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Wolfs Brut: Kommissar Kilians zweiter Fall

Wolfs Brut: Kommissar Kilians zweiter Fall

Titel: Wolfs Brut: Kommissar Kilians zweiter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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über dreizehnhundert Jahren sind dieser Berg und die Stadt fest in fränkischer Hand. Kein Hesse und kein Sachse, kein Friese und schön lange kein Bayer werden daran etwas ändern. Die Festung ist und bleibt fränkisch.«
    Karl nahm die Zügel fest in die Hand, ließ das Pferd sich abermals aufbäumen und ritt im Galopp zum Tor hinaus. Sprachlos blieben die Gäste auf ihren Plätzen zurück.
    Nur einer, der französische Gesandte, klatschte begeistert Beifall: »Bravo! Bravo!«
    Doch nicht lange. Der Schwarze Ritter Erich donnerte in die Ränge, holte mit dem Morgenstern aus und zertrümmerte mit einem Schlag die blau-weiß ausgeflaggte Loge des verhassten Königs.
    »Merkt’s euch des«, schrie er wild und folgte Karl in scharfem Galopp zum Tor hinaus.
    »Hilfe, so helft’s mir doch«, brüllte derweil Roiber auf der Flucht vor seinen Verfolgern.
    Sie trieben ihn quer über den Hof und wieder zurück. Es schien, als würden sie nicht müde werden wollen bei ihrer Hetzjagd.
    »Du Kini, ich Scheich Abdul«, verhöhnten sie ihn und wiesen ihm mit den brennenden Fackeln den Weg.
    So stolperte der stolze Bayern-König von Faruk zu Bombay, von Idi zu Mustafa, von Ismael zu Erkan und so fort. Sein Gefieder fing unter der andauernden Befackelung schließlich Feuer, und er durchbrach unter Hilferufen den teuflischen Kreis.
    Die Feuerwerker fürchteten das Schlimmste, als der brennende Roiber-König mitten in die Aufbauten für das Abschlussfeuerwerk stürzte. Es dauerte tatsächlich keine Sekunde, bis die erste Rakete zündete und quer davonzischte. Weitere Geschosse folgten ihr, und binnen kurzem erinnerte die ursprünglich geplante Erstürmung der Burg eher an einen Luftkrieg mit tief fliegenden Boden-Luft-Raketen. Die Gäste suchten eilig ihr Heil in den angrenzenden Gebäuden. Doch auch dort war man nicht sicher, manche Raketen durchschlugen das Glas und verstreuten ihre Ladung im Inneren. Eine von ihnen flog in die Scherenbergsche Galerie und zündete dort mit einem dumpfen Knall. Sofort drangen aus allen Löchern, die von der unterirdischen Kasemattenanlage nach draußen führten, Schwärme aufgeregter und panischer Fledermäuse. Kaum waren sie ins Hofinnere gelangt, suchten sie wild flatternd Schutz unter den auseinander stiebenden Menschen, die sich schützend die Hände über die Köpfe hielten.
    Das Bild, das sich an diesem Abend im Burghof der ehrwürdigen Festung Marienberg den ausländischen Gästen bot, hätte nicht eindrucksvoller und authentischer inszeniert werden können. Noch Jahre später sollten sie Freunden und Bekannten aus aller Welt von der Einnahme der Burg durch Karl den Großen und Schmach und Schande des roiberischen Bayernkönigs berichten.
    Julia hatte sich vor den Reitern und den Raketen unterhalb des Randersackerer Turms in Sicherheit gebracht. Sie wartete noch immer auf John, der ihr versprochen hatte zurückzukommen. Eine Rakete zündete und hielt genau auf sie zu. In einem Looping zog sie jedoch wenige Meter vor ihr hoch und verschwand im Dach weit über ihr.
    Mit Wucht durchschlug der Feuerwerkskörper das Fenster und bohrte sich hinter einem Sparren in der Dachstuhlspitze fest. Die Treibladung sprühte unaufhörlich Funken, die wie Perlen auf den Balken tanzten und sich ins trockene Holz fraßen. Der Wind, der durch die Ritzen der Schieferplatten eindrang, fachte die gefährliche Glut weiter an, sodass die ersten zarten Flammen züngelten.
    »Schmeiß das Ding raus«, brüllte Kilian, »bevor es alles in Brand setzt!«
    Er hatte sich, wie die anderen, in den Dachstuhl vorgearbeitet. Alle hingen sie im Geflecht der Balken wie Fliegen in einem Spinnennetz fest. Schröder, John und Galina suchten Schutz an der Mauer, die hinaus auf den Umlauf führte. Otter hatte diese Chance nicht. Er war mit Thomas in der Dachstuhlspitze gefangen. Im Gebälk über ihnen klebte die feuerspuckende Rakete und deckte sie mit brennenden Funken ein.
    »Thomas, komm her«, schrie Heinlein und streckte sich nach seinem Sohn.
    Thomas kauerte in einer Ecke und traute sich nicht, die Hand zu ergreifen.
    »Los, gib sie mir«, forderte Heinlein ihn auf, »du brauchst keine Angst zu haben, ich halte dich.«
    »Ich trau mich nicht.«
    »Hey, das machen wir beide doch mit links. Das ist kein großer Akt. Du musst nur meine Hand nehmen, und den Rest erledige ich. Wir haben bloß nicht mehr viel Zeit. Na, los.«
    Zögernd reichte Thomas seinem Vater die Hand. Heinlein ergriff sie mit aller Kraft und zog ihn durch die

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