Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wolfsdunkel -7-

Wolfsdunkel -7-

Titel: Wolfsdunkel -7- Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
Vom Netzwerk:
dass man mit Honig mehr Fliegen fängt als mit Essig, und ich hatte die Erfahrung gemacht, dass das stimmte. Natürlich hatte Grace’ Vater die Meinung vertreten, dass Macht ausnahmslos vor Recht geht, und sichergestellt, dass das auch zutraf. Grace kam mehr nach ihrem Vater als ich nach meinem.
    Sie ignorierte meine Worte, drängte sich an mir vorbei und stellte sich, ihre Hand weiterhin auf der Waffe verharrend, vor mich. „Sie können hier nicht einfach kampieren. Wir veranstalten in wenigen Tagen ein Festival.“
    „Und genau aus diesem Grund sind wir hier, Süße.“
    Cartwright streckte den Arm aus, und in seiner Handfläche wurde ein Packen Papier sichtbar. Ich wusste, dass das Bündel nicht einfach so dort aufgetaucht war, aber wer auch immer ihm die Dinge anreichte, tat das verdammt schnell.
    Mit einer schwungvollen Geste präsentierte er uns die Dokumente. „Wir wurden engagiert, um Ihnen Vergnügen zu bereiten.“
    DieArt,wieer„Vergnügen“sagte,ließbrennendeHitzeinmeinem Bauch aufsteigen. Ich hatte keinen Zweifel, dass seine Vorstellung von Vergnügen und meine weit auseinanderklafften – andererseits konnten sie sich, wenn man die Richtung bedachte, die meine Gedanken einschlugen, auch vollständig decken.
    Grace warf mir einen missmutigen Blick zu.
    „Das war ich nicht.“ Ich hob abwehrend die Hände.
    Sie riss Cartwright die Papiere aus der Hand, überflog die erste Seite und schaute wieder zu mir.
    „Joyce“, sagten wir wie aus einem Mund. Grace reichte mir den Vertrag.
    Tatsächlich hatte meine Assistentin die Karawane angeheuert, damit sie während der Woche des Vollmondfestivals für Unterhaltung sorgte.
    Die Planung hatte lange vor meiner Rückkehr begonnen, und da diejenigen, die dafür zuständig waren, das schon seit Jahren machten, hatte ich sie gewähren lassen. Wahrscheinlich hätte ich ihnen mehr auf die Finger gucken sollen.
    Ich konnte mir nicht vorstellen, dass die Bewohner von Lake Bluff sonderlich erfreut reagieren würden, wenn sie feststellten, dass Wanderzigeuner am See kampierten. Dem Blick nach zu urteilen, mit dem Grace die Leute fixierte, fand auch sie die Idee nicht gerade knuffig.
    Leider hatten sie schon einen erheblichen Betrag aus unserer Geldschatulle kassiert, und selbst wenn wir die finanziellen Möglichkeiten gehabt hätten, wäre es jetzt zu spät gewesen, noch jemand anders zu engagieren. Das Festival war unser Goldesel. Ohne ihn würde Lake Bluff nicht überleben.
    „Ist alles in Ordnung?“, erkundigte sich Cartwright.
    Ich schaute auf und verlor mich wieder in seinen tiefdunklen Augen. Nicht nur ihre seltsame Farbe irritierte mich, sondern auch ihr intensiver Blick. Was war an mir, das ihn so sehr faszinierte?
    Vielleicht lag es daran, dass ich ein ungewohnter Anblick war. Zwar war ich nicht die einzige blauäugige Rothaarige in Lake Bluff, aber ich war die einzige hier , und niemand in der näheren Umgebung trug wie ich ein Kostüm und hochhackige Schuhe. Clever von ihnen. Ich schwitzte mich in meiner Dior-Jacke zu Tode, meine Kenneth-Cole-Pumps waren staubbedeckt und die Absätze gruben sich mit jedem Schritt in den Kies, sodass das Leder hinterher bestimmt unrettbar zerschrammt sein würde.
    „Es scheint alles seine Richtigkeit zu haben“, stellte ich fest und gab ihm den Vertrag zurück.
    Seine Finger strichen über meine, als er ihn entgegennahm. Ich zuckte zurück und hätte die Papiere durch meinen hastigen Rückzug fast entzweigerissen.
    Die Zigeuner murmelten etwas. Cartwrights Lächeln erstarb. Grace warf mir einen gereizten Blick zu.
    Meine Reaktion war rüde gewesen, so als wollte ich nicht, dass er mich berührte. Was der Wahrheit entsprach. Nicht wegen dem, wer er war, sondern wegen dem, was er war.
    Ein Mann. Und die machten mir Angst.
    „Ich schätze, Sie können bleiben“, kapitulierte Grace. „Aber Sie müssen Ihre Leute unter Kontrolle halten.“
    Cartwrights Augen wurden schmal. „Was wollen Sie damit andeuten, Sheriff?“
    „Ich will damit Folgendes andeuten: Jeder hier in Lake Bluff besitzt eine Schusswaffe, und niemand scheut sich, sie auch zu benutzen. Im Dunkeln herumzuschleichen, wo man nichts zu suchen hat, kommt einer Einladung, erschossen zu werden, gleich.“
    „Dann verdächtigen Sie uns also, dass wir stehlen, vielleicht sogar ein paar von euren Sprösslingen kidnappen könnten?“
    Cartwright musterte Grace von Kopf bis Fuß. Sein Urteil fiel nicht schmeichelhaft aus – was Grace vermutlich zum ersten Mal in

Weitere Kostenlose Bücher