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Wolfsblut

Wolfsblut

Titel: Wolfsblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack London
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erretteten, die doch auch wieder nicht ganz seinesgleichen war. Wenn auch in seinem Hirn keine ganz klare Vorstellung von der Idee der Gerechtigkeit vorhanden war, so fühlte er in seiner Weise doch den Gerechtigkeitssinn der Menschen, und er lernte sie als das kennen, was sie allein waren, nämlich Gesetzgeber und Wächter des Gesetzes. Auch lernte er die Macht, womit sie das Gesetz handhabten, schätzen. Ungleich allen andern Geschöpfen, die er bisher angetroffen, bissen sie nicht, auch kratzten sie nicht. Sie unterstützten jedoch ihre lebendige Stärke durch leblose Dinge, die ihr Geheiß ausführen mußten. So sprangen Stöcke und Steine, von diesen seltsamen Wesen gelenkt, wie lebendige Dinge durch die Luft und brachten den Hunden Schmerz und Pein.
    Das war eine seiner Meinung nach ungewöhnliche und unbegreifliche Macht, die übernatürlich und darum gottähnlich war. Wolfsblut konnte seiner Natur nach nichts von Göttern wissen, höchstens kannte er Dinge, die unbegreiflich waren, aber die staunende Ehrfurcht, die er vor den Menschen empfand, glich in mancher Beziehung den Empfindungen, die der Mensch beim Anblick eines himmlischen Wesens haben würde, das von einer Bergesspitze Blitz und Donner auf die staunende Welt schleudert.
    Der letzte Hund war zurückgetrieben. Der tolle Lärm erstarb, und Wolfsblut leckte sich die Wunden und dachte über seine erste Bekanntschaft mit der Grausamkeit eines Rudels nach. Er hatte es sich nie träumen lassen, daß seine eigene Gattung aus mehr als Einauge, der Mutter und ihm selber bestehen könne. Sie hatten eine Gattung für sich gebildet, und jetzt hatte er plötzlich noch viele ähnliche Geschöpfe erblickt. Er fühlte sich unwillkürlich verletzt, daß diese Verwandten gleich beim ersten Anblick über ihn hergestürzt waren und versucht hatten, ihn zu vernichten. Auch nahm er es übel, daß die Mutter angebunden war, wenn es auch die höheren Wesen, die Menschen, getan hatten. Es schmeckte nach einer Falle, nach Knechtschaft, obwohl er von solchen Dingen noch nichts wußte. Frei umherzuschweifen, herumzulaufen oder sich hinzulegen, wo und wann er wollte, das war sein Erbteil gewesen, und das war ihm nun verwehrt. Die freie Bewegung der Mutter war durch den Stock, an den sie gebunden war, beschränkt, und so war es auch die seine, denn er bedurfte noch der mütterlichen Nähe. Diese Sache gefiel ihm nicht; es gefiel ihm auch nicht, daß, als die Menschen sich erhoben und den Marsch fortsetzten, ein winziges Menschlein den Stock in die Hand nahm und Kische als Gefangene hinter sich her führte. Wolfsblut folgte ihr, aber durch das neue Abenteuer verstört und geängstigt.
    Sie gingen das Flußtal entlang und weiter, als er sich je gewagt hatte, und kamen an die Stelle, wo das Flüßchen in den großen Mackenziefluß mündete. Hier waren Boote hoch in der Luft an Stangen befestigt und Vorrichtungen zum Trocknen der Fische aufgestellt, und hier wurde das Lager aufgeschlagen, und Wolfsblut schaute verwunderten Auges zu. Die Überlegenheit der Menschen flößte ihm von Augenblick zu Augenblick größere Ehrfurcht ein. Welche Macht übten sie nicht über die bissigen Hunde aus! Aber noch größer war seiner Meinung nach ihre Macht über die leblosen Dinge, denen sie Bewegung verliehen und mit denen sie das Aussehen der Welt veränderten.
    Dies besonders setzte ihn in Erstaunen. Hatten schon die hohen Gerüste aus Latten und Stangen seine Blicke auf sich gezogen, so war das noch nicht das Merkwürdigste, was diese Geschöpfe, die Stöcke und Steine in große Entfernungen schleuderten, machen konnten. Erst als diese Gerüste, indem sie mit Fellen und Geweben behangen wurden, sich in Zelte verwandelten, da kannte Wolfsbluts Erstaunen keine Grenzen. Vor allem machte der ungeheure Umfang der Zelte Eindruck auf ihn. Sie stiegen auf allen Seiten um ihn herum empor, wie mächtige, schnell wachsende Formen des Lebens. Sie erstreckten sich, so weit er sehen konnte, und er fürchtete sich davor. Sie sahen unheimlich auf ihn herab, und wenn der Wind sie schaukelnd hin und her bewegte, so duckte er sich und ließ sie nicht aus den Augen, immer bereit, fortzuspringen, sollten sie versuchen, sich auf ihn zu stürzen.
    Bald jedoch schwand seine Furcht vor den Zelten. Er sah, wie Hunde es oft versuchten einzudringen und mit scharfen Worten und fliegenden Steinen fortgejagt wurden. Er verließ Kisches Seite und kroch vorsichtig an die Wand des nächsten Zeltes. Die Neugier trieb ihn, der

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