredung zwischen dem Leutnant und dem Schulzen war nur sehr kurz gewesen.
    »Sagen Sie mal, Schulze«, hatte der Leutnant hereinschlendernd gefragt, »was mir eben noch eingefallen ist: Wie ist es denn mit der Feuerversicherung?«
    »Mit der Feuerversicherung?« hatte der Schulze ganz verblüfft gefragt.
    »Na ja doch!« hatte der Leutnant ungeduldig gemeint, als müsse ein Kind das verstehen. »Wie sind Sie denn versichert?«
    »Vierzigtausend«, sagte der Schulze.
    »Papiermark, was?«
    »Jaaa …« Sehr langgedehnt.
    »Ich denke, das sind so etwa vierzig Pfund Roggen, wie?«
    »Jaaa …«
    »Ist das nicht verflucht leichtsinnig? Wo Sie jetzt die Scheune voll von dem trockenen Heu und Stroh haben, wie?«
    »Aber es gibt doch keine andere Versicherung!« hatte der Schulze verzweifelt ausgerufen.
    »Doch, Schulze, doch«, hatte der Leutnant gesagt. »Nämlich, wenn Sie jetzt den Förster Kniebusch reinrufen und schreiben, was ich Ihnen sage.«
    Worauf der Förster Kniebusch hereingerufen wurde.

7
    An diesem Nachmittag hatte der Empfangschef des Hotels, Oberleutnant a. D. von Studmann, ein recht unangenehmes Erlebnis. Etwa um drei Uhr nachmittags, zu einer Zeit, da keine Reisenden von den Zügen kamen, war in der Eingangshalle ein ziemlich großer, kräftig gebauter Herr erschienen, tadellos in englische Stoffe gekleidet, ein Schweinslederköfferchen in der Hand.
    Einbettiges Zimmer mit Bad, ohne Telefon, im ersten Stock, hatte der Herr verlangt.
    Ihm wurde gesagt, daß alle Zimmer des Hotels Telefon hätten. Der Herr, ein Dreißiger etwa, mit scharfgeschnittenem, aber gelblichblassem Gesicht konnte außerordentlich schreckenerregend mit diesem seinem Gesicht zucken. Das tat er jetzt und verbreitete solchen Schrecken, daß der Portier zurückfuhr.
    Studmann trat näher. Wenn es gewünscht würde, könne das Telefon natürlich aus dem Zimmer entfernt werden. Immerhin …
    »Es wird gewünscht!« schrie der Fremde plötzlich unvermittelt. Und ohne Übergang verlangte er ganz friedlich, daßauch die Klingelknöpfe auf seinem Zimmer außer Tätigkeit gesetzt würden. »Ich wünsche all diese moderne Technik nicht«, hatte er stirnrunzelnd gesagt.
    Von Studmann hatte sich schweigend

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