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Wolfsblut

Wolfsblut

Titel: Wolfsblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack London
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Sporn, der sie zur Rache antrieb. Gegen ihre Herren, die Wolfsblut duldeten, durfte sie sich nicht widersetzen, aber das hinderte sie nicht daran, ihm das Leben sauer zu machen. Es bestand zwischen ihr und ihm eine vielhundertjährige Fehde, und sie wenigstens wollte dafür sorgen, daß er dessen eingedenk bliebe. Also trumpfte sie auf ihr Geschlecht, um ihn zu quälen und zu verfolgen. Sein Instinkt erlaubte ihm nicht, sie anzurühren, und doch konnte er ihre beharrliche Verfolgung nicht übersehen. Wenn sie auf ihn losstürzte, so kehrte er ihren scharfen Zähnen die dick bepelzte Schulter hin und schritt steifbeinig und würdevoll davon. Setzte sie ihm zu sehr zu, so ging er im Kreise um sie herum, Gesicht und Schulter immer ihr zugewendet, wobei ein geduldiger, fast gelangweilter Ausdruck in seine Augen kam. Manchmal auch beschleunigte ein Biß von ihr in eines seiner Hinterbeine seinen Rückzug, der dann durchaus nicht würdevoll aussah, in der Regel aber bewahrte er seine fast feierliche Würde. Am liebsten nahm er keine Notiz von ihr und ging ihr aus dem Wege. Hörte oder sah er sie kommen, so stand er auf und ging fort.
    Allein es gab noch soviel anderes für Wolfsblut zu lernen. Das Leben im Nordland war einfach zu nennen gewesen, mit den verwickelten Regeln und Gesetzen in Sierra Vista verglichen. Zuerst hatte er die Familie des Herrn kennenzulernen. Allerdings hatte er schon Ähnliches gekannt, und wie Mitsah und Klukutsch zum Grauen Biber gehört, seine Mahlzeiten, sein Feuer und sein Bett geteilt hatten, ebenso gehörten jetzt die Bewohner von Sierra Vista zu dem Herrn. Aber hier gab es doch Unterschiede. Sierra Vista war weit größer als das Zelt des Grauen Biber. Viele Personen gab es zu berücksichtigen. Zuerst Richter Scott und seine Frau, dann Betty und Mary, die beiden Schwestern des Herrn, dann Alice, seine Frau, und Weedon und Maud, seine Kinder, kleine Dinger von vier und sechs Jahren. Niemand konnte ihm erklären, in welchem Verwandtschaftsgrad sie zu dem Herrn ständen; außerdem, was wußte er von Bluts- oder anderer Verwandtschaft? Doch begriff er bald, daß sie zu ihm gehörten. Auch lernte er nach und nach, wenn die Gelegenheit sich darbot, durch Beobachtung aus Gebärden, Reden und dem Ton der Stimme, in welch verschiedenem Grade die Personen dem Herrn wert und teuer wären, und behandelte sie danach. Was dem Herrn lieb, war es auch ihm, und er wachte darüber sorgsam.
    So war es mit den beiden Kindern. Sein Lebtag hatte er Kinder nicht gemocht. Er haßte und fürchtete ihre kleinen Hände. Es waren nicht zarte Lektionen gewesen, die er von ihrer Tyrannei und Grausamkeit in den Tagen erhalten hatte, als er in den Indianerdörfern gelebt hatte. Als der kleine Weedon und die kleine Maud sich ihm zuerst näherten, hatte er warnend gegrollt und sie böse angesehen. Doch ein Knuff des Herrn und ein scharfes Wort hatten ihn bewogen, ihre Liebkosungen zu gestatten, aber er grollte unter den winzigen Händchen immer weiter, und es war kein kosender Ton in dem Grollen. Später bemerkte er, daß die Kinder dem Herrn sehr teuer waren, und dann war kein Knuff und kein scharfes Wort mehr nötig, damit sie ihn streicheln durften. Allerdings zeigte sich Wolfsblut nie überschwenglich liebevoll. Er begrüßte die Kinder des Herrn nicht gerade freundlich, aber er war auch nicht tückisch und nahm ihre Neckereien hin, wie man eine schmerzhafte Operation über sich ergehen läßt. Konnte er es nicht länger ertragen, so pflegte er aufzustehen und festen Schrittes wegzugehen. Aber nach einiger Zeit fing er an, die Kinder gern zu haben, allerdings nicht in auffälliger Weise. Er ging ihnen nicht entgegen, aber er ging auch nicht fort, wenn er sie kommen sah, sondern wartete auf sie. Noch später bemerkte man, daß ein freundlicher Glanz in seine Augen kam, wenn er sie erblickte, und daß er ihnen mit einer Art sonderbarem Bedauern nachschaute, wenn sie ihn um eines andern Zeitvertreibs willen verließen.
    Dies alles kam jedoch erst ganz allmählich. Nächst den Kindern stand Richter Scott am höchsten in seiner Gunst. Möglicherweise gab es dafür zwei Gründe: erstens, weil der Herr ihn augenscheinlich sehr hoch schätzte, und zweitens, weil er sich ihm nicht aufdrängte. Auf der breiten Veranda lag Wolfsblut ihm gern zu Füßen, wenn jener die Zeitung las und ihn von Zeit zu Zeit mit einem Wort oder Blick bedachte, zum Zeichen, daß er sich seiner Gegenwart erinnerte. Aber dies geschah nur, wenn der Herr

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