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Wolfsblut

Wolfsblut

Titel: Wolfsblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack London
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Schritt mit unendlicher Vorsicht näherte er sich der Hand. Zuletzt mußte er sich dazu entschließen, das Fleisch zu nehmen, aber er ließ den Mann nicht aus den Augen und streckte den Kopf mit zurückgelegten Ohren und gesträubtem Nackenhaar vor, während ein leises Grollen als Warnung aus seiner Kehle emporstieg. Er verzehrte das Fleisch, ein Stück nach dem andern, ohne daß eine Züchtigung kam. Dann leckte er sich das Maul und wartete, während Scott mit ihm redete. Die Stimme war gütig, es lag etwas darin, wovon Wolfsblut noch keine Erfahrung gehabt hatte, und sie erweckte in ihm Empfindungen, die er noch nicht gekannt hatte. Es überkam ihn eine seltsame Zufriedenheit, es war, als ob ein Mangel in seinem Innern befriedigt, eine Leere in ihm ausgefüllt würde. Dann wurde jedoch die Stimme des Instinkts in ihm laut und erinnerte ihn an frühere Erfahrungen. Die Menschen waren so klug! Sie erreichten auf so überraschende Weise ihren Zweck!
    Aha! Da war es, was er gefürchtet hatte! Da streckte sich die Hand, die so listig Schmerzen austeilen konnte, aus und senkte sich auf seinen Kopf herab. Dabei redete aber der Mann immer noch weiter, und die Stimme klang sanft und vertrauenerweckend. Gefühle widerstreitender Art bemächtigten sich Wolfsbluts; einerseits beruhigte die Stimme trotz der drohend erhobenen Hand, andrerseits flößte die Hand Mißtrauen ein, trotz der sanften Stimme. So furchtbar war der Streit der in ihm tobenden Empfindungen, die um die Oberherrschaft rangen, daß ihm zumute war, als müßte er in Stücke gehen. Am Ende wählte er den Mittelweg; er knurrte, er sträubte das Haar, er legte die Ohren zurück, aber er biß nicht und sprang auch nicht fort. Die Hand kam immer näher, jetzt berührte sie die Spitzen der zu Berge stehenden Haare. Er duckte sich, aber die Hand folgte ihm und preßte sich dicht an ihn. Die Berührung war ihm eine Qual, denn sie tat seinem Instinkt Gewalt an. Nicht an einem Tage konnte er all das Böse vergessen, das Menschenhände ihm angetan hatten. Aber es war der Wille dieses neuen Herrn, und er zwang sich zur Unterwerfung. Dann erhob sich die Hand und senkte sich wieder und klopfte ihn liebkosend. Dies dauerte eine Weile, aber jedesmal, wenn sie sich emporhob, richtete sich das Haar darunter empor, und wenn sie sich herabsenkte, legten sich die Ohren zurück und stieg ein Grollen röchelnd aus der Kehle herauf. Dies Grollen war eine Warnung. Es kündigte an, daß jeder ihm zugefügte Schmerz heimgezahlt werden würde, denn nie konnte man wissen, wann die Absichten eines Menschen sich enthüllten. Die sanfte, Vertrauen erweckende Stimme konnte plötzlich in ein Wutgebrüll ausbrechen, die weiche, liebkosende Hand sich in den Griff eines Schraubstockes verwandeln und ihn hilflos der Züchtigung preisgeben!
    Aber Scott sprach freundlich weiter, und die Hand hob und senkte sich immer wieder und klopfte ihn liebkosend. Wolfsbluts Empfindungen waren zwiespältiger Natur, denn seinem Instinkt war es unbehaglich, daß er liebkost wurde, da es seine persönliche Freiheit beschränkte, andrerseits war die Liebkosung angenehm, ja, als das Klopfen sich langsam in ein Krauen der Ohren verwandelte, war es ein wirkliches, körperliches Vergnügen. Dennoch blieb er auf der Hut, indem er eine ungeahnte Bosheit fürchtete, und litt und freute sich abwechselnd, je nachdem das eine oder das andere Gefühl die Oberhand gewann. »Na, da soll doch gleich das Donnerwetter dreinschlagen!«
    Also sprach Matt, der mit aufgekrempelten Ärmeln, eine Schüssel mit Aufwaschwasser in der Hand, aus dem Blockhaus kam und bei dem Anblick des Wolfsblut streichelnden Weedon Scott das Ausgießen des schmutzigen Wassers vergaß. Bei dem Ton der Stimme sprang Wolfsblut zurück und knurrte den Mann grimmig an.
    »Wenn Sie’s nicht übelnehmen, daß ich meine Meinung so frei heraussage, Herr Scott, so erlaube ich mir zu behaupten, daß Sie ein verdammt närrischer Kauz sind.«
    Weedon Scott lächelte überlegen, stand auf und trat dicht an Wolfsblut heran. Er sprach sanft zu ihm, aber nicht sehr lange, und legte dann langsam die Hand auf Wolfsbluts Kopf, indem er ihn wieder streichelnd liebkoste. Wolfsblut ließ es geschehen, heftete die Augen jedoch mißtrauisch nicht auf den ihn tätschelnden Mann, sondern auf den andern, der noch in der Tür des Blockhauses stand.
    »Sie mögen wohl Ihre Sache bei den Goldgruben von Grund auf verstehen«, ließ sich der Hundetreiber weiter vernehmen, »aber Ihren

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