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Wolfsblut

Wolfsblut

Titel: Wolfsblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack London
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sein, sondern ihn lange, und nicht nur flüchtig, zu liebkosen und zu streicheln.
    So mißtrauisch, ja feindselig er dies anfangs hingenommen hatte, so gewann er dies Streicheln nach und nach lieb. Aber eins unterließ er nicht dabei, er grollte stets vom Anfang bis zum Ende. Allein in dem Grollen war ein neuer Klang. Ein Fremder hätte den nicht gehört, für den hätte das Grollen etwas urwüchsig Wildes gehabt, etwas, das einem auf die Nerven fiel und das Blut gerinnen machte. Doch Wolfsbluts Kehle war durch die vielen grimmigen Laute rauh geworden, die er in den langen Jahren ausgestoßen hatte, seitdem er das erste ärgerliche Gerassel als junges Wölfchen in der Höhle hervorgebracht hatte, und er konnte diese Töne nicht mehr sanfter machen, um die freundlichen Regungen seiner Seele auszudrücken. Dennoch war Scotts Ohr fein genug, um den neuen Klang trotz aller Wildheit darin zu entdecken, einen Klang, der etwas vom kosenden Lallen eines Kindes hatte und den sonst niemand vernehmen konnte.
    Wie die Tage vergingen, entwickelte sich die Neigung bei Wolfsblut immer schneller zur Liebe. Er fühlte sie, ohne daß er wußte, was Liebe sei. Sie offenbarte sich ihm als eine Leere in seinem Innern, eine hungrige, schmerzliche Sehnsucht, die nach Befriedigung rang. Er empfand Pein und Unruhe in der Abwesenheit des neuen Herrn, und nur seine lebendige Gegenwart konnte ihn befriedigen. Dann ging diese Liebe oft in wilde Freude über, die sein ganzes Wesen durchzitterte. Aber fern von dem Herrn kehrte die peinvolle Unruhe wieder, die Leere war wieder da, sie gähnte ihn an, und die verlangende Sehnsucht verfolgte ihn unaufhörlich.
    Wolfsblut war jetzt auf dem Wege, sein eigentliches Wesen zu finden. Trotz seiner vorgerückten Jahre, trotz der Starrheit der Form, in die er gegossen war, dehnte sich seine Natur immer mehr aus. Es war in ihm ein Wachsen, ein Entfalten ungeahnter Empfindungen, ungewohnter Triebe. Die Richtschnur seines Betragens veränderte sich. Früher hatte er seine Bequemlichkeit geliebt und jedes Unbehagen vermieden. Jetzt wurde das anders. Das neue Gefühl, das ihn beseelte, trieb ihn oft, um des Herrn willen Unbehagen und Unbequemlichkeit aufzusuchen. Statt am frühen Morgen, wie er es sonst zu tun pflegte, auf Raub herumzulaufen oder im warmen Winkel zu liegen, pflegte er nun auf den kalten Treppenstufen auf das Erscheinen des Herrn zu warten, und nachts verließ er bei der Heimkehr des Herrn den geschützten Platz, den er sich im Schnee gegraben hatte, um nur eine freundliche Berührung seiner Hand, ein Wort zum Gruß zu empfangen. Selbst sein Futter konnte er stehenlassen, um einen Gang mit dem Herrn nach der Stadt zu machen oder eine Liebkosung von ihm zu erhalten. Ja, Liebe hatte die Stelle der Neigung eingenommen, aber sie war auch das Senkblei gewesen, das die Tiefen seines Wesens berührt hatte, wohin die Neigung nie gedrungen war, und aus diesen Tiefen war Neues emporgestiegen, nämlich Gegenliebe. Was ihm gegeben wurde, das gab er auch reichlich wieder. Dies war für Wolfsblut wirklich ein Gott, liebevoll, warm und strahlend, und im Lichte seiner Liebe entfaltete sich Wolfsbluts Wesen wie die Blume im Strahl der Sonne.
    Aber seine Liebe war nicht aufdringlich. Er war zu alt, zu fest geformt, um für dies Gefühl eine ganz neue Ausdrucksweise zu finden. Seine lange Vereinsamung hatte ihn zurückhaltend, selbstgenügsam und scheu gemacht. Nie im Leben hatte er gebellt, also lernte er es auch jetzt nicht, den Herrn zum Willkommen mit Gebell zu begrüßen. Aber er war auch nie im Wege, nie im Ausdruck seiner Liebe überschwenglich und töricht. Er rannte dem Herrn nie entgegen, sondern wartete in der Entfernung, aber er war stets da und wartete immer. Seine Liebe war eine Art Verehrung, stumm und lautlos. Nur durch den stetigen Blick des Auges, womit er jeder Bewegung des Herrn folgte, drückte er diese aus, und blickte der Gebieter ihn dann und wann an oder sprach zu ihm, dann zeigte er eine Art linkischer Verlegenheit, als ob er mit sich kämpfte, seine Liebe zu äußern, aber unfähig wäre, es zu tun.
    Allmählich lernte er es, sich dem neuen Leben in mehr als einer Weise anzupassen. Es wurde ihm beigebracht, daß er die Hunde des Herrn zufriedenlassen müßte; doch machte er seine Herrschernatur dadurch geltend, daß er die Anerkennung seiner Überlegenheit von ihnen erzwang. Als dies geschehen war, hatten sie wenig mehr von ihm zu fürchten. Sie gingen ihm aus dem Wege, wenn er unter ihnen

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