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Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Fallada
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das elektrische Licht. Die Vorhänge der beiden Fenster waren dicht geschlossen. Ebenso war die Tür zu dem anstoßenden Badezimmer geschlossen – wie sich bald herausstellen sollte, war sie auch verschlossen. Der Schlüssel war abgezogen.
    In dem breiten, ganz modernen Metallbett aus Chromstahl lag der Gast. Das Gelb seines Gesichtes, das Studmann schonin der Halle aufgefallen war, sah noch krankhafter gegen die weißen Kissen aus. Dazu trug der Gast einen purpurroten Pyjama aus einem scheinbar sehr kostbaren Brokatstoff – die gelben, dicken Stickereien dieses Pyjamas sahen fahl aus gegen das gallige Gesicht. Eine Hand, eine kräftige Hand mit einem auffallend schönen Siegelring, hielt der Gast offen auf der blauseidenen Steppdecke. Die andre lag unter der Decke.
    All dies sah von Studmann mit einem Blick, er sah auch den an das Bett geschobenen Tisch, die Unzahl der darauf stehenden Kognak- und Sektflaschen verblüffte ihn. Es mußte viel mehr heraufgeschafft worden sein als die von Süskind erwähnten elf Flaschen.
    Ärgerlich stellte von Studmann zugleich fest, daß der überängstliche Süskind sich nicht mit der Zeugenschaft des Kellermeisters begnügt hatte, auch ein Page, das Zimmermädchen, ein Liftboy und irgendein graues, weibliches Wesen, das vermutlich aushilfsweise mit Zimmerreinigen beschäftigt gewesen war, standen in der Nähe des Tisches, eine kleine, sehr ängstliche und verlegene Gruppe.
    Einen Augenblick lang überlegte Studmann, ob er erst einmal diese Zeugen eines etwaigen Skandals vor die Tür setzen sollte, aber ein Blick auf das schrecklich zuckende Gesicht des Gastes belehrte ihn, daß Eile am Platz war. So trat er denn mit einer Verbeugung an das Bett, nannte seinen Namen und blieb abwartend stehen.
    Sofort lag das Gesicht des Herrn ruhig. »Nicht angenehm!« näselte er in jenem arroganten Leutnantston, den von Studmann längst ausgestorben geglaubt hatte. »Außergewöhnlich unangenehm für – Sie! Schnecken im Sekt – irrsinnige Schweinerei!«
    »Ich sehe keine Schnecken«, sagte von Studmann mit einem kurzen Blick auf Sektkelche und Flaschen. Was ihn zutiefst beunruhigte, war nicht diese alberne Reklamation, sondern der Blick grenzenlosen Hasses aus den dunklen Augen des Gastes, diesen Augen, die frech und zugleich feige waren, Augen, wie sie Studmann noch nie gesehen hatte.
    »Sie
sind
aber drin!« schrie der Gast so plötzlich, daß jeder zusammenfuhr. Er saß jetzt im Bett, eine Hand in die Steppdecke gekrallt, die andere unter der Decke.
    (Achtung! Achtung! sagte von Studmann zu sich. Der hat was vor!)
    »Alle haben die Schnecken gesehen. Nehmen Sie die Flasche, nein, die!«
    Gleichgültig nahm Studmann die Flasche in die Hand, hielt sie gegen das Licht. Er war vollkommen davon überzeugt, daß der Sekt ganz in Ordnung war – und daß der Gast das ebensogut wie er wußte. Mit irgendeinem Trick hatte er die einfältigen Gemüter von Kellner und Kellermeister überrumpelt – aus einer Absicht heraus, die Studmann jetzt noch nicht wußte, wohl aber rasch erfahren würde.
    »Achtung, Herr Direktor!« rief da schon der Zimmerkellner Süskind – und Studmann fuhr herum. Aber es war schon zu spät. In die Betrachtung der Flasche vertieft, hatte Studmann den Gast aus den Augen gelassen. Unfaßbar leise war der aus dem Bett und zur Tür geglitten, hatte abgeschlossen – und nun stand er dort, in der einen Hand den Schlüssel, in der andern, erhobenen, eine Pistole.
    Von Studmann war manches Jahr im Felde gewesen, eine auf ihn gerichtete Schußwaffe konnte ihn nicht sonderlich aus der Ruhe bringen. Was ihn erschreckte, war der Ausdruck von Haß und trostloser Verzweiflung, der auf dem Gesicht des geheimnisvollen Fremden lag. Dabei war dies Gesicht jetzt ganz ruhig, nichts mehr von Grimassen, eher ein Lächeln, ein sehr höhnisches Lächeln allerdings.
    »Was soll das?« fragte Studmann kurz.
    »Das soll heißen«, sagte der Gast leise, aber sehr deutlich, »daß die Stube jetzt auf mein Kommando hört. Wer nicht pariert, wird erschossen.«
    »Haben Sie Absichten auf unser Geld? Die Beute wird sich kaum lohnen. Sind Sie nicht der Baron von Bergen?«
    »Kellner!« sagte der Fremde. Prächtig stand er da, in seinem purpurnen, mit Gelb bestickten Pyjama, zu prächtig fürdas gelbe, kranke Gesicht darüber. »Kellner, schenken Sie jetzt in sieben Sektkelche Kognak. – Ich zähle bis drei, wer dann nicht ausgetrunken hat, bekommt einen Schuß. – Nun, wird es?!«
    Mit einem

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