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Wolfs Brut: Kommissar Kilians zweiter Fall

Wolfs Brut: Kommissar Kilians zweiter Fall

Titel: Wolfs Brut: Kommissar Kilians zweiter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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Lage zurück. »Wieso hab ich mich eigentlich auf den Scheiß eingelassen? Wir hätten auf der anderen Seite eine bessere Chance gehabt, vom Turm runterzukommen. Stattdessen häng ich hier wie ein Schnitzel und hol mir ’nen Bruch. Klasse Aktion, Herr Kollege.«
    »Hör auf zu lamentieren. Der Sprung über die Mauer war der einzige Ausweg. Ich wette, Schröder und dieser Frankenheimer haben sich ganz schön den Arsch verbrannt. Apropos Schröder, wenn ich den erwische, dann kann er sich auf etwas gefasst machen.«
    »Wie willst du ihm was beweisen? Das einzige Beweismittel hast du in die Weinberge gefeuert. Noch so ’ne geniale Aktion.«
    »Halt endlich mal die Klappe! Die ganze Zeit hör ich nur Meckerei von dir. Du solltest mir dankbar sein, dass ich deinen Arsch gerettet habe.«
    »Na bravo, gerettet. Den Flammen bin ich entkommen. Dafür hol ich mir jetzt die Schwindsucht und ’ne Lungenentzündung. Klasse Tausch. Lieber hätt ich gebrannt. Dann wär’s wenigstens warm.«
    »Kannst du haben. Gleich, wenn wir unten sind, schür ich eigens für dich den Ofen an. Den Bratapfel kriegst du gratis. Dann ist hoffentlich Ruhe.«
    »Ha, selten so gelacht. Aber jetzt mal im Ernst. Wie kommen wir runter? Ich kann mich nicht mehr länger halten.«
    »Du bewegst dich keinen Millimeter. Wir warten auf die Feuerwehr. Irgendwann müssen die uns bemerken. Dann fahren sie die Leiter aus und …«
    Heinlein wartete nicht auf die Feuerwehr. Er suchte erneut seine Lage zu verbessern und drückte mit dem Bein seinen Unterleib von der Stange weg. Er rutschte jedoch auf dem nassen Stoff ab, und Bein und Körper fielen zur Seite. Kilian erwischte ihn am Kragen und versuchte ihn zu halten, doch das Gewicht war zu groß und zog ihn mit in die Tiefe. Zusammen glitten sie am Stoff entlang, der sich um sie wickelte und sie bald freigeben würde.
    »Fass zu!«, schrie Kilian und griff mit aller Kraft in den Stoff.
    »Wie?!«, schrie Heinlein zurück.
    »Egal. Greif zu.«
    Am Ende der Fahne stoppten sie den Fall und hingen nun an deren Zipfeln über dem Fürstengarten.
    »Du Idiot!«, fluchte Kilian. »Kannst du nicht einmal tun, was man dir sagt?«
    Heinlein blickte verzweifelt ans obere Ende des Fahnenmastes. Ruckartig riss sich der Stoff von der Stange los. »Verdammt. Ich wusste doch, dass man sich auf die Batzis nicht verlassen kann.«
    *
Würzburg, Hauptbahnhof.
    Der Zeiger der Bahnsteiguhr stand wie festgefroren auf 8.23 Uhr. Die wenigen Fahrgäste vertraten sich die Beine zwischen Schaffnerhäuschen und Werbetafeln. Andere bibberten steif vor Kälte auf den kühlen Gitterbänken und starrten auf die blank gescheuerten Gleise vor ihnen.
    Julia saß allein auf einer Bank. Ihr Haar und ihre Kleider waren durch die herabgestürzten, brennenden Teile des Dachstuhls angesengt, ihr Gesicht durch Rauch und Ruß geschwärzt.
    Die seltsame Frau wurde von den umstehenden Fahrgästen ignoriert und gemieden. Nicht einer machte sich die Mühe, sie nach ihrem Befinden zu fragen. Bis eine Frau sich neben sie setzte und tröstend ihre Hand nahm.
    »Es wird vorbeigehen, alles geht vorbei«, sagte Galina.
    Julia blickte auf und lächelte: »Sie glauben, er lebt noch?«
    »Nein. John ist tot. Aber Bent wird weiterleben. In Ihrem Herzen. Wenn Sie ihn in Ihrer Erinnerung ganz festhalten, wird er nie sterben. Glauben Sie mir.«
    »Haben Sie ihn auch geliebt?«
    »Wie einen Bruder.«
    Entlang der Gleise zog ein kalter Wind herauf, der den ersten Schnee ankündigte.
    Der ICE fuhr von Süden kommend in den Bahnhof ein. Über die Lautsprecher kam die Ansage: »ICE Kaiser Wilhelm von München über Augsburg nach Würzburg. Planmäßige Ankunft
    8.38 Uhr, planmäßige Abfahrt 8.43 Uhr. Weiter über Fulda, Kassel, Hamburg nach Kopenhagen. Die Wagen der ersten Klasse halten in den Bereichen A bis B, die Wagen der zweiten Klasse in den Bereichen C bis E. Beachten Sie bitte, für den ICE Kaiser Wilhelm ist ein Aufschlag erforderlich.«
    Die Waggontüren öffneten sich und gaben eine Hand voll Reisender preis, die gleich darauf im Treppenabgang verschwanden. Von den wartenden Fahrgästen auf dem Bahnsteig machte keiner Anstalten, den Zug zu besteigen.
    »Was haben Sie jetzt vor?«, fragte Julia.
    »Ich weiß es nicht. Erst mal ganz weit weg und vergessen«, antwortete Galina.
    »Waren Sie schon einmal in Dänemark?«
    »Nein. Da soll es immer so kalt sein.«
    »Ja, das ist es manchmal. Aber es gibt Tage, die sind wunderschön. Und die Dünen. Mein Gott, die Dünen.

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